Donnerstag, 21. November 2024

Erin­ne­run­gen eines alten weis(s)en Man­nes

Wisst Ihr eigent­lich, was wir alles über­lebt haben und Ihr des­halb auch gebo­ren wur­det. Das Wald­ster­ben, BSE und Kli­ma­schwan­kun­gen. Lak­to­se­into­le­ranz und Vega­nis­mus waren gänz­lich unbe­kannt. Vie­le von uns sind über 80 Jah­re alt gewor­den. Und wir stre­ben das auch wei­ter­hin an, weil wir noch eine Zukunft mit Euch gemein­sam haben wol­len. Ein Gastbeitrag von Helmut Zilliken

Damals wuschen wir Baby­win­deln, weil es kei­ne Ein­weg­win­deln gab. Wir trock­ne­ten die Wäsche nicht in einem strom­fres­sen­den Trock­ner, son­dern im Wind auf der Wäsche­lei­ne.

Die Klei­dung der Kin­der ging stets an die jün­ge­ren Geschwi­ster, denn neue Kin­der­klei­dung konn­ten wir uns nicht lei­sten. Schu­le hat­ten wir nur ein Paar.

In der Küche gab es kei­ne elek­tri­schen Maschi­nen

Im Haus hat­ten wir ein ein­zi­ges Radio und spä­ter einen klei­nen Fern­se­her mit einem Bild­schirm in DIN4 Grö­ße. In der Küche gab es kei­ne elek­tri­schen Maschi­nen, son­dern Brot­mes­ser und Schnee­be­sen.

Als Pol­ster­ma­te­ri­al für Päck­chen oder Pake­te benutz­ten wir alte Zei­tun­gen, kein Sty­ro­por oder Pla­stik. Der Rasen­mä­her wur­de mit der Hand gescho­ben, er mach­te kei­nen Krach und stank nicht.

Fit­ness­trai­ning fand im Gar­ten oder beim Jog­gen statt. Des­halb benö­tig­ten wir kei­ne elek­tri­schen Lauf­bän­der.

Das Was­ser tran­ken wir aus der Lei­tung, ohne Pla­stik­fla­schen. Der Fül­ler wur­de wie­der mit Tin­te gefüllt. Einen neu­en zu kau­fen war zu teu­er. Damals fuh­ren die Kin­der mit dem Bus, der Stra­ßen­bahn, dem Fahr­rad oder gin­gen zu Fuß zur Schu­le. Einen 24stüngigen Mama­ta­xi­ser­vice mit einem 50.000€ teu­ren SUV der Mut­ter gab es nicht.

Glaubt Ihr, wir benö­ti­gen Beleh­rung?

Lie­be Her­an­wach­sen­de und sol­che, die es noch wer­den wol­len: Es ist trau­rig, wenn Ihr Euch dar­über beklagt wie ver­schwen­de­risch wir Alten gelebt haben, weil wir kei­nen Umwelt­schutz kann­ten?

Glaubt Ihr, wir benö­ti­gen Beleh­rung? Von einer Genera­ti­on, in der Kas­sie­re­rin­nen ihre Kas­se befra­gen, damit das Wech­sel­geld stimmt.

Glaubt Ihr, wir wären blind gewe­sen? Wir sahen den ver­schmutz­ten Rhein, in dem man ana­lo­ge Fil­me ent­wickeln konn­te und haben die Was­serrein­heit wie­der­her­ge­stellt. Indu­strie­ab­fäl­le im Was­ser wur­den ver­bo­ten. Heu­te kann man wie­der im Rhein baden und Fische sind auch wie­der da.

Glaubt Ihr denn, wir wären blind gewe­sen? Den sau­ren Regen gibt es nicht mehr. Die Autos beka­men einen Kat und die Indu­strie Fil­ter­an­la­gen. Sau­rer Regen ist über­haupt kein The­ma mehr.

Glaubt Ihr denn, wir wären taub gewe­sen? Wenn die Düsen­jets das Geschirr im Schrank zum Klir­ren brach­ten, haben wir neue Trieb­wer­ke erfun­den, die nur noch sum­men.

Glaubt Ihr denn, unse­re Nasen hät­ten ver­sagt? Der Indu­strie­staub im Ruhr­ge­biet wur­de mit Fil­ter­an­la­gen ein­ge­dämmt. Jetzt ist das Ruhr­ge­biet eines der grün­sten Gebie­te in Deutsch­land.

Wir und unse­re Groß­el­tern haben das zer­stör­te Deutsch­land wie­der­auf­ge­baut

Glaubt Ihr denn, wir hät­ten Angst gehabt? Beim Grenz­über­gang nach Hol­land haben wir brav unse­ren Per­so­nal­aus­weis vor­ge­zeigt und nicht geschmug­gelt. Danach gings an die Nord­see – baden.

Glaubt Ihr denn, wir waren dumm? Wir haben flei­ßig gelernt und das Abitur gemacht und sind nicht am Frei­tag zur Kli­ma­de­mo gelau­fen und haben geschwänzt.

Glaubt Ihr denn, wir waren faul?  Wir und unse­re Groß­el­tern haben das zer­stör­te Deutsch­land wie­der­auf­ge­baut. Haben geschuf­tet, Wohl­stand geschaf­fen und ein lie­bens­wer­tes Land wie­der auf die Bei­ne gestellt.

Dann, ja erst dann, haben wir für Luxus gesorgt. Weil wir es uns ver­dient haben. Weil wir ange­packt haben und uns nicht über schwe­re Mathe­klau­su­ren beschwert haben.

Wir waren Atom­kraft­geg­ner und durch­aus umwelt­be­wußt.

Wir sind in Bonn in den Hof­gar­ten gelau­fen und haben für Frie­den und Abrü­stung demon­striert. Wir waren Atom­kraft­geg­ner und durch­aus umwelt­be­wußt. Wir wuß­ten unse­re Feh­ler ein­zu­ge­ste­hen und die­se zu kor­ri­gie­ren.

Wir hat­ten kei­ne Angst vor Mes­ser­ste­chern und Ver­ge­wal­ti­gern, die unse­re Gast­freund­schaft miß­ach­te­ten. Mes­ser­ste­che­rei­en gabs im Rot­licht­mi­lieu. Heu­te über­all – weil Ihr die Will­kom­mens­kul­tur hofiert.

Wisst Ihr eigent­lich, was wir alles über­lebt haben und Ihr des­halb auch gebo­ren wur­det. Das Wald­ster­ben, BSE und Kli­ma­schwan­kun­gen. Lak­to­se­into­le­ranz und Vega­nis­mus waren gänz­lich unbe­kannt. Vie­le von uns sind über 80 Jah­re alt gewor­den. Und wir stre­ben das auch wei­ter­hin an, weil wir noch eine Zukunft mit Euch gemein­sam haben wol­len.

Der Beitrag erschien zuerst hier.

***

Sie wollen die Arbeit von PP unterstützen? Dann ist das hier möglich:

PAYPAL

… oder auf Klassische Weise per Überweisung:

IBAN: DE04 3002 0900 0803 6812 81
BIC: CMCIDEDD – Kontoname: David Berger – Betreff: PP

 

PP-Redaktion
PP-Redaktion
Eigentlich ist PP nach wie vor ein Blog. Dennoch hat sich aufgrund der Größe des Blogs inzwischen eine Gruppe an Mitarbeitern rund um den Blogmacher Dr. David Berger gebildet, die man als eine Art Redaktion von PP bezeichnen kann.

Trending

VERWANDTE ARTIKEL