(David Berger) Der Begriff Fegefeuer ist nach wie vor in unserer Sprache und auch der Gegenwartskultur präsent, allerdings belastet durch zahlreiche Missverständnisse. Was meint die katholische Kirche wirklich, wenn sie vom „Fegefeuer“ spricht.
Das PP-Foto der Woche kommt diesmal aus der Kirche des kanarischen Bergdorfes Tejeda. Innerhalb einer wunderschönen, fast traumhaften Landschaft liegt dort die Kirche De Ntra Sra Del Socorro.
Königin der Engel
Neben dem Haupteingang im Westen hängt ein großes reliefartiges Gemälde, das im strengen Sinne kunsthistorisch keinen größeren Wert besitzt, aber doch eine Spezialität aufweist: Es zeigt die Rettung der Seelen aus dem Fegefeuer durch Engel auf die Fürsprache der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria, der Königin der Engel.
Interessant ist dabei die Darstellung des Fegefeuers. In vielen Darstellungen, besonders aus dem Spätmittelalter und der frühen Neuzeit wird dieser Ort bildlich als „eine von Feuer und Glut erfüllte Höhle dargestellt, darin der Hölle ähnlich“ (Wikipedia).
Tiefes Wissen über die Natur des Menschen
Hier aber spiegelt sich – besonders in der Darstellung des jungen Mannes in den Flammen auf dem ausgesuchten Detail eine Atmosphäre, in der sich höchste Qual und fast ekstatische Lust zugleich spiegeln.
Für die Psychologie wäre das ein weites Gebiet, das sie letztlich wieder darauf hinweisen würde, dass der klassische Katholizismus über Jahrtausende ein Wissen von der Natur des Menschen (weiter)entwickelt hat, das noch viel tiefer und umfassender ist als das Wissen der modernen Psychoanalyse (und erst recht das der im Vergleich dazu erst wenige Jahrzehnte alten Soziologie).
Lust und Qual sind in der Vorstellung vom Fegefeuer bzw. Purgatorium eben keine Gegensätze, sondern kommen in eins zusammen. Das Fegefeuer oder besser der mit dem lateinischen Begriff „Purgatorium benannte“ Zustand ist von der Hölle weit entfernt, aber dem Himmel nahe: „Das Purgatorium ist der Zustand jener, die in der Freundschaft Gottes sterben, ihres ewigen Heils sicher sind, aber noch der Läuterung bedürfen, um in die himmlische Seligkeit eintreten zu können.“
Ein unausdenkbarer Schmerz, aus dem alles neu entsteht
Romano Guardini hat sehr schön den doppelten Zustand, in den der Mensch dann gerät, beschrieben: „Wie ist es aber mit dem Menschen, der zwar guten Willens war, dessen Wille aber nicht − oder noch nicht genug − das Sein ergriffen hat? Dessen gute Gesinnung nur um einiges unter die Oberfläche hinabgedrungen ist, während darunter die Auflehnung saß, und die Tiefen von Bösem und Unreinem voll waren? Dessen Leben überall die Lücken des Unvollbrachten um die Zerstörung des falsch Getanen in sich trug? […] Wenn ein solcher Mensch ins Licht Gottes tritt, sieht er sich mit dessen Augen. Er liebt Gottes Heiligkeit und haßt sich selbst, weil er ihr widerspricht. […] Er durchlebt sich als den, der er vor Gott ist, und das muß ein unausdenkbarer Schmerz sein. […] Er steht auf Seiten der Wahrheit gegen sich selber. Er ist bereit, seinem eigenen Leben, all dem Versäumten, Halben, Wirren darin standzuhalten. In einem geheimnisvollen Leiden stellt das Herz sich der Reue zur Verfügung und überliefert sich so der heiligen Macht des Schöpfergeistes. Daraus wird das Versäumte neu geschenkt. Das Falsche wird in Ordnung gerückt. Das Böse umgelebt und ins Gute herübergebracht. Nicht äußerlich verbessernd, sondern so, daß alles durch das in der Reue wirkende Geheimnis der umschaffenden Gnade hindurchgeht und neu ersteht.“
Diese unendliche Liebe zu dem vollkommenen Sein, gepaart mit dem Wissen um die eigene Unvollkommenheit, das unendlichen Leiden daran, noch nicht Gott von Angesicht zu Angesicht schauen und damit das vollkommene Glück erleben zu dürfen – verbunden mit dem Wissen darum, dass einem dieses Glück garantiert ist: das ganz eigene Zusammenfallen all dieser Dinge ist mir sehr deutlich bei der Betrachtung dieses Bildes aufgegangen.
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