Die Milliarden für die Aufrüstung landen in den Taschen der Finanzindustrie. Ein Gastbeitrag von Frank W. Haubold.
Es ist wieder Märchenstunde in Deutschland und Europa, präziser ausgedrückt: Schauermärchenstunde. Die Kernbotschaft lautet: Die Ukraine verteidigt die Freiheit Europas und wenn sie verliert oder in einen „Diktatfrieden“ gezwungen wird, stehen die Russen demnächst wieder vor dem Brandenburger Tor. Nein, das ist kein Scherz, denn dieses Szenario wurde erst unlängst von der fähigsten Außenministerin seit Comical Ali, Annanlena Baerbock, zum Besten gegeben.
Nun ziemt es sich nicht, sich über eine Dame lustig zu machen, die sicherlich ihr Bestes tut (es sich mit allen drei Großmächten zu verscherzen, war zweifellos kein einfaches Unterfangen), ohne ihre These wenigstens auf ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen. Was müssten Putin und seine Heerscharen unternehmen, um im beschaulichen Brandenburg fette Beute zu machen?
Zunächst einmal müssten sie den Rest der Ukraine erobern, was beim bisherigen Tempo des Vormarschs mehrere Jahre und horrende Verluste kosten würde, abgesehen von einer anders als im Donbass durchaus feindlich gesinnten örtlichen Bevölkerung und der entsprechenden Partisanentätigkeit.
Die eigentlichen Schwierigkeiten begännen allerdings erst danach, denn Polen ist einer der hochgerüstetsten Anrainerstaaten und zudem NATO-Mitglied. Ein Angriff auf Polen würde also den Bündnisfall und damit eine direkte Konfrontation mit sämtlichen NATO-Staaten einschließlich den USA. Selbst, wenn die russischen Streitkräfte jenen der NATO auf konventionellem Gebiet überlegen wären (was sie nicht sind, wie der Ukrainekonflikt beweist), wäre die NATO nach eigener Doktrin berechtigt, zumindest taktische Atomwaffen einzusetzen, um den russischen Vormarsch aufzuhalten. Putin mag aus westlicher Sicht ein finsterer Schurke sein, aber er ist gewiss kein Narr, zumal er dabei absolut nichts zu gewinnen hätte. Bodenschätze hat Russland selbst genug, und nichts, was Polen oder erst recht Deutschland besitzen, wäre das Risiko der eigenen Vernichtung wert.
Was da also derzeit von fast sämtlichen Politikern und angeschlossenen Medien verbreitet wird, ist demagogischer Unfug, wird aber dennoch von breiten Bevölkerungskreisen geglaubt, was mich zuweilen an der Urteilsfähigkeit und dem Geschichtsverständnis meiner Landsleute zweifeln lässt.
Nun stellt sich die Frage, weshalb der politmediale Komplex diese an den Haaren herbeigezogene Schauergeschichte, für die es zudem keinerlei belastbare Indizien gibt, verbreiten lässt. Dass man selbst an die Gefahr aus dem Osten glaubt, halte ich außer bei Geistesriesen vom Schlage Anton Hofreiter oder Roderich Kiesewetter für weitgehend ausgeschlossen. Also müssen es andere Gründe sein und das sind in nach aller Erfahrung zumeist finanzielle.
Das „Sondervermögen“ (so nennt man Schulden, die man aus verschiedenen Gründen nicht als Schulden ausweisen möchte) von 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung der Bundeswehr aus dem Jahr 2022 ist aufgebraucht und nun möchte man gern weitere 400 Milliarden Euro Schulden für die Bundeswehr und die militärische Unterstützung der Ukraine beschließen. Damit es keinen Aufschrei des getäuschten Wählers gibt, braucht man ein entsprechendes Bedrohungszenario und der Iwan vor den Toren zieht zumindest im Westen unseres schönen Landes beim Bürger immer noch.
Was man ihm tunlichst verschweigt, ist, in wessen Taschen seine Steuergelder und die seiner Kinder und Kindeskinder hauptsächlich landen. „Sicher bei der einheimischen Rüstungsindustrie“, wird der eine oder andere vermuten. „Das schafft dann sogar noch Arbeitsplätze und Steuereinnahmen.“
Das ist nicht ganz falsch, wenn man davon absieht, dass Konzerne wie „Rheinmetall“ eigentlich nur noch auf dem Papier deutsch sind, denn die Anteilseigner sitzen zu einem nicht geringen Teil im Ausland, vornehmlich den USA. So befinden sich 66 Prozent der Aktien im Besitz von institutionellen Anlegern und 37 Prozent mit Sitz in den USA (Stand 2023). Die sieben größten Anteilseigner lesen sich wie ein Who is Who der Finanzindustrie: Capital Group, Wellington, Vanguard, Fidelity. Der Aktienkurs von Rheinmetall stieg nach Bekanntwerden des Multimilliardenpakets von 700 auf 1.200 Euro um satte 63 Prozent und erhöhte den Börsenwert des Unternehmens um 20 Milliarden Euro.
Zudem wird der Rüstungsmarkt von US-Firmen dominiert. So orderte das Verteidigungsministerium 35 Kampfjets vom Typ F-35A für 8,3 Milliarden Euro beim US-Hersteller Lockheed Martin. Größte Anteilseigner: State Street, Vanguard, BlackRock…
Wo mit Waffen Geld verdient wird, darf natürlich auch Großbritannien als einer der militantesten Gegner eines Friedensabkommens in der Ukraine nicht fehlen. So stieg der Aktienkurs von BAE Systems in den letzten Wochen in Erwartung des Geldregens aus Brüssel und Berlin von 16 auf knapp 20 Euro, was einer Erhöhung des Börsenwerts um etwa 12 Milliarden Euro entspricht. Größte Anteilseigner: American Funds, Vanguard, First Eagle…
Die Nutznießer des größten Rüstungspakets der deutschen und europäischen Geschichte sind also in der Hauptsache angloamerikanische Investmentgesellschaften, was auch den Eifer von Politikern wie Ursula von der Leyen oder Friedrich Merz erklärt, diesen Raubzug zu Lasten künftiger Generationen so schnell wie möglich umzusetzen.
Die Sozialdemokraten wurden dabei mit einem 500 Milliarden Investitionspaket geködert (natürlich ebenso auf der Basis neuer Schulden), was ihnen u. a. die Möglichkeit gibt, die mit ihnen eng, mitunter sogar familiär verbundenen NGOs auch weiterhin mit dem Millionensummen aus dem Haushalt zu alimentieren.
Den Preis für all diese Machenschaften bezahlen die Bürger unseres Landes, nicht nur mit einem um fast eine Billion Euro angewachsenen Schuldenberg, sondern auch mit erhöhter Kriegsgefahr, denn die Aufrechterhaltung des fiktiven Bedrohungsszenarios erfordert natürlich auch, ein Friedensabkommen im Ukrainekonflikt mit allen Mitteln zu torpedieren bis hin zu einer möglichen Eskalation durch Taurus-Lieferungen an Kiew. Ex-NATO-General Kujat warnte unlängst eindringlich, dass dies einem Kriegseintritt der NATO und Deutschlands gleichkäme: „Es ist nicht nur eine Frage der Inkompetenz oder der Ideologie oder der Ignoranz. Es ist im Grunde auch eine sträfliche Verantwortungslosigkeit gegenüber der Sicherheit der eigenen Bevölkerung, des eigenen Landes.”
Aber Herr Merz hat ja bekanntlich keine Angst vor einem Atomkrieg…
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