
Die Schlagzeile wirkt wie ein Paukenschlag: Die Jungen wollen die Bombe. So titelt die ZEIT in ihrer aktuellen Ausgabe. Der Leser reibt sich die Augen. Hat die Generation Z wirklich Lust auf den atomaren Ernstfall? Gastbeitrag von Meinrad Müller.
Doch wer genauer hinsieht, erkennt schnell: Hier wird nicht informiert, sondern Meinung geformt. Eine Umfrage mit gerade einmal 1.015 Teilnehmern soll nun als Stimmungsbild einer ganzen Generation herhalten. Und weil es dramaturgisch besser passt, wird die einzige Altersgruppe mit knapper Mehrheit für Atomwaffen – 54 Prozent der 18- bis 24-Jährigen – gleich zum Leitsatz der gesamten Veröffentlichung erhoben.
Eine Einordnung, warum diese jungen Menschen so antworteten, bleibt aus. Kein Wort zu Alternativen. Kein Blick auf Friedenspolitik. Stattdessen das Bild einer angeblich atomwilligen Jugend. Die Botschaft ist klar: Auch Deutschland soll nun bereit sein – für mehr als Worte.
DIE ZEIT stürmt schon mal mit militärischem Akzent
Was hier passiert, ist Framing in Reinform. Und es ist gefährlich. Denn nur wenige Wochen zuvor veröffentlichte der Tagesspiegel die Ergebnisse der deutlich breiter angelegten Jugendtrendstudie 2025 des Instituts für Generationenforschung.
Tagesspiegel vom 29. April 2025: „70 Prozent gegen Verteidigung mit Waffe: Junge Menschen haben laut Studie keine Lust auf Wehrdienst oder Pflichtjahr“
Dort wurden über 5.000 junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren befragt – mit eindeutigem Resultat. 69 Prozent lehnen es ab, ihr Land mit einer Waffe zu verteidigen. 81 Prozent sind nicht bereit, für Deutschland zu sterben.
Die ZEIT setzt auf eine einzelne Zahl, stellt sie in den Vordergrund und macht daraus eine These über eine angeblich kriegsbereite Jugend. Doch der breite Konsens junger Menschen spricht eine andere Sprache: Selbstbestimmung, Friedenswille, Ablehnung von Zwangsdiensten. Diese Haltung wird verschwiegen. Die publizistische Aufmerksamkeit gilt allein jenen, die bereit sein sollen, den nuklearen Gedanken zu tragen.
Wer Frieden will, braucht keine Denklenkung
Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier Meinungslenkung betrieben wird. Die ZEIT, einst das liberale Flaggschiff des westdeutschen Bildungsbürgertums, setzt neuerdings auffallend militärische Akzente. Wer sich an frühere Beiträge erinnert, kennt das Muster: Waffenlieferungen werden befürwortet, NATO-Positionen gestärkt, pazifistische Stimmen als naiv abgetan.
Nun also der nächste Schritt – die Einhegung der Skepsis durch vermeintlich jugendliche Entschlossenheit. Diese Logik ist bequem für politische Strategen. Doch sie ist gefährlich für eine Öffentlichkeit, die gerade in Zeiten zunehmender geopolitischer Unsicherheit eine nüchterne, friedensorientierte Stimme dringend nötig hätte.
Konservativer Kompass statt Kampfrhetorik
Der deutsche Konservatismus, wenn er sich seiner geistigen Wurzeln erinnert, weiß: Wahre Stärke liegt nicht im Kriegsruf, sondern in der Wehrhaftigkeit des Geistes. Atomwaffen schaffen keine Sicherheit, sie beenden sie. Und eine Gesellschaft, die glaubt, ihre Jugend für militärische Abschreckung instrumentalisieren zu müssen, hat ihre politische Vernunft bereits in die Rüstungskammer gestellt.
Addendum (DB): Konservatismus und Kriegstreiberei
„Der deutsche Konservatismus, wenn er sich seiner geistigen Wurzeln erinnert …“ schreibt Müller zutreffend. Damit ist auch eine indirekte Kritik an einigen sich als konservativ verstehenden Publikationen ausgesprochen, die sich gerade im Ukraine-Konflikt als üble, weitgehend gleichgeschaltete Kriegstreiber entpuppt haben.
Wieso meldet sich ein 22jähriger AfD-Kommunalpolitiker freiwillig zum Kampf in der Ukraine? Tim Schramm berichtet im JF-Interview von Drohnenkrieg, Mörsergranaten und Todesangst – und welche Zukunft er sich für die Partei wünscht. https://t.co/JIsqIiS4RX
— JUNGE FREIHEIT (@Junge_Freiheit) June 24, 2025