Samstag, 23. November 2024

„Frohe Ostern“-Wünschen: Warum eigentlich?

Selbst in einer weitestgehend säkular gewordenen Stadt wie Berlin, in der die schönsten Kirchen des Sonntags nur von wenigen Gläubigen besucht werden, hält zumindest diese fromme Tradition der Osterwünsche unbewusst an. Ein Gastbeitrag von Meinrad Müller

Gerade mal 26 Prozent der fast vier Millionen Einwohner von Berlin bezeichnen sich noch als Christen, mithin rund 970.000. Der Anteil der Katholiken ist dabei in der Minderheit. Doch auch innerhalb der katholischen Kirchengemeinden gibt es Besonderheiten, um nur zwei zu benennen.

Die St. Afra-Kirche am Gesundbrunnen und die St. Clemenskirche am Checkpoint-Charly. In St. Afra werden die Messen feierlich in Latein gelesen und der Chor singt mit Inbrunst lateinische Kirchenlieder. Auch wer des Lateinischen nicht mächtig ist, erlebt dennoch eine berührende und feierliche Stunde, die einem wie eine prächtige Oper vorkommen mag. Sich eine Stunde pro Woche aus der Hektik des Alltags bewusst herauszunehmen und diese Zeit, selbst wenn man das Beten verlernt hat, so doch zur Selbstreflexion zu verwenden, kann heilsam sein.

Mit Multikulti in St. Clemens erleben wir eine ganz herzerfrischende Besonderheit. Missionare aus Indien (!) sind die Hausherren und die Gottesdienstbesucher stammen aus allen Teilen der Welt. Wir sitzen neben Koreanern, Südamerikanern, Afrikanern und Europäern in den Bänken und halten alle das gleiche Gebetbuch in Händen. Die Predigten werden auf Englisch gehalten, die Dolmetscherinnen übertragen ins Deutsche. Die fünf indischen Mönche fallen auf durch deren von Spiritualität durchdrungenen Freundlichkeit, Worte und Gesten.

Multikulti in positivem Sinne

Im Kirchenraum selbst befindet zusätzlich sich eine vier Meter breite Leinwand, auf der mittels eines Projektors die Kirchenlieder in großen Buchstaben erscheinen. Die elf Strophen von „Großer Gott wir loben Dich“ erscheinen strophenweise auf Deutsch, Englisch, Spanisch, Koreanisch, Kroatisch, Französisch und weiteren Sprachen. Die so hautnah erlebte Internationalität des Gesanges zu Ehren Gottes in der meist völlig gefüllten Kirche berührt und heilt unsere geschundenen Seelen in dieser bedrückenden Zeit.

„Frohe Ostern“, dieser Wunsch ist dem Autor in diesen Tagen mehrfach begegnet. Angenommen werden darf, dass die Apothekenhelferin, die Bäckersfrau und die Wurstfachverkäuferin es einfach sagen mussten, weil es sich so gehört. Vermutlich war ihnen der tiefere Sinngehalt, der Ursprung und die damit verbundene Hoffnung auf Erlösung selbst nicht mehr bekannt.

Ehrlich, wir einfachen Gläubigen müssen nicht alles theologisch völlig verstehen, wenn selbst die Kirchenoberen sich nicht gänzlich einig sind. Oder wenn eine Minderheit der Kleriker die Gläubigen in Wort und Tat tief bekümmert. Dann belassen wir es einfach dabei, dass ein uns zugerufener Wunsch wie „Frohe Ostern“ uns ein wenig tröstet, fröhlich und nachdenklich stimmt.

Live-Übertragungen von Hl. Messen aus aller Welt

Im Internet sind Seiten zu finden, auf welchen tägliche Live-Übertragungen von katholischen Gottesdiensten aus aller Welt aufgeführt werden. Wer sich nicht aufraffen kann, zur Messe zu gehen, kann diese zumindest am Bildschirm miterleben.

Der gleiche Glaube, die gleichen Rituale, doch landestypisch gefärbt, eröffnet einen gänzlich neuen Blick auf die Universalität der katholischen Kirche. Per Mausklick einfach mal nach Paris, Los Angeles, Ottawa, Bogota, Chicago oder San José. Lassen Sie sich im frohen Sinne überraschen, nicht nur zu Ostern.

♦ http://www.livemass.net/

und

♦ https://www.deutschland.world/home/gebete-zu-gott/liste-der-regelm%C3%A4%C3%9Fig-live-%C3%BCbertragenen-heiligen-messen/

 

Meinrad Müller
Meinrad Müllerhttps://www.amazon.de/-/e/B07SX8HQLK
Meinrad Müller (68), Unternehmer im Ruhestand, kommentiert mit einem zwinkernden Auge Themen der Innen-, Wirtschafts- und Außenpolitik für Blogs in Deutschland. Seine humorvollen und satirischen Taschenbücher sind auf Amazon zu finden.

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