Freitag, 22. November 2024

Brachiale Vernichtung tradierter CDU-Werte und das Verhältnis zur AfD

Ein Gastbeitrag von Peter Helmes

Der von mir hochgeschätzte Blogger Marc Ehret hat Ende November eine Debatte über die CDU angestoßen, die noch immer auf große inhaltliche Resonanz stößt.

Es geht im Kern um die Zukunft der CDU, die untragbare Politik der Parteivorsitzenden inkl. ihrer Entourage sowie um eine notwendige programmatische Neuausrichtung – und vor allem geht es um den innerparteilichen Diskurs, der zunehmend von der WERTEUNION betrieben wird und natürlich bei den Parteioberen auf wenig Gegenliebe stößt. Ich nutze jetzt die Gelegenheit, wesentlich erscheinende Gedanken zum Zustand der CDU in Erinnerung zu rufen:

Markenkern verloren

Den Unionsparteien sind wesentliche Werte abhanden gekommen, u. zw. keine Äußerlichkeiten, sondern Werte, deren Vernachlässigung, ja Streichung durch die Merkel-Führung die Union von Grund auf verändert haben – deutlicher: Die CDU hat ihren Markenkern verloren. Das hat dazu geführt, daß die CDU und ebenso die CSU scharenweise Mitglieder verloren und damit letztlich die Gründung der AfD verursacht haben.

Die CDU fand sich Jahrzehnte im vierzig Prozent-Bereich, also die größte Partei, die die SPD stets weit hinter sich lassen konnte. CDU und Bürgertum – das war Eins. Man war zufrieden, Tageskritik inklusive. Die CDU ruhte in sich. Und heute? Seit Angela Merkel die CDU übernommen hat, ist die Partei unruhig, aufgewühlt, ohne charismatische Führung. Merkel ist alles Mögliche, gewiß aber keine CHRISTLICH-demokratische Identifikationsfigur.

Sie steht nicht für Grundwerte – schon gar nicht für konservative – und könnte ebenso jeder anderen, beliebigen Organisation vorstehen. Die Geschichte wird noch zeigen, daß mit Merkel der CDU der „Markenkern“ abhandengekommen ist – vermutlich in weiten Teilen unumkehrbar.

Wertebeliebigkeitspolitik – Karriere statt Charakter

Sie setzt(e) wichtige, politische Schritte (und Schnitte), und niemand warf sich ihr entgegen. Alles wurde abgenickt. Geschickt hat sie sich mit Stellvertretern umgeben, die wie Fleisch vom Fleische der Vorsitzenden wirken. Viele Führungsmitglieder könnten auch in der SPD agieren. Wer aufbegehrte, hatte schon verloren.

Daß Männer wie Thomas Strobl und Armin Laschet – sein wichtigstes Buch trägt bezeichnenderweise den Titel:„Die Aufsteigerrepublik: Zuwanderung als Chance“ – sowie Karrierefrauen wie Julia Klöckner und Ursula von der Leyen zu Stellvertretern der Merkel und A. Kramp-Karrenbauer zur Generalsekretärin der CDU aufsteigen konnten, kennzeichnet die tiefgehende Misere der CDU: Karriere statt Charakter, Posten statt Profil. Aber alle diese Zeitgeistfiguren passen zur Kanzlerin! Sie ergänzen sich und könnten genauso gut (oder schlecht) in der SPD agieren.

Den Intuitionen der Macht verpflichtet

„Es ist eine der herausragenden Fähigkeiten Merkels, sich der Menschen zu bedienen, die ihr widerstandslos zuarbeiteten. Es paßt in ihr antifaschistisches Weltbild, alle patriotischen, konservativen Kräfte der Republik aus der politischen Meinungsbildung auszuschalten. Sie wollte nie die Vorsitzende einer Volkspartei sein. Sie hätte damit Konzessionen machen müssen, die ihre Arbeit hätten stören können. Mit all der gebotenen Konsequenz unterlief sie das Grundgesetz, mißachtete demokratische Grundregeln und zerstörte tradierte, christlich-ethische Grundwerte (…)

Es war nie ihre Vision, ein politisches Konzept zu entwickeln, daß der Satzung der Bundesrepublik entspricht. Sie hat auf Empfehlungen, ja auch Drohungen gehört, die ihr von Mächten zugeflüstert wurden, die nicht die Eidespflicht hatten, sich für Deutschland einzusetzen.

Frau Merkel unterlag immer den Intuitionen der Macht, der sie sich verpflichtet fühlt. Aus dieser Perspektive wähnte (man) sie, die „mächtigste Frau der Welt“ zu sein. Sie diktiert das Handeln in dem Bereich der ihr gebotenen Grenzen. Sie hatte in ihrer Jugend perfekt gelernt, sich den Gegebenheiten zupassen“, schriebt der langjährige CDU-Funktionär Herbert Gassen auf „conservo“.

Gesundbeten

Die allfälligen Verluste der CDU bei fast jeder Wahl während der Amtszeit Merkels wurden schöngeredet, statt daß sie zu einer umfangreichen Analyse und Revision geführt hätten. Nein, es wurde „gesundgebetet“: Wer verloren hatte, sagte, er habe gewonnen, wenn etwas zertrümmert wurde, sah man keine Ruinen. Niemand will von einer Zeitenwende etwas erkannt haben.

Und liebedienerische Medien stimmten zu. Selten wirken deutsche Politiker und deutsche Journalisten so weltfremd, wie wenn sie die Situation der Republik kritisch darstellen sollten – als ob sie nicht glauben wollen, was in unserem Land tatsächlich los ist, aber ihrem Tunnelblick widerspricht. „Was nicht sein darf, das nicht sein kann!“ So werden eben Identitäten von Verbrechern verheimlicht oder Kriminalitätszahlen manipuliert.

„Rechtspopulistisch“: Ja – „linkspopulistisch“: Gibt´s nicht

Daß „rechtspopulistisch“ eine Beschimpfung ist, die sich als pseudowissenschaftliche Beschreibung einer Partei oder einer Meinung tarnt, muß ich nicht weiter erläutern. Wenn ich das Programm der Linken oder auch der Grünen studiere, könnte man diese Parteien jedoch ebensogut regelmäßig als „linkspopulistisch“ bezeichnen.

Es werden fast systematisch Dinge versprochen, die scheinbar populär sind, aber nie eintreffen. Dennoch tut man das nicht – weil einen die Linke schon lange nicht mehr bedrängt – zumal viele Journalisten und manche orientierungslose Bürgerliche linkes Gedankengut längst für salonfähig halten, ohne sich dessen bewußt zu sein.

Schockierende Erkenntnis für Zeitgeistmenschen: Die wahre Opposition sitzt rechts – nicht nur in Deutschland, sondern in fast allen westlichen Ländern.

Strategische Chance durch AfD verkannt – der spektakuläre Niedergang der CDU

Mit Merkel und ihrem Kurs der „Öffnung für neue Werte und Gruppen“ und (seit 2015) ganz Deutschlands ging einerseits das bewährte Profil der CDU verloren – die Kultur unseres Landes sowieso – und andererseits provozierte sie damit die Entstehung der AfD.

Ich fasse es nicht, wie unqualifiziert viele CDU-Funktionäre auf die AfD eindreschen – blind und nicht sehen wollend, daß ein großer Teil der AfD-Mitglieder Fleisch vom Fleische der Union ist, also vor ihrem Wechsel zur AfD geachtete CDU-Mitglieder waren.

War Dr. Gauland vor seinem Wechsel in die AfD etwa Staatssekretär von Göbbels – oder eines CDU-Ministers? Und jetzt wollen uns die Geiferer in der CDU-Führung einreden, daß alle diese AfD-Mitglieder plötzlich Nazis seien? Das ist dumm und kurzsichtig! Viele meiner Freunde, die ich in jahrzehntelanger untadeliger Arbeit für die Union schätzen gelernt habe, traten aus der CDU aus und wechselten zur AfD. Und die sollen plötzlich Nazis sein?! Wie verblendet muß man sein, solche geistigen Volten zu vollziehen?

Wer die AfD als „rechtspopulistisch“ beschimpft, verharmlost sie aber auch, weil er im Grunde immer noch glaubt (oder hofft), es handle sich um ein von Emotionen getriebenes, vorübergehendes Phänomen, das sich von selbst erledigt – oder mithilfe „geneigter“ Medien erledigt wird.

Für die massiven Verluste der CDU bei den letzten Bundes- und Landtagswahlen sind aber Tausende von vorher treuen Wählern „verantwortlich“, von guten konservativen und liberalen, immer bürgerlichen Leuten – die der CDU plötzlich das Vertrauen entzogen haben.

Es handelt sich nicht um die berühmten „Modernisierungsverlierer“ oder „Ewiggestrigen“, welche die Politologen immer dann bemühen, wenn sie ein Phänomen nicht mehr erklären können. Nein, das sind Leute, die vor allem zum Kern des deutschen Mittelstands gehören, jener seit jeher staatstragenden Schicht in Deutschland, aber auch in großer Zahl aus der Arbeiterschaft kommen.

Es sind Konservative, nicht bloß im politischen Sinn, sondern auch, was ihr Wahlverhalten betrifft. Einmal CDU, immer CDU, hieß es jahrelang: Wenn man solche Leute verliert, dann gewinnt man sie kaum je wieder zurück.

Und wenn ich schon beim Thema AfD bin: Falls die CDU wieder in die Verlegenheit käme, vor der Entscheidung zu stehen, ein Linksbündnis einzugehen oder einer bürgerlichen Mehrheit eine Chance zu geben, wer käme dann als Koalitionspartner infrage? Horribile dictu: die AfD. Aber man kann sich das auch schönreden. Es hilft nichts: Die CDU muß sich entscheiden: Öffnung nach der Mitte – oder zukunftsloses Abdriften ins linke Lager.

Bei diesem Punkt bin ich gerne deutlich: Mögen doch die Merkel-Vasallen um Aufnahme in der SPD ersuchen! Das hülfe der SPD – und der CDU: Die SPD erhielte eine Blutzufuhr, die sie bitter notwendig hat. Und die CDU könnte wieder zu ihren Wurzeln zurückfinden – befreit von allzu linkem Ballast.

Froh darüber kann nur die Linke sein. „Rechts von mir“, sagte einst Franz Josef Strauß, der Gigant der CSU, „steht nur Dschingis Khan.“ Als bayerischer Ministerpräsident blieb er jahrzehntelang an der Macht – weil er wußte, wie man die eigene Klientel hegt und pflegt, im Guten wie im Bösen, und nicht durch unberechenbare Sprünge. Das haben Merkel und Seehofer nie wirklich kapiert.

Klopft man die Aktionen der Kanzlerin auf Einhaltung der Prinzipien des christlichen Menschenbildes hin ab, so erkennt man glasklar, daß sie fast gegen alle Kardinaltugenden massiv verstoßen hat.

Merkel steht gewiß nicht rechts

Immerhin war Merkel verantwortlich für die oft schöngeredeten Wahlniederlagen. Und nach jeder erneuten Niederlage war es, als verkaufte sie diese als „Sieg“. Das nervte jeden, der sich einen kritischen Abstand zum Politzirkus bewahrt hat. Warum sagt niemand einmal selbstkritisch: „Wir haben verloren“?

Bei Merkel sieht es stets so aus, als sei alles in Ordnung – und: daß sie die Partei „eigentlich“ nicht bräuchte. Als sei SIE das Programm und meint, notfalls auch ohne CDU regieren zu können. Längst haben die Rot-Grünen sie ja adoptiert: Wenn Merkel gelobt wird, dann vor allem von dieser Seite.

Deshalb müßte die CDU-Führung erschüttert sein. Spätestens an diesem Punkt wird klar, daß es eines innerparteilichen Korrektivs bedurfte – nämlich der WerteUnion, des „Freiheitlich Konservativen Aufbruchs“, der zurück zu den Wurzeln will.

Die neue Chance: „WerteUnion“

Die noch verbliebenen (wenigen) Konservativen in der CDU starren wie gelähmt auf ihre Führung. Unfaßbar, was dort geschieht! Aber der Unmut wächst. Eine Folge der Verbitterung der Konservativen in der Union (CDU und CSU) war die Gründung der „WerteUnion“, der inzwischen etliche Abgeordnete und tausende Parteimitgliederbeigetreten sind – trotz des erwartbaren Widerstandes und der Verhöhnung durch die Unionsspitzen.

Wenn die Union nicht kapiert, daß ohne eine politische, aber pragmatische Kurskorrektur keine Besserung und damit kein Erfolg eintreten wird, wird sie denselben Weg gehen wie die SPD. SPD wie Union brauchen dringend eine Erneuerung – programmatisch und personell.

Aber wenn kritische Mitglieder nicht den Druck auf die Parteiführung verstärken, wird sich nichts ändern. Die rektal breitgesessenen Führungs-Opas und -Omas haben für eine radikale Erneuerung keine Kraft. Sie meinen, sie könnten durch Sitzenbleiben und dem gelegentlichen Wechseln ihrer programmatischen Pampers ihre Pfründen verteidigen.

Seit Merkels Übernahme der Parteiführung – und der Ausschaltung nahezu aller personellen Alternativen für sie – darf man die CDU getrost, aber mit innerem Ingrimm, als links der Mitte verorten.  Sie ist nicht mehr die Partei der Sicherheit und der Freiheit. Das hat auch mit der Flüchtlingspolitik der CDU zu tun. Umfragen zeigen deutlich, daß die Menschen nicht mehr davon überzeugt sind, Sicherheit und Freiheit seien in Deutschland gewährleistet.

Und damit bin ich bei der bedeutendsten Fehlentwicklung in unserem Lande:

Totschlag statt Verteidigung der Freiheit

Wollen wir unsere Freiheit – erst recht die Freiheit, unsere Heimat, unser Vaterland zu bewahren – kampflos aufgeben? Aber zuvor sei eine Frage erlaubt: Was verteidigen wir da eigentlich? Kennen wir noch unsere Werte? Leben wir sie? Nur ein Beispiel:

Wir sind z. B. gerade dabei, „Tod zu üben“ – gesellschaftlichen Tod. Wir zerstören mit Feuereifer, weil vom Zeitgeist angefacht, soeben die natürliche Verbindung zwischen Mann und Frau, entdecken fast täglich neue Geschlechter bzw. Geschlechtsformen (LSBTTIQ) – und praktizieren in aufrechter Haltung eine Massentötung ungeborenen menschlichen Lebens im Mutterleib, verharmlosend „Abtreibung genannt“ – in Wirklichkeit aber ist das Totschlag! Den falschen Freiheitsbegriff dazu fassen unsere Gesellschaftsveränderer in den vermeintlich „Freiheit“ verkündenden Schlachtruf: „Mein Bauch gehört mir!“ Und dies alles entwickelte sich mit dem Segen oder zumindest mit der Duldung durch die Merkel-CDU!

Ja, wir sind aufgerufen zum Kampf für die Freiheit, das heißt für die Verteidigung, aber auch Verbreitung der westlichen Werte. Dazu müßten wir sie aber verinnerlicht haben. Wollten wir den Kampf für unsere Werte und gegen die Zerstörer dieser Ordnung sowie auch gegen den Terrorismus des Islam wirklich führen, müßten wir erst einmal vor unserer eigenen Tür kehren. So, wie wir unsere Werte heute praktizieren, können wir nicht bestehen. Besinnen wir uns!

Wenig begeistert bin ich von Nörglern gegen die WerteUnion – womit ich nicht diejenigen (wie David Berger) meine, die nach einem schweren inneren Prozeß den Austritt erklären. Nein, ich meine die, die „drinnen“ den Mund gehalten haben und jetzt nach dem Austritt oder aus Unkenntnis aus der sicheren Entfernung „draußen“ mit Steinen werfen. Es gehört doch gewiß kein Mut dazu, die WU z. B. als „kleines Häuflein“ zu bezeichnen. Es ist so – noch!

Mehr Mut jedoch gehört doch wohl dazu, sich zur WU zu bekennen und innerhalb der CDU/CSU laut für unsere Grundprinzipien zu kämpfen. Und noch etwas für die, die die WU verlassen (haben), (Dr. Berger kennt meine Grundhaltung): Was ist einfacher: in der Partei zu kämpfen und Kampfgenossen zu suchen – oder von draußen mit Wattebäuschen zu schießen? Ist man erst mal draußen, ist man raus.

Ich bleibe und kämpfe – auch unter „Polizeischutz“. Hätte ich Angst, müßte ich die politische Tätigkeit einstellen – eine Vorstellung, die nicht zu mir paßt. Also Freunde, Ärmel hochkrempeln und mitstreiten. Danke!

Wie ich schon anfangs schrieb: Für die, die in den Unionsparteien noch einen Funken Hoffnung sehen, ist die „Werte Union“ unverzichtbar. Jetzt ist die „Zeit nach Merkel“ angekommen. Nutzen wir sie – mit allen Kräften! Wünschen wir uns den angemessenen Einfluß!

***
Zum Gastautor: Der ehem. Bundesgeschäftsführer der Jungen Union (JU) und Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung (MIT) der CDU/CSU, Peter Helmes, war Mitgründer der „Aktion Linkstrend stoppen“, ist jetzt Mitglied des Landesvorstandes der WerteUnion Rheinland-Pfalz und Initiator des „Freiheitlich Konservativen Aufbruchs in der Union“ (FKA), des Vorläufers der WerteUnion.
PP-Redaktion
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