Die Wahl ist vorbei, und die USA zeigen sich zerrissener denn je. Die politische Jagd hat ein Ende, doch die Wut entlädt sich in bitteren Anschuldigungen. Im bekannten amerikanischen Blog „The View“ wird der Wahlausgang heiß diskutiert, und besonders Trumps weibliche Wähler stehen heftig in der Kritik. Gastbeitrag von Meinrad Müller.
In den USA wird Trumps Sieg als Symbol einer tiefen Spaltung gesehen. Einige prominente Stimmen im Blog geben weißen Frauen die Schuld – als hätten sie das Land verraten, nur weil sie nicht für die Demokraten gestimmt haben. Anstatt zu hinterfragen, warum Trump bei diesen Frauen Zuspruch findet, schürt man Abneigung gegen sie und ihre Werte: Familie, Freiheit, über das eigene Leben selbst zu bestimmen, und eine Arbeitswelt ohne Bevormundung. Für diese Linken gelten diese Werte inzwischen als rückständig.
Ein tiefer Graben zwischen den Gruppen
Die Kritik trifft aber nicht nur die Wählerinnen selbst, sondern auch ihre Lebensweise. Die Stimmen aus dem Blog zeichnen ein Bild der amerikanischen Gesellschaft als einen „modernen Kulturkampf“. Auf der einen Seite stehen die gebildeten Städter, die sich als Kämpfer für Vielfalt sehen. Auf der anderen Seite sind die einfachen Menschen, die auf dem Land leben. Sie arbeiten hart und wollen keine Belehrungen aus der Stadt. Statt auf die Wähler einzugehen, stempelt man sie als „dumm“ und „ungebildet“ ab. Der Graben wird dadurch immer tiefer.
Manche Kommentatoren bezeichnen diese Wahl als Kampf um das, was Amerika ausmacht. Doch was als „kultureller Kampf“ beschrieben wird, bedeutet für viele Amerikaner einfach nur, in Ruhe gelassen zu werden und selbstbestimmt zu leben. Sie wollen nicht, dass ihre Werte von oben herab bewertet werden. Das, was die Kritiker als „kulturelles Selbstverständnis“ sehen, wirkt für diese Menschen wie ein aufgezwungenes Konstrukt, das ihre traditionelle Lebensweise verurteilt und als rückständig abstempelt. Dazu zähle die Wahl Trumps.
Dieser Kulturkampf verdient eher das Label „Unkultur“. Ihn frühzeitig zu erkennen, erlaubt uns, uns dagegen zu wehren – in Gedanken, Worten und Werken.