Freitag, 29. März 2024

Eintopf im Kopf

Gedanken zum Mischmasch von Begriffen als Mittel der politischen und gesellschaftlichen Manipulation. Ein Gastbeitrag von Josef Hueber

Im Teller gehört er zu den Gerichten, die dem hungrigen Freund der Bergwelt in der Jausenstation nach einem steilen Aufstieg das Wasser im Mund zusammentreibt. Er braucht keine umständliche Messer-und-Gabel Behandlung, seine Masse lässt sich undifferenziert einlöffeln. Die Rede ist vom Eintopf.

Das Durcheinander von mannigfaltigem Gemüse und Würsteln verleiht dem Körper Kraft. Im Gegensatz dazu soll das Durcheinander von Begriffen im Kopf die Denkfähigkeit angeblich nicht erhöhen. Wer könnte dieser Erfahrung widersprechen?

„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“

…sagte Wittgenstein, der Einstein der Sprachphilosophie. In Abwandlung darf man wohl daraus schließen, dass der Mangel an Bewusstsein von den Grenzen der Begriffe einen deutlichen Mangel an Wirklichkeitserkennung bedeutet.

Somit ist die Abgrenzung von Begriffen die Voraussetzung für eine klare Sicht aus dem Fenster des Ich hinaus in die Welt. Die Vermengung der Begriffe hingegen bewirkt eine Eintrübung der Weltsicht, deren sich der Betroffene nicht unbedingt bewusst wird.

Der kaum wahrnehmbare Effekt dieser Verzerrung von Wirklichkeit mittels sprachlicher Unschärfen kommt den professionell damit beschäftigten Vermittlern bewusst schwammigen Denkens in Politik und Gesellschaft zugute. Die Manipulation öffentlichen Mainstream-Denkens funktioniert nämlich nur so. Wie nachts alle Katzen grau sind, so werden zentrale Unterschiede von Phänomenen der Wirklichkeit im intellektuellen Meltingpot eingedampft und ununterscheidbar. Gibt es eine bessere Vorraussetzung für manipulative Steuerung der öffentlichen Meinung?

Wie sich die Mainstream-Medien dies im servilen Dienst der zunehmend auf potemkinsche Schönfärberei angewiesenen Regierungspolitik zunutze machen, kann man bei distanzierter Betrachtung leicht verifizieren.

Dabei trifft dies nicht nur auf die geldsaugenden, staatsergebenen, milliardenschweren, Zahlungsunwillige ins Gefängnis treibenden Öffentlich-rechtlichen zu. Deren scheinbar objektive Vermittlung von Wirklichkeit ist nach erwähntem Muster gestrickt. Begriffe wie Zuwanderer, Einwanderer, Schutzsuchende, Flüchtlinge oder Asylanten verschleiern mit der „Verhexung unsres Verstandes durch die Mittel unserer Sprache“ (Wittgenstein) diametral entgegengesetzte Hierseins-Gründe, vom illegalen Wirtschaftsflüchtling bis hin zum äußerst seltenen Fall des im Sinne des Grundgesetzes tatsächlich der Aufnahme berechtigten, lebensbedrohend Gefährdeten.

Die Gegner dieser das deutsche Volk ( Das gibt es noch!) bedrohenden Einwanderungs-Unpolitik kommen alle in denselben Topf neobabylonischer Sprachverwirrung in aufsteigend bedrohlicher Kurve: Europa-Gegner, Populisten, Rechte, Rechtsextreme, Nationalisten, Anti-Europäer, Rassisten, Nazis.

Und welcher Unwerte macht dieses Pack sich schuldig? Die Kiste auf: Diskriminierung, Rassismus, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie, Faschismus. Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollzähligkeit.

In Loriots Film Ödipussi begegnen wir einem Mann, der sich einer fortgeschrittenen Demenz erfreut. Einst Chef der städtischen Müllbeseitigung, fuchtelt er während eines kurzen Gesprächs mit dem Protagonisten mit seinem Stock in Weggeworfenem auf dem Boden herum und konstatiert verärgert: „Alles durcheinander!“

Eben. Ein Zeichen von Demenz.

David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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