Die Rechtsanwaltskanzlei REPGOW, die bereits über 100 Opfer von Facebook-Zensur vertritt, hat beim Landgericht Frankfurt am Main eine einstweilige Verfügung gegen Facebook erstritten. Die Begründung des Landgerichts zerlegt sämtliche Argumente von Facebook und zerstört den Mythos vom „virtuellen Hausrecht“.
Ein Mandant der Kanzlei REPGOW hatte sich bei Facebook über die Tageszeitung taz ausgelassen und diese unter anderem als „pseudolinkes Herzblättchen“ bezeichnet. Facebook hatte den Nutzer daraufhin für 30 Tage gesperrt und den Beitrag gelöscht und sich zur Begründung darauf berufen, dass der Beitrag Personen aufgrund ihrer Herkunft, Religion oder Rasse angreifen würde.
Zwar hat Facebook auf Abmahnung durch die Kanzlei REPGOW sehr schnell nachgegeben und den Nutzer wieder freigeschaltet, war aber dem Verlangen nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht nachgekommen, weshalb die Ansprüche des Facebooknutzers vor Gericht geltend gemacht werden mussten.
Das Landgericht Frankfurt am Main hat in einer umfassenden Begründung nunmehr zu allen rechtlichen Aspekten der Facebook-Thematik Stellung genommen. Das ist vor allem deswegen bemerkenswert, weil einstweilige Verfügungen gar nicht begründet werden müssen und die meisten Gerichte daher lediglich auf den Verfügungsantrag verweisen. Nicht so die dritte Zivilkammer.
Auf insgesamt elf Seiten legen die Richter detailliert klar, dass die Auffassung, wonach Facebook auf der eigenen Seite machen könne, was es wolle, abwegig ist.
Zum einen besteht zwischen Facebook und dem Nutzer ein Austauschvertrag und nicht etwa eine schenkweise Leistung seitens Facebook. Und zum anderen finden auf das Verhältnis zwischen dem Nutzer und Facebook die Grundrechte, eben auch das Recht auf Meinungsfreiheit, zumindest mittelbar Anwendung. Deswegen konnte die Sperre keinen Bestand haben und warf Facebook an eine erneute Sperre wegen desselben Sachverhaltes zu untersagen.
Das Landgericht befasst sich auch mit der Frage, ob die Nutzungsbedingungen von Facebook überhaupt Anwendung finden können, oder nicht hinter der deutschen Rechtslage zurücktreten müssen. Im vorliegenden Fall war das letzten Endes nicht zu entscheiden, weil der angebliche Verstoß auch nach den Nutzungsbedingungen gar nicht vorlag.
Die Entscheidung muss Facebook erst noch zugestellt werden. Aufgrund des Erfordernisses, dies in Irland zu tun, wird dies noch einige Wochen benötigen. Danach hat Facebook die Möglichkeit, gegen die einstweilige Verfügung mit dem Widerspruch vorzugehen. REPGOW hat für den Mandanten allerdings mittlerweile ohnehin Hauptsacheklage erhoben, sodass sich die Parteien in einigen Monaten ohnehin in Frankfurt treffen werden, wird um über den Fall mündlich zu verhandeln.
Eine Zustellung in Irland ist erforderlich, weil der deutsche Gesetzgeber Facebook zwar einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland vorgeschrieben hat, dies jedoch ausschließlich für Zwecke des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. Für alle anderen Themen, insbesondere eben auch Klagen der Nutzer gegen Facebook, ist dieser Zustellungsbevollmächtigte nicht vorgeschrieben und wird von Facebook auch nicht unterhalten.
Große Klatsche für Facebook – LG Frankfurt erlässt einstweilige Verfügung