Sonntag, 8. Dezember 2024

China: kauft Europa auf

Seit mehr als einem Jahrzehnt kauft China heimlich europäische Unternehmen in strategischen Sektoren auf, insbesondere in den Bereichen Technologie und Energie. China scheint diese europäischen Vermögenswerte zu nutzen, um die Ambitionen der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) zu erfüllen, eine globale Kraft zu werden, die technologisch unabhängig vom Westen ist und letztendlich die USA als wirtschaftliche, politische und militärische Supermacht der Welt verdrängt. Ein Gastbeitrag von Judith Bergmann

China hat seine europäischen Käufe verschleiert, indem es sie als angeblich kommerzielle Investitionen ausgegeben hat. Laut Datenna, einem niederländischen Unternehmen, das chinesische Investitionen in Europa im Auge behält, wurden die an den Investitionen beteiligten staatlichen Unternehmen hinter „Schichten von Eigentümern, komplexen Beteiligungsstrukturen und Geschäften, die über europäische Tochtergesellschaften abgewickelt werden“, versteckt.

Erstaunliche 40 % von 650 chinesischen Investitionen in Europa in den Jahren 2010-2020 hatten laut Datenna „eine hohe oder moderate Beteiligung staatlicher oder staatlich kontrollierter Unternehmen, darunter einige in fortgeschrittenen Technologien“.

Drohnenhersteller bevorzugt

Als beispielsweise die Chinesen den italienischen Drohnenhersteller Alpi Aviation übernahmen, hatte die italienische Luftwaffe bereits die strategische Bedeutung der Drohnen von Alpi durch ihren Einsatz in Afghanistan offenbart. Im Jahr 2018 erwarb ein in Hongkong registriertes Unternehmen, Mars Technology, eine 75-prozentige Beteiligung an Alpi Aviation. Die italienischen Behörden wussten nichts von dem Verkauf, erfuhren erst 2021 davon und leiteten anschließend eine Untersuchung ein. Die italienischen Behörden stellten fest, dass Mars Technology nur eine Briefkastenfirma war, die auf zwei chinesische Staatsunternehmen zurückgeführt werden konnte. Eines von ihnen war die China Railway Rolling Stock Corp, der weltweit größte Anbieter von Schienenfahrzeugen. Zweck der Übernahme war offenbar die Aneignung der Drohnentechnologie von Alpi durch den chinesischen Staat, die bald nach dem Verkauf von den Chinesen nach China transferiert wurde. „Das ist ein Lehrbuchfall“, sagte Jaap van Etten, Geschäftsführer von Datenna. „Das ist die Strategie des chinesischen Staates, vorangetrieben von der chinesischen Regierung.“

Vor kurzem übernahmen die Chinesen Newport Wafer Fab, den größten britischen Hersteller von Halbleitern, auch als Mikrochips bekannt, die in der Elektronik von Smartphones bis hin zu Hightech-Waffen unverzichtbar sind. Im Juli 2021 kaufte Nexperia, angeblich ein niederländisches Unternehmen, Newport Wafer Fab. Nexperia gehört jedoch Wingtech Technology, einem chinesischen Unternehmen mit engen Verbindungen zum chinesischen Staat. Laut Datenna sind 30 % von Wingtech Technology im Besitz chinesischer Regierungsstellen. Trotzdem schien die britische Regierung die Drohung nicht zu verstehen. Der Verkauf wurde trotz Protesten gegenüber dem britischen Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng durchgeführt. Als der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des britischen Parlaments, Tom Tugendhat, schrieb, dass das chinesische Eigentum an der britischen Mikrochipfabrik „ein erhebliches wirtschaftliches und nationales Sicherheitsproblem darstellt“, antwortete Kwarteng, dass der Deal „gründlich geprüft“ worden sei. Erst nach erheblichem Druck stimmte der britische Premierminister Boris Johnson einer nationalen Sicherheitsprüfung des Verkaufs zu.

EU hat keine Ahnung

Der Europäische Rechnungshof, eine EU-Institution, die die EU-Finanzen überwacht, hat festgestellt, dass es aufgrund des Mangels an umfassenden Daten schwierig ist, sich einen Überblick über chinesische Investitionen in der EU zu verschaffen. Es scheint, dass niemand es aufzeichnet.

Effiziente Systeme zur Blockierung ausländischer Investitionen aufgrund nationaler Sicherheitsbedenken scheinen ebenfalls entweder zu fehlen oder werden gar nicht ausreichend genutzt. Nur 18 europäische Länder – darunter Deutschland, Frankreich und Spanien – haben nationale Mechanismen zur Überprüfung ausländischer Investitionen eingeführt oder aktualisiert, aber anscheinend werden sie nicht immer genutzt. Seit 2012 hat beispielsweise Italien seine Mechanismen nur viermal genutzt – zweimal davon in den letzten neun Monaten.

Laut Datenna ist Spaniens Mechanismus zur Überprüfung von Investitionen „einer der strengsten Kontrollrahmen in Europa“. Trotzdem ist es China immer noch gelungen, in den spanischen Energie- und Nuklearsektor einzudringen.

Im Jahr 2020 wurden zwei spanische Unternehmen, Empresarios Agrupados und Ghesa, die Kernkraftwerke planen und bauen, von der China Energy Construction Group Planning and Design übernommen. Dieses Unternehmen ist über seine Muttergesellschaft, die China Energy Engineering Group, eng mit der staatlichen Assets Supervision and Administration Commission of the State Council (SASAC), einer Einrichtung der chinesischen Regierung, verbunden. SASAC besitzt fast 100 % der Anteile an der China Energy Engineering Group – der Muttergesellschaft des chinesischen Erwerbers der beiden spanischen Nukleardesignunternehmen. Die Übernahme war Berichten zufolge eine der größten chinesischen Übernahmen spanischer Infrastrukturunternehmen aller Zeiten. Darüber hinaus berichtete Reuters ebenfalls im Jahr 2020, dass Chinas staatlicher Energie- und Infrastrukturriese China Three Gorges dem Kauf von 13 spanischen Solaranlagen zugestimmt habe.

Die „strengsten Kontrollrahmen“ halten China eindeutig nicht auf

Was in Europa jetzt dringend benötigt zu werden scheint, ist ein tieferes Verständnis der Bedrohung, die von China ausgeht, sowie der politische Wille, dieser Bedrohung zu begegnen. Maßnahmen sind dringend erforderlich, um Investitionen zu blockieren, die Europas strategische Vermögenswerte auf einem Silbertablett Chinas Staatsunternehmen servieren, die die Kommunistische Partei Chinas dann verwendet, um ihre expansionistischen Ziele voranzutreiben.

Judith Bergman, Kolumnistin, Anwältin und Politologin, ist Distinguished Senior Fellow am Gatestone Institute. Hier erschien ihr Beitrag zuerst. Übersetzung Daniel Heiniger.

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