Donnerstag, 27. Februar 2025

Frommer Selbstbetrug: Das heillose Elend der CDU-Wähler

Der Christdemokrat, ein lebendes Paradoxon. Ein Gastbeitrag von Frank Steinkron.

Es gibt viele rechtskonservative, patriotische und traditionalistische Menschen, welche die innere Sicherheit und die abendländische Kultur durch die Masseneinwanderung bedroht sehen; welche die grenzenlose Abreibung für ein Verbrechen halten, den Sozialismus verabscheuen und in Ökowahn und woker Ideologie Spielarten des Totalitarismus erkennen.

Und doch wählt eine Mehrheit dieser Menschen seit vielen Jahren CDU: eine Partei, die all das praktiziert oder zumindest duldet, was ihnen zuwider ist – und dies, obwohl es seit zwölf Jahren eine demokratische Alternative gibt. Doch warum tun sie das? Es gibt nur eine Antwort. Christdemokraten sind keine klugen Demokraten, aber umso bessere Christen. Unverdrossen halten sie sich an die drei theologischen Haupttugenden Glaube, Liebe, Hoffnung.

Blinde Liebe. Die Liebe zeigt sich besonders bei der Generation 60 plus. Die Westdeutschen, die noch in der alten Bundesrepublik sozialisiert worden sind, können sich von ihren liebgewordenen Denkgewohnheiten und Weltbildern nicht trennen. Die Ostdeutschen wiederum wollen nicht wahrhaben, dass ihre alte Heilsbringerin, die Partei Helmut Kohls, sich bis zur Unkenntlichkeit entstellt hat, gleich einer Geliebten, die seit 20 Jahren fremdgeht. Alte Liebe rostet nicht. Aber leider macht sie auch blind.

Unerfüllbare Hoffnung. Was die Hoffnung angeht, so geben viele Christdemokraten zu, ihre Partei seit vielen Jahren „mit der Faust in der Tasche“ zu wählen. Ihre Taschen sind mittlerweile ziemlich ausgebeult. Doch sind ausgebeulte Taschen auch bequem, die Hand fühlt sich in ihnen wohl und geborgen. Und so bleibt sie in der Tasche – trotz aller Not.

Not macht sogar erfinderisch. Und so (er-)finden die Hoffenden stets neue Kunstgriffe, sich die Realität schönzureden. Vor der Wahl glaubten sie, Merz habe einen unumkehrbaren Anfang gemacht, er müsse sich jetzt nur noch gegen die Merkelanhänger durchsetzen. Nach der Wahl, Merz hat bereits alle Versprechen gebrochen, setzen sie auf Söder als künftigen Hoffnungsträger. Ihr Schutzheiliger ist Sankt Nimmerlein. Sein Tag, daran halten sie fest, wird kommen. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Realitätsverweigernder Glaube: Und schließlich gibt es die Gläubigen, oder besser: die Gutgläubigen. Morgens lesen sie die FAZ oder die Welt, als wäre es das Evangelium. Abends, wenn die Tagesschau und das Heute-Journal über die Bildschirme flimmern, stellen sie Kniebank und Betschemel auf, um andächtig den politischen Katechesen von Georg Restle und Anja Reschke zu lauschen.

Und wie alle guten Gläubigen sehen sie sich in einem steten Kampf gegen das Böse. Ganz gleich, wie schlecht ihre Partei ist, sie zu wählen ist immer noch besser, als der bösen Alternative die Stimme zu geben und damit die Tore der Hölle zu öffnen.

Des Glaubens liebstes Kind, resümierte Goethe, ist das Wunder. Die CDU-Wähler glauben an Wunder. Und vermutlich liegen sie nicht falsch. Irgendwann werden sie ihr blaues Wunder erleben.

Traurige Bilanz

Fast möchte man den tapferen CDU-Wählern noch eine vierte christliche Tugend bescheinigen: die Selbstverleugnung. Zutreffender wäre jedoch die Realitätsverleugnung, was zu einer bitteren Erkenntnis führt: Das Problem sind nicht die Politiker, die uns betrügen, sondern die Menschen, die sich selbst betrügen. Dank ihnen werden politische Gurus, Gaukler und Scharlatane einstweilen eine gute Zukunft haben – unser Land hingegen nicht.

PP-Redaktion
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Eigentlich ist PP nach wie vor ein Blog. Dennoch hat sich aufgrund der Größe des Blogs inzwischen eine Gruppe an Mitarbeitern rund um den Blogmacher Dr. David Berger gebildet, die man als eine Art Redaktion von PP bezeichnen kann.

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