Mittwoch, 4. Dezember 2024

„Ich bin weder homophob, noch ein Flache-Erde-Kreationist!“

Wissenschaftler gegen den Zeitgeist. Ein PP-Exklusiv-Interview mit dem widerständigen Biologie-Professor Ulrich Kutschera. Von A. Göhring für PP.

Es heißt, die Kultur bestimmt die Politik und nicht andersherum. Mit den Wissenschaften scheint es sich ähnlich zu verhalten. Zu allen Zeiten beugten sich auch große Geister mehr oder minder vor dem gerade herrschenden Zeitgeist wie Galilei Galilei, oder glaubten sogar an die Verstiegenheiten der aktuellen Ideologie, wie zum Beispiel der Monarchist Max Planck.

Hin und wieder fand sich allerdings auch ein Aufrechter unter den Forschern, der nicht nur sein eigenes Forschungsgebiet überblickte, sondern auch kritisch und hellsichtig Politik und Gesellschaft im Auge hat. Albert Einstein war so jemand, der, trotz dass er ein behäbiger Schwabe war, nichts auf den Militärfimmel der deutschen (und europäischen) Ober- Mittelschicht gab und dies auch noch öffentlich sagte.

Wie ist das in der heutigen Zeit, in der demokratischen und rechtsstaatlichen Bundesrepublik, dem freisten Deutschland, das es je gab? Dazu befragten wir den streitbaren Kasseler Biologen Ulrich Kutschera.

A. Göhring: Professor Kutschera, Sie sind der bekannteste Kreationisten-Kritiker und –Entlarver Deutschlands. Seit einigen Jahren wenden Sie sich dem Genderismus zu, also der Theorie, die grundsätzlich besagt, dass das Geschlecht eines Menschen anerzogen sei und dass es sogar wesentlich mehr Geschlechter als zwei gäbe. Was kritisieren Sie an dieser Auffassung?

Ulrich Kutschera: Zunächst sei festgehalten, dass ich seit 2009, als mein Bestseller Tatsache Evolution- Was Darwin nicht wissen konnte, in den Buchhandlungen lag, von Bürgern und Journalisten gebeten wurde, mich nicht nur mit dem Kreationismus, kritisch zu befassen, da es etwas viel Wichtigeres gäbe- die Gendertheorie. Ich forderte dann Schriften aus dieser mir damals noch fremden Gender-Szene an und war schockiert-ein anti-biowissenschaftlicher Abgrund tat sich vor mir auf, den ich zunächst ignorierte. Erst 2015, auf dem AAAS*-Meeting in San Jose, Kalifornien, wurde von Fachbiologen beschlossen, den Genderismus, wie den christlichen Fundamentalismus, aufzugreifen und inhaltlich zu widerlegen. Als Entdecker des Homosex (Eigen- Kopulation mit Selbstbefruchtung) bei gewissen zwittrigen Ringelwürmern, die wichtige Modellorganismen in der Evolutionsforschung sind, brachte ich dann meine Fachkompetenz ein – in einem Fachbuch. Das Gender-Paradoxon ist meine General-Abrechnung mit diesem pseudowissenschaftlichen Gedankenkonstrukt. Inhaltsleere, destruktive Feministen-Propaganda ohne Substanz.

*American Association for the Advancement of Science (weltweit größte wissenschaftliche Gesellschaft)

A. Göhring: Einige Ihrer Wortmeldungen und Interviews zum Thema Gender haben es zu einiger Bekanntheit gebracht und damit die Wut von Gendertheoretikern auf sich gezogen. Vor kurzem haben Sie sich auf der katholischen Internetseite kath.net zum Thema „Ehe für alle“, dass Kanzlerin Merkel vor der Sommerpause noch schnell durch den Bundestag boxte, geäußert. Daraufhin kommentierte sogar der hessische Wissenschaftsminister negativ, und der rebellische Studentenauschuß (Asta) in Kassel forderte von der Unileitung rechtliche Konsequenzen.

Ulrich Kutschera: Das Verhalten des Kasseler Asta enttäuscht mich sehr. Kritik an meinen Thesen ist ausdrücklich erwünscht, aber bitte auf sachlicher Ebene. Alle meine kath.net- Aussagen zur Ehe für alle sind durch solide biowissenschaftliche Fakten abgesichert, ich habe keine Zeile zurückzunehmen – allerdings wendet sich das Interview an gebildete Bürger, die mit den Inhalten des Gender-Paradoxons vertraut sind. Begriffe wie Gonochoristen, Hermaphroditen, Unterscheidung Sex-Erotik, Chromosomenanomalien usw., werden vorausgesetzt, ebenso wie mein Kapitel zu den biologischen Ursachen der Homoerotik. Bio-naive Leser missverstehen leider einige Passagen, da sie die von mir verwendeten Begriffe nicht kennen, aber diese Bildungslücke ist nicht mir anzulasten, s. meine zahlreichen Lehr- und Fachbücher. Statt mich zu einer öffentlichen Diskussion einzuladen, wo der Asta mich dann gerne widerlegen kann, verpetzt man den „Bio-Bösewicht“ bei der Hochschulleitung, nach dem typisch deutschen Motto „Ich sag es aber Deiner Mama“. So verhalten sich Kleinkinder und politische Intriganten, aber keine angehenden Bildungsbürger. Was sollen das mal für Lehrer werden, die zu feige sind, ihren Standpunkt in einer öffentlichen Diskussion darzulegen?

A. Göhring: Nicht nur in Europa, sondern seit längerer Zeit wird in den USA beklagt, dass Weltanschauungen wie der Genderismus das Recht auf freie Meinungsäußerung untergraben. Was denken Sie, was müsste sich in an den Universitäten des Westens ändern?

Ulrich Kutschera: Da ich meine wichtigsten biowissenschaftlichen Leistungen, wie auch wesentliche Schritte meiner akademischen Laufbahn, in den USA oder in Kooperation mit US-Kollegen erbracht habe, bin ich ein Anhänger des US-Fairnessprinzips, verbunden mit dem Grundsatz der Eigenverantwortung. Die Unterwanderung der Meinungsfreiheit in Deutschland, wie auch das vorpubertäre Verhalten vieler Studenten, das überzogene Anspruchsdenken an den Vater Staat, usw. resultieren aus dem sorgenlosen Vor-sich-hinleben-Können. Als Arme-Leute-Kind musste ich mir im Leben alles erarbeiten, das fehlt heute oft, und dann kommt das dabei heraus, was die zum eigenständigen Denken Fähigen zu Recht reklamieren.

A. Göhring: Man wirft Ihnen Rassismus und Homophobie vor, was sagen Sie dazu?

Ulrich Kutschera: Das ist so absurd wie der Vorwurf, ich sei Kreationist und Mitglied der kalifornischen Flat Earth Society – beim oberflächlichen Überfliegen des kath.net-Interviews kann ein homophober Eindruck entstehen – liest man die Aussagen genau und denkt darüber nach, auf dem Hintergrund der Fakten des Gender-Paradoxons, so sollte jeder gebildete Leser meine Aussagen verstehen – daher habe ich auch unter den 75 Zuschriften nur zwei negative erhalten, 98 % waren positiv. Als Atheist kann ich mit mittelalterlich-religiösen Anti-Homo-Thesen nichts anfangen. In meinem kalifornischen Kollegenkreis kooperiere ich mit US-Biologen, die homoerotisch veranlagt sind- das sind die besten und zuverlässigsten Männer, die ich unter Fachbiologen mit internationaler Expertise kenne. Ich bin keineswegs homophob, schon deshalb nicht, weil meine Aufklärungsagenda zu den biologischen Wurzeln dieser inversen erotischen Polung der Verfolgung „homosexueller“ Männer und Frauen entgegenwirkt- nur Aufklärung schafft Klarheit und somit Freiheit. Das Thema „Rassismus“ habe ich im Gender-Paradoxon abgehandelt.

A. Göhring: Eine etwas tiefschürfendere Frage an den Evolutionstheoretiker: Die evolutionäre Psychologie erklärt einige typisch menschliche Verhaltensweisen sehr gut. Gilt das auch für Ideologien, wie zum Beispiel der Genderismus?

Ulrich Kutschera: Pseudowissenschaftliche Ideologien, wie der Genderismus, der Kreationismus, aber auch die Homöopathie haben, wie Religionen, auf die Mehrheit der Menschen eine magische Anziehungskraft. Damit können Menschen zusammengebracht werden, es bilden sich sektenartige Vereinigungen, man glaubt und schaltet dabei das Denken aus – große Führer der Weltgeschichte haben die suggestive Kraft von Geheimlehren, so absurd wie sie auch waren, unter ihr Volk gebracht, und damit ihre Ziele vorangetrieben, meist zum Nachteil ihrer devoten Nachbeter. Bei der Gender-Ideologie geht es aber auch um viel Geld, John Money, der Urvater dieser sozialkonstruktivistischen Geschlechter-Irrlehre, hatte schon den richtigen Nachnamen…..

A. Göhring: Abschließend noch eine Frage zu Ihrem Verhältnis zu Religionen: Sie sind erklärter Atheist, geben aber wie oben erwähnt auch sehr katholischen Seiten Interviews. Warum haben Sie da keine Berührungsängste?

Ulrich Kutschera: Das Christentum hat die Aufklärung hinter sich, d.h. vernünftige Gläubige nehmen die Bibelpassagen zur Entstehung der Erde und der Lebewesen selbstverständlich nicht mehr wörtlich. Da ich den christlichen Glauben als Lebenshilfe respektiere und mit Katholiken sehr gute Erfahrungen gemacht habe, bin ich diesbezüglich offen und tolerant. Das ist doch vorbildlich – kath.net hat wiederholt meine Widerlegungen des Kreationismus als atheistische Interpretation der Welt „verteufelt“, was ich aus deren Sicht verstehen kann – dennoch kooperieren wir vertrauensvoll und mit Respekt, so sollte eine lebendige Demokratie funktionieren!

A. Göhring: Herr Professor, wir danken für das Gespräch.

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Internetauftritte von Prof. Kutschera:

www.uni-kassel.de/fb10/institute/biologie/fachgebiete/pflanzenphysiologie

www.evolutionsbiologen.de

www.evolutionslehrbuch.com

www.youtube.com/user/evolutionsbiologenDE

www.hirudinea-lamarck1818.com

Vortrag in Braunschweig zum Buch Das Gender-Paradoxon: https://www.youtube.com/watch?v=l1kso6dUwbE

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David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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