„Die Aussage des Papstes wirkt wie eine Art Kontrastmittel. Eingespritzt in die öffentlichen Kommunikationskanäle macht sie die Kriegstreiberei so richtig sichtbar. Die Kriegstreiber können sich nicht zurückhalten, werden für jeden sichtbar. Das Wort „Frieden“ ist mächtig.“ (Marcus Klöckner)
(David Berger) Papst Franziskus hat die Ukraine in einem Interview mit dem Schweizer Rundfunk mehr oder weniger direkt dazu aufgerufen, endlich zu kapitulieren, um so das sinnlose Schlachten zu beenden und dem Frieden eine Chance zu geben.
Es kommt nicht sehr häufig vor, dass man bei Papst Franziskus den Eindruck hat, dass er der christlichen Botschaft wegen den Mut zeigt, sich denen entgegenzusetzen, die seine Karriere in der katholischen Kirche mit ermöglicht haben. Umso erfreulicher, dass er es nun gewagt hat, die Kriegstreiber mit der christ-katholischen Botschaft zu konfrontieren. Und sich (und die biblische Botschaft) in einer überlebenswichtigen Frage nicht von den „westlichen“, machtpolitischen Interessen instrumentalisieren lässt.
Das Wohl des Volkes zuerst sehen
In einem Interview mit dem italienischsprachigen Schweizer Rundfunks RSI, ruft der Papst alle dazu nun endlich ehrlich und entschlossen auf, im Ukrainekonflikt zu Friedensverhandlungen überzugehen. Besonders die Ukraine und ihre Verbündeten sollten nun Einsicht zeigen: „Wenn du deine Niederlage siehst, wenn du siehst, dass es nicht weitergeht, muss man den Mut haben, zu verhandeln.“
Derjenige sei moralisch stärker, „der die Lage erkennt, der ans Volk denkt und den Mut zur weißen Flagge hat, zum Verhandeln“ so Franziskus unmissverständlich. Die Ukraine könne sich dabei nicht auf ihre Opferrolle herausreden: „Zum Krieg gehören immer zwei“, sagte er.
Gefahr, die Ukraine endgültig in den Selbstmord zu treiben
Hier auf einen Sieg zu spekulieren sei gegen alle Erfahrungen der Geschichte: „Alle Kriege, die wir erlebt haben, enden mit einer Übereinkunft.“ Als Alternative zu raschen Friedensverhandlungen gebe es nur die schlimme Vorstellung, das „Land in den Selbstmord zu führen“.
Die Zitate stammen aus Vorveröffentlichungen des Interviews, das am 20. März ausgestrahlt werden soll. Erwartungsgemäß haben diese klaren Worte des Papstes zu großer Aufregung bei jenen geführt, die bislang seine Zurückhaltung bei der Kritik an antichristlichen und menschenverachtenden Systemen und Institutionen gewürdigt haben.
Ist der Papst ein Kreml-Stricher?
Selbst als „Putin-Versteher“ und „Kreml-Stricher“ muss sich das Oberhaupt der Katholiken nun in den sozialen Netzwerken vor allem von jenen beschimpfen lassen, die ihm für seine Anpassung an den mächtigen Zeitgeist sonst feiern. Ganz in diesem Stil äußert sich auch Wüderich Kiesewetter: „Unglaublich, das Oberhaupt der katholischen Kirche stellt sich auf die Seite des Agressors. Wie traurig! Papst fordert von UKR „weiße Fahne zu hissen + ein Ende des russ. Angriffskrieges auszuhandeln“. Er liefert Putin Blaupause für weiteres Vorgehen.“
Etwas vornehmer ärgert sich der Journalist Robin Alexander: „Auch ich bin bestürzt, was dieser so unglücklich kommunizierende Papst wieder gesagt hat. Aber auf Twitter mitzuverfolgen, wie manche Grüne nach Adenauer und Reagan nun Johannes Paul II für sich entdecken, das hat schon was …“ Solche Aussagen zeigen weder Gespür für die christliche Botschaft noch irgendeine ansatzweise Kenntnis der Persönlichkeit des großen Johannes Paul II. Dieser hätte – ähnlich wie Trump – längst sowohl im Hintergrund als auch mit symbolträchtigen Gesten dafür gesorgt, dass die sinnlose Schlachten in der Ukraine rasch zuende gegangen wäre.
Jeder, der ein wenig in der neueren Kirchengeschichte bewandert ist, muss zugeben: Mit diesen klaren Worten führt Franziskus die große Tradition der Friedenspäpste des 20. Jahrhunderts fort, von Benedikt XV. über den großen Papst Pius XII. und Johannes XXIII. bis hin zu Johannes Paul II.
Ist ein Papst, der den Frieden predigt statt Waffen zu segnen in unserer Zeit wirklich zu einem Skandal geworden?
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