Russland soll laut BBC-Bericht im russischen Gaskraftwerk, der Flüssiggas- und Kompressorstation Portowaja nordwestlich von Sankt Petersburg, direkt an der Grenze zu Finnland, täglich 4,34 Millionen Kubikmeter Gas verbrennen, was in etwa 10 Millionen Dollar entspricht. Der Vorgang selbst ist seit etwa Juni im Gange. Die Flammen sollen sogar von Weltraumsatelliten aus zu sehen sein.
Und dies alles zu einem Zeitpunkt, wo die Gas-Marktpreise, am Freitag an der niederländischen Energiebörse in Amsterdam, ein neues Rekordhoch erreicht haben: nämlich 340 Euro je Megawattstunde.
Überflüssiges Gas?
Das Gas soll anscheinend für den Export nach Deutschland bestimmt gewesen sein. Außerdem befindet sich die Anlange unweit des Beginns der Gaspipeline Nordstream 1: Weil das Gas also nicht anderweitig verwendbar ist, wird es abgefackelt.
Dadurch soll sich nämlich das Abschmelzen des arktischen Eises in einem eskalierenden Regelkreis aufschaukeln: Weil hohe Mengen an CO2 und Ruß in die Atmosphäre gelangen und sich in Eis und Schnee absetzen. Gleichzeitig wurde aber auch ein deutlicher Anstieg der von der Anlage ausgehenden Wärmemenge gemessen. So schätzt etwa der Energie-Branchendienst Rystad, dass etwa 0,5 Prozent des EU-Gas-Tagesbedarfs in die Atmosphäre gelangen, also täglich rund 9000 Tonnen CO2.
Das Gas könnte auch für die Flüssiggas-Herstellung in Verwendung gestanden sein. Vielleicht hat es dann aber im Umwandlungsprozess Probleme gegeben.
Oder aber: Die Kraftwerksbetreiber zögern eine mögliche Abschaltung der Anlage hinaus, weil das Hochfahren schwierig und teuer ist. Ins Spiel gebracht wurden aber auch fehlende Ersatzteile wie Gasventile für die Anlage – wie Esa Vakkilainen, Professor für Energietechnik an der finnischen LUT-Universität meinte.
Zeigen Sanktionen Wirkung? Oder provoziert Russland?
Der deutsche Botschafter in London Miguel Berger, übt sich derweil zwangsläufig in Embargo-Optimismus: Die Verringerung des Anteils von russischem Gas am deutschen Verbrauch von über 50 auf nun etwa 10 % würde Wirkung zeigen: „Weil sie ihr Gas nirgendwo anders verkaufen können, müssen sie es verbrennen.“ – wie er in einem BBC-Interview sagte.
Vieles deutet allerdings auch darauf hin: Durch das theatralische Abfackeln vor der Haustür der EU signalisiert Russland: Wir haben so viel von dem Zeug, welches euch nun fehlt, dass wir es gen Himmel schicken. Die Nervosität auf dem Gaspreismarkt ist ja schon eingetreten.
Russland kündigt dreitägigen Komplettausfall an
Derzeit ist „Nord Stream 1“ (nach russischen Angaben: wegen fehlender Turbinen aufgrund der Embargopolitik) nur zu 20% ausgelastet – was einer täglichen Gas-Durchflussmenge von 33 Millionen Kubikmeter entspricht. Nun will aber Russland per 31. August die Gaslieferungen durch „Nord Stream 1“ für drei Tage ganz unterbrechen. Grund: Die letzte an der Kompressorstation Portowaja verbliebene Turbine soll von Siemens-Experten gewartet werden. Es wird befürchtet, dass Russland wie bereits zuvor, den Gasfluss vollständig stoppen konnten.
Die Nonchalance Russlands gegenüber der EU zeigt sich auch im Schweigen des russischen Gaskonzerns Gazprom auf eine (nicht beantwortete) BBC-Anfrage. Kryptisch vermeldete Gazprom nur: Die russischen Gasspeicher wären derzeit auf 91,4% angefüllt. Soll heißen: Wir haben genug von dem Zeugs, welches ihr nicht haben wollt. Öffnet auch „Nord Stream 2“. Dann ist es mit eurem Leiden vorbei… – sozusagen eine „sichtbare Erinnerung an Russlands Dominanz auf den europäischen Energiemärkten“ (Rystad Energy) Russland führt nun seinen Energie-Propaganda-Krieg gegen die EU weiter, welcher noch zu gewaltigen politischen und gesellschaftlichen Spannungen führen wird.
Der Beitrag erschien zuerst bei „Unser Mitteleuropa“.