Wir dokumentieren hier den Offenen Brief von PP-Autor Adam Elnakhal an den Präsidenten des Deutschen Bundestages Norbert Lammert (CDU)
Herr Lammert,
am Freitag, den 30.06. hielt die fraktionslose Abgeordnete Erika Steinbach ihre letzte Rede im Deutschen Bundestag, dem sie seit Ende 1990 und damit fast stolze 27 Jahre angehört. Seit ihrem Parteiaustritt im Januar ist die 73-jährige Frankfurterin als Einzelkämpferin unterwegs. Ihr Büro musste für die restliche Zeit der im Herbst ablaufenden Legislaturperiode umziehen, weil man in diesen Dingen im Bundestag – im Gegensatz zu Grundgesetzfragen – auf jeden einzelnen Paragraphen pocht. Immer schön korrekt bleiben, lautet da der Grundsatz.
Ihr Stuhl im Plenum wurde gänzlich im Abseits hinter der allerletzen Reihe platziert. So behandelt man wohl Aussätzige in einer modernen parlamentarischen Demokratie.
Es ist ein Stück Mittelalter in der Postmoderne – wohlgemerkt in Ihrem Verantwortungsbereich! In jedem anderen Betrieb wäre von ‚Mobbing‘ die Rede. Aber so etwas gibt es ja im Hohen Hause nicht.
Am Freitagmorgen erlaubte sich Ihre ehemalige Parteifreundin in ihrer letzten Rede die Bundeskanzlerin für ihre Ignoranz gegenüber dem Grundsatzprogramm der CDU und der Ignoranz gegenüber dem Grundgesetz zu kritisieren. Als Zeichen der demokratischen Toleranz im Hohen Haus erhielt Frau Steinbach während ihrer Rede immer wieder Pfiffe und Zwischenrufe.
In dem Moment als Steinbach darauf hinwies, dass dies ihre letzte Rede sei, klatschten viele Abgeordnete im linken Lager hasserfüllt und man fragt sich, wo der letzte Funken Anstand in diesem Deutschland geblieben ist.
Sie, Herr Lammert, hat diese eindeutige Respektlosigkeit als Präsidenten, als Christ(?)demokrat(?) und Katholiken(…) offenbar nicht gestört. Sonst betonen Sie doch immer gerne die Würde des Parlamentes. Offenbar können Sie Kritik an Ihrer Parteivorsitzenden nicht gut vertragen.
Wer die Bundeskönigin kritisiert, der hat in Ihren Augen wohl jeglichen Respekt nicht mehr verdient.
Wie sonst ist dann Ihre arrogante (sinnleere und floskelhafte) Lehrminute im Anschluss an die Rede von Frau Steinbach zu verstehen?
Nachdem Frau Steinbach ihren Redebeitrag mit den sehr eindringlichen und appellierenden Worten
„Unsere parlamentarische Demokratie bedarf dringend der Wachsamkeit.“
geschlossen hat, konnten Sie das nicht einfach so stehen lassen. Nein, Sie mussten in einem sehr entlarvenden Art und Weise zeigen, dass Sie der Chef des Hauses sind und eine versierte Abgeordnete mit mehr als einem Vierteljahrhundert parlamentarischer Erfahrung lehrerhaften – und vor allem auch lachhaften – Unterricht zur Gewissensfreiheit der Abgeordneten erteilen.
Damit unterstellten Sie Frau Steinbach, dass sie die Gewissensfreiheit der Abgeordneten in Frage gestellt hat. Das hat sie zu keinem Zeitpunkt. Es ist Ihr Parteimann Kauder, der diese missachtet. Vielleicht sollten Sie besser ihm Ihren öffentlichen Nachhilfeunterricht angedeihen lassen
Als Frau Steinbach auf Ihre Parolen antworten wollte, verweigerten Sie ihr das Wort in einem ebenfalls aggressiven, herablassenden Tonfall, der für alle Zeit auf YouTube verfolgt werden kann und Ihren wahren Charakter offenbart.
Sie wollten der unangepassten Steinbach den Abgang nochmal so richtig madig machen.
Ihr aggressives, respektloses und unanständiges Verhalten ekelt mich in einer Art und Weise an, die ich hier gar nicht weiter ausführen mag.
Ja, ich bin überzeugt Herr Lammert: Sie hätten in so mancher Diktatur eine steile Karriere hingelegt. Für den ihren Posten hätten Sie wichtige Eigenschaften mitgebracht: Gefühlskälte ist die wichtigste. Eine weitere Eigenschaft ist die Systemkonformität und die Intoleranz gegenüber Kritikern und sog. Verrätern.
Mit Ihrem Verhalten am Freitag haben Sie dem Ansehen des Deutschen Bundestages, dem zweithöchsten Amt der Bundesrepublik (Präsident des Deutschen Bundestages) und der demokratischen Streitkultur in diesem (eigentlich) freiheitlichen Staat schweren Schaden zugefügt.
Wer als Einzelkämpferin Zustände und Missstände kritisiert, bekommt öffentlich den unverblümten Hass zu spüren.
Dass Sie dabei federführend mitwirken, ist seit dem 30. Juni offensichtlich. Sie haben die Katze aus dem Sack gelassen und ungeniert offen gelegt, dass Sie zu einem Mindestmaß an Empathie nicht fähig oder nicht gewillt sind.
Aber das Gute ist, Herr Lammert: Als katholische Christen glauben wir ja beide, dass es einst ewige Gerechtigkeit geben wird und wir dann vor unseren Richter treten werden.
Ich dachte, dass es an dieser Stelle einmal sinnvoll ist, daran zu erinnern. Unter guten Demokraten und praktizierenden Katholiken!
Adam Elnakhal
(Witten, den 1. Juli 2017)
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