Sonntag, 24. November 2024

Seehofer und Merkel einigen sich – Halbzeitpause in der Asylstreit-Wahlkampfshow

(David Berger) Der Rücktritt vom Rücktritt vom Rücktritt blieb aus. Gestern um kurz nach 22 Uhr war klar: Alles wird gut, der Asylstreit offiziell für beendet erklärt, nicht nur Seehofer und Merkel machen weiter wie bisher. Eine Show für die Wähler in Bayern, die der Glaubwürdigkeit der Politik der Altparteien bzw. dem, was noch davon übrig ist, enorm geschadet hat.

Auch ich muss gestehen, dass ich gestern Abend (Foto links) – angesichts der Kulisse unzähliger Kamerateams vor der CDU-Parteizentrale und der Gespräche mit Kollegen – kurz davor war, daran zu glauben, dass Seehofer seinen Rücktritt verkünden würde.

Wenn auch nicht aus hehren Motiven, sondern nur weil er aufgrund eines internen Machtkampfs dazu mehr oder weniger gezwungen sei.

Doch dann musste ich eingestehen: Ich hatte mich von dem Finale der Asylstreit-Show blenden lassen. Der Rücktritt vom Rücktritt vom Rücktritt blieb aus, Seehofer bleibt und erst mal ist alles gut. Kurz nach 22 Uhr trat ein Unionsvertreter vor dem Konrad-Adenauer-Haus vor die Presse und verkündete die Einigung und Beilegung des sog. Asylstreits.

CDU und CSU setzen ihre langjährige Ehe fort, die „Große Koalition“ (wenn auch unter dem Stänkern der SPD) ihre katastrophale Arbeit, und was am wichtigsten ist: Merkel bleibt Kanzlerin. 

Wieder waren wir Zeugen eines großen Politschauspiels, dem man den Namen „Asylstreit“ gegeben hat. Dieser sei nun beigelegt, ließ man uns gestern wissen. Alles sei gut.

„Diese klare Übereinkunft, die in allen drei Punkten meinen Vorstellungen entspricht, erlaubt mir, das Amt des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat weiterzuführen“

…so Seehofer zu den Journalisten vor dem Konrad Adenauer Haus.

Davon dass Seehofer Merkel vor zwei Wochen eine Frist setzte und den Wählern versprach, ab Montag an den nicht mehr so richtig vorhandenen Außengrenzen Deutschlands wieder geltendes Recht durchzusetzen, ist nun keine Rede mehr. Untergegangen im allgemeinen Spektakel des Unionsstreits.

Jetzt spricht Seehofer nur noch von einer „Vereinbarung“, mit der man die „illegale Einwanderung an den Grenzen“ verhindern könne. Die sieht folgendermaßen aus und betrifft lediglich die deutsch-österreichische Grenze:

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Alexander Gauland von der AfD recht behalten hat, als er am Abend der Bundestagswahl ankündigte, man werde die Politiker der Altparteien vor sich herjagen. Denn ohne die anstehende Landtagswahl in Bayern hätte es diese Show der CSU, die dem Wähler verkaufen will, die „nette Lightversion“ der AfD zu sein, nicht gegeben.

Und auf eines kann man sich auf jeden Fall verlassen: Die Show ist noch lange nicht zuende. Sofern die Medien mitspielen, war das gerade mal die Halbzeitpause, denn bis zur bayerischen Landtagswahl sind es noch einige Wochen. Und das gefürchtete Sommerloch bietet sich geradezu an, noch eines drauf zu setzen. Übung mit solchen Showeinlagen hat Seehofer ja. Ich kann nicht umhin doch einmal wieder zustimmend Katrin Göring-Eckardt zu zitieren, die gestern Nacht noch twitterte:

Habe den Überblick verloren . Wie oft haben Merkel und Seehofer schon einen „guten Kompromiss“ gefunden, der dann ein paar Stunden/Tage/Wochen später zur nächsten Eskalation führte? Es ist erschöpfend. Es löst kein Problem, schafft nur neue…

Dass sich die Politiker der Altparteien – zum größten Teil nur noch getrieben von einer fast neurotischen Machtgier – so von dem Angst-Faktor AfD jagen lassen, die Medien willig die Bühne für diese Show zur Verfügung stellen, ohne kritisch zu hinterfragen, was da passiert, ist für die Glaubwürdigkeit unserer Demokratie und das Ansehen der Politiker der Altparteien eine Katastrophe.

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Asylstreit als Wahlkampf-Show der CSU: Erneut wurden wir von Seehofer an der Nase herumgeführt

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David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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