Russland wird vorgeworfen, Zehntausende ukrainische Kinder entführt haben,. Doch Verhandlungen in Istanbul enthüllten eine Liste mit 339 vermissten Kindern. Gastbeitrag von Thomas Oysmüller.
Westliche Medien und Politiker behaupten seit Jahren, Russland habe seit Beginn des Angriffs auf die Ukraine Zehntausende Kinder entführt, „russifiziert“ und ihrer Identität beraubt. Aufgrund dieser Vorwürfe erließ der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) einen Haftbefehl gegen Wladimir Putin. Diese Geschichte brach jedoch bei der Verhandlungsrunde am Montag in Istanbul in sich zusammen.
Realität und Propaganda
Mitte April erklärte die Bilderbergerin und österreichische Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS):
„Tausende ukrainische Kinder sind noch immer verschwunden – verschleppt von Russland, getrennt von ihren Familien, ihrer Heimat und Identität. Sie wurden in entlegene russische Regionen gebracht, zur Adoption freigegeben oder in Institutionen gesteckt – weit weg von allem, was sie kannten. Ein systematischer Versuch, ihre Herkunft auszulöschen. Die Rückkehr aller nach Russland entführten ukrainischen Kinder muss Teil des Friedensprozesses sein. Ohne sie kann es keinen gerechten, dauerhaften Frieden geben.“
Selbst die ukrainische Delegation sah dies am Montag aber anders. Die NachDenkSeiten vergleichen in einem aktuellen Artikel die Realität mit der westlichen Kriegspropaganda, die durch die Verhandlungen offengelegt wurde.
Beide Seiten tauschten Memoranden mit Bedingungen für einen Friedensschluss aus – beide stellten dabei beträchtliche Maximalforderungen. Die Ukraine übergab zudem eine Liste mit 339 vermissten Kindern – eine Zahl, die weit unter den im Westen kolportierten „Zehntausenden“ oder – laut Meinl-Reisinger – „Tausenden“ liegt.
Politiker wie Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) verstärkten die Narrative, sprachen von Tausenden entführten Kindern und einer „hohen Dunkelziffer“, ohne stichhaltige Beweise. Sogar das Rote Kreuz wurde beschuldigt, mit Russland zu kollaborieren.
Warum übergab die Ukraine also nur eine Liste mit 339 Kindern?
Diese Vorwürfe kulminierten im Haftbefehl des IStGH gegen Putin und die russische Kinderbeauftragte Marija Lwowa-Belowa. Die Ukraine hätte Belege vorlegen können, doch offenbar gibt es diese nicht. Die russische Seite erklärt hingegen, dass die 339 Kinder „aus Sicherheitsgründen“ aus dem Kriegsgebiet evakuiert wurden. Diese Praxis wende auch die Ukraine an. Zum Glück. Das deutsche Bundeskriminalamt fand zudem 161 angeblich „entführte“ Kinder in Deutschland, die meist mit ihren Eltern eingereist waren.
Die NachDenkSeiten fassen zusammen:
Die Affäre zeigt ein Muster. Falschinformationen werden in Deutschland verbreitet, ohne dass Politiker oder Medien Konsequenzen fürchten müssen. Anstatt Aufarbeitung zu betreiben, wird die Geschichte vermutlich bald durch neue Desinformationskampagnen ersetzt. Dies untergräbt demokratische Prinzipien, da Verantwortlichkeit fehlt. Figuren wie Göring-Eckardt oder Strack-Zimmermann stehen bereit, neue Narrative zu verbreiten, während die Wahrheit auf der Strecke bleibt.
Über die relativ kurze Liste erfährt man tatsächlich nichts. Weder die Staatsmedien, noch die Außenministerin, relativieren ihren Vorwurf, den sie seit Jahren ständig wiederholen.
Ersterscheinung bei tkp.at.