Der Schlaf des Gerechten, den wir so lieben, wird sich gegen uns wenden. Ziehen wir weiter die Decke über den Kopf und diesen in den Sand, so sind wir nichts weiter als unmündige Kinder, die ihrer Rettung bedürftig, wieder nach einer starken sozialistischen Hand rufen werden. Unter dem spukhaften Grauschleier einer angeblich „sozialen Gerechtigkeit“ erduldeten wir ein drittes Mal persönliches Elend, noch festere Maulkörbe und verlogene Unterwürfigkeit. Ein Gastbeitrag von Meinrad Müller
Jeder weiß, wie sich guter Schlaf auf unsere körperliche und geistige Gesundheit auswirkt. Was liegt also näher, als dass wir uns ein „gutes Nächtle“ wünschen. Der Wünschende und der oder die so Angesprochene erhöhen willentlich oder unbewusst das Wohlbefinden in den Stunden des „halben Bruder des Todes“, wie der Schlaf in der Literaturgeschichte immer wieder genannt wird.
Wehr- und schutzlos auf unserem Lager liegend, jedem Angreifer geradezu ausgeliefert, vertrauen wir darauf, dass die Tür unseres Hauses standhält, der Hofhund rechtzeitig bellt und uns aufweckt, sollte ein Dieb in der Nacht sich nähern.
Schutz bei Nacht, damals und heute
Schützend, so glauben wir, hielte auch Vater Staat seine starken Arme über uns. Wir vertrauen darauf, dass Teile des teuer finanzierten Staatsapparates Tag und Nacht Gewehr bei Fuß Wache stehen, sei es, um uns vor Hochwassern, Invasionen jeder Art, Stromabschaltung oder Raketenbeschuss zu warnen. Doch dieser nicht religiöse Glaube trügt. Väterchen/Mütterchen Staat jedoch schläft, trunken vom medial gekochten Süppchen der Vielfalt und sozialistischen Gleichmacherei. Untertanen gleich dumm und gleich arm zu machen ist wesentlich leichter zu erreichen, als alle klug und reich werden zu lassen.
Eine Legende aus dem alten Rom weiß, dass die als „Hofhunde“ gehaltenen Gänse rechtzeitig mit lautem Geschnatter vor dem nächtlichen Angriff der Gallier warnten. Frühwarnsysteme, wie eben dieses aus der Antike, scheinen heute zu fehlen. Die Sensibilität, eigentlich ein Urinstinkt, der uns vor Gefahren warnen sollte, wurde uns abtrainiert. Friede, Freude, Eierkuchen allenthalben – und so fallen wir parallel zu den Raketen aus allen Wolken und landen auf dem harten Granit der Wirklichkeit. Wir frieren nicht für den Frieden, sondern weil andere unsere Daunendecke während unserer schläfrigen Dusseligkeit weggezogen haben.
Wir wehrten uns nicht einmal, wir waren „allzeit bereit“ es mit uns geschehen zu lassen. Wir wollten nicht selbst denken, weder geradeaus noch eigennützig und quer schon gar nicht. Jetzt aufgewacht, weigern wir uns, eigene Feigheiten einzugestehen und jubeln den Verführern weiterhin zu. Von der Klippe springende Lemminge ertrinken und sind auf gleiche Weise tot. Sozialistische Gleichheit erreicht, Fünfjahresplan gelungen.
Denker der Gegenwart und Geschichte
Michael Klonowsky fasst es so zusammen:
„Moderne Gesellschaften sind wie Schafherden, die von Journalisten umbellt werden“. Wer Gelegenheit hat, eine tausendköpfige Schafherde zu beobachten, der staunt dabei, wie es nur zwei Hütehunden gelingt, diese in Schach halten und in eine vom Schäfer gewollte Richtung treiben können. Nichts Mystisches tritt hier zutage, sondern Erfahrungswissen.
Die uns selbst Angst und Schrecken einjagenden Hunde verstecken sich heute hinter dicken Lettern, tückischen Texten und hinter Bildschirmen, die wie der Verkehr einer Einbahnstraße uns bedrängen und keinen Widerspruch zulassen. Notfalls, wenn das Volk aufmüpfig wird, werden die Leserbriefspalten respektive die Kommentarbereiche einfach geschlossen. Maulhalten ist Gebot der Stunde. Auch die Schafe widersprechen den Hunden nicht.
Wir schlafen stehend mit offenen Augen
Dieses Verhalten nur uns Menschen der Jetztzeit anzulasten, wäre übertrieben. Es war schon immer so möchte man sagen, wenn wir nur einen Blick auf Johann Wolfgang von Goethe werfen, der dies so zusammenfasst:
Und wie wir eben Menschen sind, // wir schlafen sämtlich auf Vulkanen. (Quelle: Goethe, J. W., Gedichte. Ausgabe letzter Hand, 1827. Zahme Xenien 3)
Die Zahl der Vulkane, auf denen wir derzeit sitzen, ist zahlreich. Außenpolitik wird von Völkerballspielerinnen betrieben, Wirtschaftspolitik von einem Märchenonkel und Landwirtschaft von einem Vegetarier. Beim Kriegsministerium wollen wir gar nicht erst beginnen.
Aus der Geschichte lernen
Alfred Kerr, 1867-1948, jüdischer Schriftsteller und Theaterkritiker, floh gerade noch rechtzeitig nach London, um den Sozialisten, den nationalen, von 1933 zu entgehen. Aus seinem Werk „Liebes Deutschland, Gedichte“ (Seite 256, Originalschreibweise) entstanden im Exil, sei an diese Zeilen erinnert.
Sie zerren ohne Gnade
das Hungervolk zur Parade.
Das Geld der Ärmsten wird verjuxt
(Denn wir sind streng sozial)
Und wer da murrt, und wer da muckst,
Liege bald im Hospital;
Bleibt hier zu seinem Schutz in Haft,
Massiert, bis ihm die Birne klafft,
Zerwalkt, gefoltert und gekillt,
Dass reichlich rote Suppe quillt –
Doch rein ist unser Ehrenschild.
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Der Schlaf des Gerechten, den wir so lieben, wird sich gegen uns wenden. Ziehen wir weiter die Decke über den Kopf und diesen in den Sand, so sind wir nichts weiter als unmündige Kinder, die ihrer Rettung bedürftig, wieder nach einer starken sozialistischen Hand rufen werden. Unter dem spukhaften Grauschleier einer angeblich „sozialen Gerechtigkeit“ erduldeten wir ein drittes Mal persönliches Elend, noch festere Maulkörbe und verlogene Unterwürfigkeit.
Dann wäre Schluss mit Deutschland, ein drittes finis germaniae (Ende Deutschlands) überlebten wir nicht, es wöge schwer wie ein Mahlstein in künftigen Geschichtsbüchern.