Freitag, 19. April 2024

Versagen der Kirche: Bei Jesus gibt es keine Türsteher und keinen Mindestabstand

Unser Leserbrief des Monats nimmt auf den PP-Artikel: Corona: Versagen der Kirche schwerwiegender als bei den Missbrauchsskandalen vom 21.7.2020 Bezug

Corona: Versagen der Kirche schwerwiegender als bei Missbrauchsskandalen

 

Sehr geehrter Herr Dr. Berger,

ich teile Ihre maßlose Enttäuschung vor allem über unsere katholische Amtskirche und deren Verhalten in Zeiten der Corona-Krise. Meine Frau Sibylle und ich bezeichnen sich als „Intensivkatholiken“. Wir nehmen das Sonntagsgebot an und für sich sehr ernst. Für uns war es ein quälendes Verlusterlebnis, als man uns die sonntägliche Messe genommen hatte. Umso mehr schmerzt dies und spricht es auch Hohn, als ein Reporter den MP Armin Laschet daraufhin befragte, warum man den katholischen Gemeinden das Abhalten der Hl. Messen untersagt habe. Laschet darauf: Es wäre nicht der Staat gewesen, der die Gottesdienste untersagt hätte. Es wären die kirchlichen Institutionen wie die Bischöfe, die in eigener Initiative die Gottesdienste und Messen ausgesetzt hätten. Ich fühle mich da als Katholik von der Politik verhöhnt und von meinem Bischof und der DBK im Stich gelassen. Ostern, Pfingsten, Christi Himmelfahrt und Fronleichnam fielen als offizielles kirchliches Ereignis aus.

Bemerkenswert ist für mich dabei, dass Versammlungen unter Beteiligung größerer Anzahl von Menschen pünktlich zum Ende des Ramadans wieder erlaubt wurden. Man wollte sich wohl nicht als Staat die Blöße geben, dass das staatlich verfügte Verbot von großen Versammlungen von den meisten Muslimen nicht respektiert werden würde. Nicht allzu selten konnte man dies auch bspw. in Berlin über alternative Medien mit verfolgen.

Derweil bot unsere Kirche nur die Fernsehmessen als Notlösung an. Meine Frau und ich beteten und sangen die Fernsehmessen auf ktv, ewtn, domradio und vatican-tv mit. Ein unsägliches Gefühl beschlich mich regelmäßig, vor allem bei der heiligen Wandlung. Ein Gefühl von Trauer und Zorn, hier auf diesen unvollständigen Ersatz zurückgreifen zu müssen. Und unsere Bischöfe hatten lange Zeit keine anderen Alternativen anzubieten.

In dieser Zeit der kirchlich verschuldeten Diaspora war es sehr wohltuend, Beispiele eines geraden Kreuzes und guter Seelsorge mitzuerleben. Auch wenn es nur ein Videofilmchen war. Ich möchte hier ausdrücklich den Pfarrer, den Kaplan und den Diakon des Pfarrverbandes Elsbach/Erft, Grevenbroich lobend erwähnen. Beide veranstalteten eine kleine Prozession durch ihre Gemeinde und die Fußgängerzone mit dem Allerheiligsten in der Monstranz, nachdem sie zu dritt Messe in der Kirche gefeiert hatten. Die Prozession endete mit dem eucharistischen Segen (Tantum ergo) auf den Stufen der Pfarrkirche.

Das sind Einzelbeispiele, wie es sonst noch einige wenige gibt.Von Priestern, die sich ihres Seelsorgeauftrages, den sie durch ihre Weihe von Gott selbst erhielten, bewusst sind und ihn auch unter schwierigen Verhältnissen erfüllen. In dieser Lage haben sich die Bischöfe, soweit ich dies verfolgen konnte, einen schlanken Fuß gemacht.

Auch wenn sich die Gottesdienstsituation gegenwärtig etwas verbessert hat, finde ich unerträglich, dass ich mich hier im Bistum Mainz Tage vorher bei der Pfarrsekretärin telefonisch oder per E-Mail melden muss, um mir für die Heilige Messe am Wochenende eine Platzziffer zuteilen zu lassen.

Dieses Platz- oder Ticketsystem kennt man eigentlich nur vom Finanzamt oder der Arbeitsagentur.

Ein solches System verträgt sich nicht mit der Einladung Jesu Christi, wenn er auffordert: „Kommet zu mir, die ihr mühsam und beladen seid.“ Bei Jesus gibt es keine Türsteher, die darüber entscheiden, ob einer hinein darf oder nicht. Auch wenn dies sicherlich nicht die Absicht der Pfarrverwaltungen ist, so ist diese Praxis der Platzzuteilung doch sehr in Frage zu stellen. Mit ein bisschen weniger vorauseilendem Gehorsam den weltlichen Herren gegenüber, etwas mehr Mut zur freien und eigenen Entscheidung (s.o. MP Laschet) und katholischer Kreativität, die von der Liebe zu unserem Herrn getragen wird, sind bessere, auch massentaugliche Versionen denkbar. Wenn Pop- und Rockkonzerte in großen Autokinos in Corona-Zeiten stattfinden, so wäre es doch gelacht, wenn man keine ähnlich große Messfeier zustande bringen könnte.

Was Muslimen zum Fastenbrechen möglich ist, sollte uns Katholiken bezüglich der Hl. Messe auch möglich sein.

Entscheidend ist natürlich, dass sich die Hirten und Oberhirten in ihrer Stellvertretung Christi bei der Hl. Eucharistie in die Pflicht genommen fühlen. Bei den meisten Bischöfen, Erzbischöfen, Kardinälen habe ich eher den Eindruck, dass sie ihren Eid auf die jeweiligen Landesverfassungen sehr viel ernster nehmen als ihren Herrn und den Seelsorgeauftrag für die Gläubigen.

Zählen Sie mal die Bischöfe, die am Marsch für das Leben teilgenommen haben. Wo sind die Bischöfe, die ihren Gläubigen parteipolitische Orientierung geben, wenn es um die Wählbarkeit von Parteien geht, die durch ihre Abtreibungspolitik eine Kultur des Todes fördern statt die Tötungen von ungeborenen Kindern zu verhindern? Stattdessen verklagte der Limburger Bischof Bätzing einen bayerischen Abtreibungsgegner, der Bätzings eher „moderate“ Haltung zum Abtreibungsgeschehen kritisierte und als Beteiligung an der Abtreibungsindustrie bewertete. Ein wirklicher Seelsorger hätte nicht den Richterstuhl, sondern den Runden Tisch der Versöhnung gesucht.

Wo sind die lautstarken Stimmen, die die euphemistisch so genannte „Ehe für Alle“ als gegen die Schöpfungsordnung gerichtet bewertet? Ich habe noch die Kernaussage eines fortschrittlichen Jesuitenpaters Prof. O.W. in den Ohren, der meinte, als Katholik könnte man die „Ehe für Alle“ als Rechtsinstitut doch ganz gelassen sehen. Denn es werde ja kein Katholik dazu gezwungen, eine „ Ehe für Alle“ einzugehen. Was aber ist mit dem Satz, den wir am Ende jeder Heiligen Messe mit auf den Weg bekommen? Früher hieß dies auf Lateinisch „Ite, missa est“ (Gehet, ihr seid Gesandte). Gesandte der Botschaft Christi und nicht der „Ehe für Alle“. Wie aber soll man dieses Postulat ernst nehmen und von Jesu Auftrag im Alltag Zeugnis geben, wenn man vom katholischen Priester eher so flapsig „orientiert“ wird?

Wo bleiben die Bischöfe mit ihrer Aufforderung an ihr Glaubensvolk, Parteien und Politiker nicht zu wählen und dies auch namentlich zu benennen, wenn diese für embryonale Stammzellenforschung oder aktive Sterbehilfe eintreten? Schweigen im Walde!

Bei einem solchen Episkopat wundert es nicht, wenn es einem Kardinal auf dem Tempelberg offenkundig nicht schwer fällt, das bischöfliche Brustkreuz abzunehmen. In vorauseilendem Appeasement gegenüber Muslimen.

All diese Beispiele und das Verhalten der Amtskirche in der Corona-Zeit sind mit dafür verantwortlich, dass immer mehr Gläubige der katholischen Kirche den Rücken zukehren.

Meine Frau und ich werden dies allerdings trotz mannigfaltiger Enttäuschungen, die in die gleiche Richtung gehen, wie oben dargestellt, nicht tun. Denn wir haben Gott und sein Wirken in unserem Leben mehrfach und existenziell erfahren. So schlecht kann deshalb die Kirche als Braut Christi nicht werden, als dass wir sie verlassen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Lang, Biblis

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