Samstag, 20. April 2024

Bundesregierung: Antisemitismus mit Einschränkung der Meinungsfreiheit bekämpfen

Die deutsche Regierung hat kürzlich angekündigt, dass sie gegen die Redefreiheit hart durchgreifen wird. Justizministerin Christine Lambrecht behauptete, dass die deutsche Regierung „Rechtsextremismus und Antisemitismus mit allen Mitteln, die der Rechtsstaat ermöglicht, bekämpft“. Die Regierung legte ein Maßnahmenpaket vor, das unter anderem die Redefreiheit einschränken soll. Ein Gastbeitrag von Judith Bergmann.

Wie die Deutsche Welle berichtet:

„Online-Diensteanbieter wie Facebook, YouTube und Twitter werden verpflichtet, Hassrede an deutsche Behörden zu melden und auch die IP-Adresse des auffälligen Nutzers weiterzugeben. Bisher waren solche Social-Media-Giganten nur verpflichtet, Hassrede innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zu löschen.

Das umstrittene deutsche Zensurgesetz, bekannt als NetzDG, das am 1. Oktober 2017 in Kraft getreten ist, verpflichtet Social Media-Plattformen, alle Online-„Straftaten“ wie Verunglimpfung, Beleidigung, Verleumdung, Aufwiegelung und Hetze innerhalb von 24 Stunden nach Eingang einer Nutzeranzeige zu löschen oder zu sperren. Social-Media-Unternehmen erhalten sieben Tage für kompliziertere Fälle. Tun sie dies nicht, kann die Bundesregierung ihnen eine Geldbuße von bis zu 50 Millionen Euro auferlegen, wenn sie sich nicht daran halten.

Lambrecht verwies bei der Ankündigung des Pakets auf den Anschlag auf die Synagoge in Halle, bei dem ein deutscher Mann, Stefan Balliet, versuchte, in die Synagoge einzudringen, um dort Juden zu töten, was aber fehlschlug. In der Folge ermordete er zwei Menschen an anderen Orten. Balliet räumte ein, dass ihn antisemitische und rechtsextreme Überzeugungen zu dem Anschlag motiviert hätten. Es wird vermutet, dass er sich für den Angriff im Internet inspirieren liess. „Was die Enthemmung und Entfesselung des Hasses im Netz bewirken kann, zeigte sich erneut bei dem schrecklichen Angriff auf die jüdische Gemeinde in Halle“, sagte Lambrecht.

Laut Die Welt wird das neue Paket dafür sorgen, dass „bestehende und bewährte Ansätze zur Prävention gegen Rechtsextremismus fortgeführt und weiterentwickelt werden“. Insbesondere Programme zur Demokratieförderung und Prävention von Rechtsextremismus… sowie Maßnahmen der politischen Bildung im Allgemeinen…“ Darüber hinaus, so Die Welt, „soll die Arbeit des verfassungsrechtlichen Schutzes gegen Rechtsextremismus intensiviert“ und Maßnahmen ergriffen werden, damit „Sicherheitsbehörden und Justiz angemessen ausgestattet sind, um politisch motivierte Kriminalität von rechts im Bedarfsfall zu bekämpfen“.

Extremistisch muslimische Orientierung

Die neue Regierungsinitiative scheint sich jedoch nur gegen den Antisemitismus von Rechtsextremisten zu richten. So scheint sie beispielsweise antisemitische Handlungen islamistischer Extremisten zu ignorieren – ein eigenartiges Versäumnis, wenn man die Ergebnisse der EU-Agentur für Grundrechte (FRA) betrachtet: „Zweite Umfrage über Diskriminierung und Hassverbrechen gegen Juden in der EU„, veröffentlicht im Dezember 2018. Laut der Umfrage:

Zu den am häufigsten genannten Täterkategorien hinsichtlich des schwerwiegendsten Vorfalls einer antisemitischer Belästigung, die die Befragten erlebten, zählen: jemand, den sie nicht kannten (31 %), jemand mit extremistisch muslimischer Orientierung (30 %), jemand mit linksgerichteter politischer Orientierung (21 %), jemand unter den Arbeitskollegen, Mitschülern oder Studienkollegen (16 %), jemand aus dem Bekannten- oder Freundeskreis (15 %) und jemand mit einer rechtsgerichteten politischen Orientierung (13 %).[1]

Deutschland gehörte zu den 12 untersuchten Mitgliedstaaten.

Zuvor hatte die Agentur für Grundrechte der EU im November 2018 einen Bericht mit dem Titel „Antisemitism – Overview of data available in the European Union 2007-2017“ veröffentlicht, in dem die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) zitiert wurde, für die Aussage von 2017:

Die Hauptverantwortlichen für antisemitische Vorfälle sind ‚Islamisten‘ und radikalisierte junge Muslime, einschließlich Schulkinder, sowie Neonazis und Sympathisanten der extremen Rechten und in einigen Fällen auch der extremen Linken.[2]

Vielleicht am wichtigsten ist der Bericht „Antisemitismus im Islamismus“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) – Deutschlands Inlandsgeheimdienst – der im Juni 2019 veröffentlicht wurde. Ziel des Berichts war es, „die Öffentlichkeit für den islamistischen Antisemitismus zu sensibilisieren“. Dem Bericht zufolge:

Um eine Vorstellung vom Ausmaß und den Erscheinungsformen antisemitischer Propaganda und Ereignisse im islamistischen Milieu in Deutschland zu erhalten, erfasst das BfV seit Ende 2015 diejenigen antisemitischen Ereignisse mit mutmaßlich islamistischem Hintergrund…

Die Erfassung dieser Vorkommnisse belegt, dass antisemitische Ereignisse mit islamistischem Hintergrund in Deutschland keine Seltenheit sind. Allein für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2017 wurden mehr als 100 Vorkommnisse registriert, deren Spannbreite von antizionistischen Predigten über antisemitische Graffiti bis hin zu verbalen und körperlichen Attacken gegen Einzelpersonen reicht. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei lediglich um die sprichwörtliche „Spitze des Eisbergs“.

Gewalttätige Ereignisse wurden bislang nur in geringem Umfang registriert. Schon Einzelfälle verdeutlichen jedoch, dass die ideologischeRadikalisierung von Menschen und dieAufstachelung zu Hass und Gewalt durch antisemitisches Gedankengut den Nährboden für gewalttätige Eskalationen bilden.

„Al-Quds gehört uns! Verschwindet von hier, Ihr Hurensöhne!“

Bemerkenswert ist zudem, dass zahlreiche Vorkommnisse durch Einzelpersonen verursacht wurden, bei denen bislang keine Hinweise auf eine Verbindung zum organisierten Islamismus vorhanden waren. So wurde beispielsweise im April 2016 eine Frau in Berlin von zwei arabischstämmigen Männern auf ihren Kettenanhängerin Form der Umrisse des LandesIsrael angesprochen. Die beiden Männer beschimpften sie daraufhin unter anderem mit den Worten „Ihr Scheißjuden! Ihr seid der Abschaum der Welt“. Im Dezember 2017 wurde ein jüdischer Abiturientin Berlin von einem arabischen Mitschüler mit den Worten attackiert:“Ihr seid Kindermörder, Euch sollte man die Köpfe abschneiden!“. Ebenfalls im Dezember 2017 attackierten zwei Unbekannte eine Synagoge in Nordrhein-Westfalen und beschimpften die dortigen Mitarbeiter mit den Worten: „Al-Quds gehört uns! Verschwindet von hier, Ihr Hurensöhne!“

Solche Ereignisse legen den Schluss nahe, dass das von Islamisten verbreitete antisemitische Gedankengut zunehmend auch in muslimischen Gesellschaftsgruppen außerhalb islamistischer Organisationen anzutreffen ist. Ob essich hierbei um eine dauerhafte Erscheinung – möglicherweise sogar einen anhaltenden Trend – handelt, bleibt abzuwarten.

Unabhängig von der Perspektive bleibt jedoch festzuhalten, dass das von islamistischen Gruppierungen und Einzelpersonen verbreitete antisemitische Gedankengut schon heute eine erhebliche Herausforderung für das friedliche und tolerante Zusammenleben in Deutschland darstellt.

Die Frage ist also, warum der dschihadistische Antisemitismus nicht in das Maßnahmenpaket der Bundesregierung zur Bekämpfung des Antisemitismus aufgenommen worden zu sein scheint.

„Allahu Akbar“ und „Scheiß auf Israel

Zumal Bundeskanzlerin Angela Merkel laut Die Welt im April 2018 in einem Interview zugegeben hat, dass der Dschihad-Antisemitismus nicht in das Maßnahmenpaket der Bundesregierung zur Bekämpfung des Antisemitismus aufgenommen wurde:

„Wir haben jetzt auch neue Phänomene, indem wir Flüchtlinge haben oder Menschen arabischen Ursprungs, die wieder eine andere Form von Antisemitismus ins Land bringen.“

Darüber hinaus scheinen die deutschen Behörden den islamistischen Antisemitismus nicht immer ernst zu nehmen, auch wenn er offensichtlich tödliches Potenzial hat. Am 4. Oktober versuchte ein messerschwingender Syrer, in eine Berliner Synagoge einzudringen, während er „Allahu Akbar“ und „Scheiß auf Israel“ schrie. Nach Angaben der Regionalzeitung Neues Deutschland nahm die Polizei den Mann in Gewahrsam und brachte ihn in einer psychiatrischen Klinik unter, weil „kein dringender Tatverdacht, sondern nur der Anfangsverdacht des Hausfriedensbruchs“ bestehe. Ausserdem gebe es „keine Hinweise auf eine mögliche Radikalisierung des Mannes“. Die Polizei ließ ihn am nächsten Tag frei, obwohl er von den Synagogenwächtern buchstäblich „auf frischer Tat ertappt“ worden war.

Der vereitelte Messerangriff veranlasste die Berliner Innenverwaltung jedoch, eine verstärkte Polizeipräsenz vor jüdischen Einrichtungen anzukündigen. Was nützt aber eine verstärkte Polizeipräsenz, wenn potentielle Täter sofort freigelassen werden und nur einen „Verdacht auf Hausfriedensbruch“ erwecken?

Der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisierte die Freilassung des Mannes. „Die schnelle Freilassung des Täters ist unverständlich“, sagte Präsident Josef Schuster und fügte hinzu, die Staatsanwaltschaft habe „den Versuch, eine Synagoge anzugreifen, fahrlässig behandelt“.

Ausmaß der Dschihad-Bedrohung enorm

Deutsche Geheimdienstberichte, die im Jahresbericht 2018 über den Verfassungsschutz zu finden sind, bestätigen das Ausmaß der Dschihad-Bedrohung, nicht nur gegen deutsche Juden, sondern gegen alle Deutschen:

„Wenn man nur die harten Zahlen betrachtet, kann man sagen, dass die islamistische Extremistenanhängerschaft im Jahr 2018 leicht auf insgesamt 26.560 Personen (2017: 25.810) zugenommen hat. … Im Jahr 2018 fand in Deutschland kein islamistisch-terroristischer Anschlag statt. Jedoch zeigte eine Reihe von aufgedeckten Anschlagsplanungen in unterschiedlichen Vorbereitungsstadien, dass es keinen Grund zur Entwarnung gibt. Die Gefährdungslage in Deutschland ist weiterhin angespannt, sie hat sich auf hohem Niveau stabilisiert. … Deutschland steht unverändert im Zielspektrum von jihadistischen Organisationen, wie dem IS oder „al-Qaida“. Dementsprechend besteht sowohl für das Bundesgebiet als auch für deutsche Interessen in verschiedenen Regionen der Welt eine anhaltend hohe Gefährdung, die sich jederzeit in Form von jihadistisch motivierten terroristischen Anschlägen konkretisieren kann.“

Angesichts des offiziellen Bedrohungsszenarios schuldet die deutsche Regierung allen ihren Bürgern eine Erklärung, warum sie so „selektiv“ auf Antisemitismus reagiert.

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Judith Bergman, Kolumnistin, Anwältin und Politologin, ist eine Distinguished Senior Fellow am Gatestone Institute. Hier erschien ihr Beitrag zuerst. Übersetzung Daniel Heiniger.

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[1] Erfahrungen und Wahrnehmungen im Zusammenhang mit Antisemitismus – Zweite Erhebung zu Diskriminierung und Hasskriminalität gegenüber Jüdinnen und Juden in der EU – Zusammenfassung, S 53.

[2] Antisemitism – Overview of data available in the European Union 2007–2017 S 14.

PP-Redaktion
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