Die Geschichte der „Antifaschistischen Aktion“ und ähnlicher Gruppen reicht bis 1932: Ein Blick auf die Genese einer immer gefährlicher werdenden linksextremistischen Strömung. Ein Gastbeitrag von Rolf Stolz
Die heutige Antifa, als „Antifaschistische Aktion“, „autonome Antifa“ oder „militante Antifa“ firmierend, behauptet, Erbe der 1932 gegründeten Antifa zu sein. Das rot-schwarze Doppelfahnenemblem (Rot für Sozialismus, Schwarz für Anarchismus) ähnelt dem von 1932 mit zwei roten Fahnen, die das vergeblich erhoffte Zusammengehen von Kommunisten und Sozialdemokraten symbolisieren sollten. Aber außer diesen Anklängen und einigen neu aufpolierten alten Parolen hat die neue Antifa nur eine zwanghafte Wiederholung alter Fehler zu bieten.
„Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft“ – diese von dem ultralinken KPD-Chefideologen Heinz Neumann formulierte Phrase galt bis zu dessen Entmachtung 1932 uneingeschränkt, prägte aber noch bis zur Ausrufung der Volksfront-Politik 1935 eine KPD-Politik, die teils auf individuellen Terror setzte (Mord an zwei Polizisten in Berlin 1931 durch den späteren Stasi-Chef Erich Mielke), teils sich in ziellose brutale Straßenkämpfe stürzte.
Die Russische Oktoberrevolution hatte gezeigt, wie in einer zugespitzten Lage eine kleine, gut organisierte Minderheit mit taktischen Lügen („Land und Frieden“) und Terror die Macht ergreifen konnte. Für die reaktionären Reaktionen der Ultrarechten lieferte Lenin einerseits Umsturz-Ermutigung, aber auch panische Angst vor einem Sieg des Bolschewismus in Deutschland und damit reichlich Vorwände für eigene Terrorattacken.
Allerdings verweigerte der historische linke Antifaschismus sich der Einsicht, dass sowohl der italienische Faschismus des Ex-Sozialisten Mussolini als auch der Hitlersche Nationalsozialismus Zersetzungs- und Abspaltungsprodukte aus dem Sozialismus des 19. Jahrhunderts waren. Stattdessen beruhigten sich die Antifaschisten mit der These Stalins vom Januar 1934, dass es „selbst bei gründlichster Prüfung“ unmöglich sei, im Faschismus „auch nur eine Spur Sozialismus zu entdecken“.
Lauter verpasste Chancen nach 1918
Unter den Bedingungen eines geschlagenen, vor Besetzung, Annexionen und Ausplünderung durch das Versailler Diktat stehenden Landes waren die Aufstände der Rätekommunisten zwischen 1919 und 1923 nicht nur aussichtslos, sondern beraubten die Linke jeder Chance, das Volk für sich zu gewinnen. Dass ihre Anführer Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg moralisch integer und ihren Mördern geistig turmhoch überlegen waren, änderte daran nichts. Ohne die elementar notwendige Selbstkritik an der hoffnungslos fehlgeleiteten Novemberrevolution taumelte die Linke selbstgewiss vorwärts von der Niederlage 1918/19 zur Niederlage 1933.
Dabei gab es durchaus Momente, wo eine Wende von der Radikalrandale zu einer Politik im Volksinteresse möglich gewesen wäre. In Oberschlesien wehrte sich eine alle deutschen Parteien umfassende Volksbewegung 1920/21 gegen die von Frankreich unterstützten Aufstände polnischer Freischärler, die zur polnischen Annexion Ostoberschlesiens führten, obwohl die Volksabstimmung mit deutlicher Mehrheit für Deutschland ausgegangen war. Es gab 1918 Nationalkommunisten wie Heinrich Laufenberg und Fritz Wolffheim, die allerdings schon bald jeden Einfluss verloren. Es gab kurze Zeit 1923 im Ruhrkampf gegen die französischen und belgischen Besatzer im Zeichen des von Karl Radek vertretenen Schlageter-Kurses die Hoffnung, dass sich eine überparteiliche Einheitsfront gegen die Entrechtung des deutschen Volkes formieren könnte. Als dies nicht gelang, wurde es der Hitler-Partei ermöglicht, sich als einziger wahrer Gegner des Versailles-Systems hinzustellen und Millionen Menschen gegen die Demokratie, gegen alle Linksstehenden und gegen die Juden aufzuhetzen.
Es war längst zu spät, als am 24. August 1930 die KPD mit der „Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes“ versuchte, dem etwas entgegenzusetzen. Zutreffend heißt es dort: „In einer Zeit der Knechtung Deutschlands durch den Versailler Frieden, der wachsenden Krise, der Arbeitslosigkeit und Not der Massen versuchen die Faschisten durch zügellose Demagogie und schreiende radikale Phrasen, unter der Flagge des Widerstands gegen die Erfüllungspolitik und den Youngplan, bedeutende Schichten des Kleinbürgertums, deklassierter Intellektueller, Studenten, Angestellter, Bauern sowie einige Gruppen rückständiger, unaufgeklärter Arbeiter für sich zu gewinnen.“
Antifaschistische Einheitsfront: Propagandaphrase und KPD-Anhängsel
Aber die Gegenwehr blieb schon allein deshalb sektiererisch, weil im Sinne der Sozialfaschismus-Theorie weiterhin die SPD als Hauptgegner galt, und weil man die Mittelschichten mit zahllosen Provokationen gegen sich aufbrachte, so mit Drohungen gegen Gastwirte und Hoteliers, die Teilnehmer einer Tagung des „Stahlhelms“ 1929 in Berlin nicht zu bewirten und zu beherbergen – Vorbild der „Zutritt für AfD verboten“-Kampagnen unserer Tage.
Die SPD-Führer waren wie ihre Weimarer Koalitionspartner keine Lichtgestalten, sondern fixiert auf Machterhalt und Anpassung. Während der preußische SPD-Innenminister Albert Grzesinski 1928 das Redeverbot gegen Hitler aufhob und ihm so seinen ersten Auftritt im Berliner Sportpalast ermöglichte, ließ der Berliner SPD-Polizeipräsident Karl Zörgiebel am 1. Mai 1929 die Maidemonstrationen verbieten und trug, wie Carl von Ossietzky in der „Weltbühne“ schrieb, „in eine friedliche Stadt die Apparatur des Bürgerkriegs … nur damit eine Staatsautorität gerettet werden konnte, die durch nichts gefährdet war als durch die Unfähigkeit ihres Inhabers“.
Mehr als 30 Menschen, darunter SPDler und Unbeteiligte, wurden von der Polizei erschossen. Empörung über diese SPD war also mehr als verständlich, aber die Brandmarkung als „Sozialfaschisten“ machte jeden Dialog unmöglich. Die antifaschistische Einheitsfront wurde so zur Propagandaphrase und zum KPD-Anhängsel.
Man kann aus der Geschichte und ihren Irrwegen lernen. Die Neo-Antifa kann es offenkundig nicht. Im Dezember 1933 hatte das Exekutivkomitee der Komintern dekretiert: „Der Faschismus ist die offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.“ Nimmt man das als Maßstab, dann müssen also all die biederen, gutbürgerlichen AfD-Anhänger, die von der Antifa als „Nazis“ verbellt werden, logischerweise ultrareaktionär und Anhänger einer offen terroristischen Diktatur sein. Wie durchgeknallt muss man sein, um das glauben zu können, und wie verhetzt.
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