Gastbeitrag von Meinrad Müller
Uns Kindern wurde 1956 beigebracht, „Vergelt’s Gott“ zu sagen. Das Wort „Danke“ lernten wir erst in der Schule. Und in einem Gebet hieß es: „Vergilt, o Herr, was ich nicht kann – das Gute, das andere mir getan haben.“ Das alte Wort „vergelten“ bedeutet erwidern, im Guten wie im Bösen; im negativen Sinn auch heimzahlen.
Die Überschrift „… und tu Dir selbst Gutes“ ist eine leise Anleitung. Wer dankt, befördert sich selbst, nicht nach oben, sondern nach innen. Dank ordnet den Blick und sammelt die Aufmerksamkeit. Er beginnt dort, wo ein kleiner Augenblick nicht vorbeirauscht, sondern bewusst erlebt und konkret gewürdigt wird. Erst dann hat ein „Ich danke Ihnen“ Gewicht, denn es ist begründet und trägt.
Die Dank-Sparkasse?
Dank bedeutet geben, jedoch kein Geld und keine Gefälligkeit auf Vorschuss, sondern ein wohlbedachtes Wort. Dieses Wort sagt: Ich habe gesehen, was Sie getan haben, und ich erkenne es an. Es stammt aus einer inneren Schatzkammer, in der sinnbildlich „verbale Dankesmünzen“ liegen. Das Erstaunliche: Wer davon austeilt, verarmt nicht; der Vorrat wächst nach. Nach jedem ehrlich gesprochenen Dank stellt sich ein kleines Plus an Ruhe, Klarheit und Heiterkeit ein. Man erlebt sich nicht mehr nur als Nehmender, sondern als jemand, der etwas zu geben hat und genau daraus erwächst die Lust, Gutes auszuteilen. Die Zinsen dieser Schatzkammer fallen beim Geben an, nicht beim Behalten.
Damit dieses Geben echt bleibt, braucht es eine schlichte Dreigliedrigkeit im Kopf: zuerst das Sehen, das den Moment aus dem Rauschen holt, dann das Würdigen, das prüft, ob Mühe im Spiel war, schließlich das Benennen, das den Dank konkret macht. Ein Satz in zwei Hälften genügt: wofür und mit welcher Wirkung. „Ich sehe, was Sie für mich getan haben; damit haben Sie mir sehr geholfen.“ Damit würdigen Sie die Mühe. Mehr braucht es nicht. Bloße Floskeln abrt verraten inneren Mangel, Präzision zeigt Fülle.
Dank verändert das Miteinander.
Mit Vertrauen sinkt die Reibung, und wo Reibung sinkt, steigt der Zusammenhalt, spürbar in der Familie, im kleinen Team ebenso wie im großen Haus. Es gibt Orte, an denen die Wirkung von Dank hörbar wird. Kirchenlieder sind Beispiele für zelebrierten Dank. Dort ist er fest verankert, nicht als Zierde, sondern als Übung.
Der gesungene Dank richtet den Blick dorthin, wo unser Verstand nicht mehr alles erklären kann. Viele Stimmen singen gleichzeitig, die Gemeinschaft bekräftigt den Einzelnen, und der Einzelne stärkt die Gemeinschaft. Man spürt Entlastung, man legt die Sorgen für einen Moment zur Seite, in dem das Danken in den Mittelpunkt rückt. Das Gefühl, das wir als Dankende empfinden, wird zum Lohn.
Danke für diesen Morgen, danke für diesen Blog
Der Bogen reicht bis in den digitalen Alltag. Leser nicken zuweilen still vor dem Bildschirm; ihnen fehlt oft nur noch der kleine Schritt vom Einverständnis zur geäußerten Anerkennung. Ein Knopfdruck kann Anerkennung signalisieren. Wirkliches Gewicht entsteht jedoch erst durch ein Wort. Ein kurzer, konkreter Satz als Kommentar, der Tat und Wirkung nennt, ist eine solche Dankesmünze. Er lässt den Autor gesehen sein und macht den Leser zum Mitwirkenden. Sichtbar ausgesprochene Anerkennung hellt das Klima auf, denn sie macht Mühe und Beitrag kenntlich.
Dank und Konflikt schließen einander nicht aus. Man kann klar widersprechen, hart verhandeln und entschieden korrigieren und anschließend dafür danken, dass das Gegenüber die Auseinandersetzung möglich gemacht hat. Diese Reihenfolge nimmt dem Streit Gift, ohne ihm Schärfe zu rauben, und hält Beziehungen arbeitsfähig.
Dank macht gebefreudig, wir dürfen Gutes tun. Dank lässt uns wachsen und füllt die innere Schatzkammer im Gebrauch. Wir werden als dankbare Wesen wahrgenommen; das hebt uns aus der trögen Masse.
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Addendum (DB): Danke an alle Unterstützer von PP

In diesem Sinne möchte ich hier allen meinen Unterstützern von ganzem Herzen danken! Das gilt für all jene, die dies mit Worten oder durch Verteilen der Beiträge tun, aber selbstverständlich auch all jenen, die diesen Blog die letzten 10 Jahre durch alle Tiefen und Höhen hindurch am Leben erhalten haben. Im Namen aller Leser des Blogs möchte ich mich bei ihnen hier ausdrücklich bedanken!
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