Eine Antwort auf den Tod des Priesters Giuseppe Berardelli von Dr. Juliana Bauer
Die Nachricht geht um die Welt und fasziniert Gläubige wie Nichtgläubige: ein 72 Jahre alter Priester aus der Provinz Bergamo gab sein Leben für einen jüngeren Menschen, einem ihm unbekannten Mit-Patienten (Corona: Katholischer Priester überlässt sein Beatmungsgerät einem Jüngeren und verstirbt, 24.März 2020, PP). Stadt und Provinz Bergamo, die Heimat des so beliebten und geliebten Papstes Johannes XXIII., ist am meisten von der Corona-Epidemie getroffen und verzeichnet unter den Erkrankten die höchste Todesrate Italiens. Don Giuseppe Berardelli lebte die Botschaft und das Wort Jesu, das im Johannesevangelium überliefert ist: „Niemand hat eine größere Liebe denn der, der sein Leben gibt für seine Freunde“ (Joh. 15,13).
Giuseppe Berardelli erinnert an den Franziskaner-Minoriten Maximilian Kolbe, der für einen Mithäftling, einen Familienvater, in den Hungerbunker im KZ Auschwitz ging und dort ermordet wurde. Er erinnert mich persönlich an jene unbekannte Katholikin aus Rom, die ein jüdisches elternloses Kind in Pflege hatte, die ihre nicht-jüdische Identität nicht preisgab, als die Nazi-Schergen am 16.Oktober 1943 in Rom über 1000 Juden zusammentrieben und auch dieses Kind und sie verhafteten. Die Römerin ließ das Kind nicht alleine, sie ging mit ihm nach Auschwitz, in den Tod.
Ich weiß nicht, ob ich den Mut zu einer solch weitreichenden und zutiefst menschlichen, einer zutiefst barmherzigen Entscheidung gehabt hätte. Papa Francesco mahnt uns Christen Barmherzigkeit an, Barm-Herzigkeit, also das Erbarmen, das Mitgefühl für den anderen, ein Herz haben für den anderen. Das italienische Wort misericordia drückt es noch eindeutiger aus: ein Herz mit den Elenden haben. Don Giuseppe hatte ein Herz mit einem Elenden, einem anderen Unglücklichen. Wie auch Pater Maximilian, wie jene Römerin.
Die Nachrichten, die uns aus Italien erreichen, sprechen auch von einer Realität anderer Art. Sie berichten uns davon, dass dort, in dem „Land, wo die Zitronen blühen, im dunklen Laub die Goldorangen glühen,“ wie Goethe dieses schöne, lebensfrohe Land einst besang, große Not herrscht, Not an lebenswichtigen, ja überlebenswichtigen Dingen. Wie im konkreten Fall der um sich greifenden Epidemie fehlt es für die Menschen an lebenswichtigen Beatmungsgeräten. An Geräten, die Menschenleben retten können. Inzwischen starben in Italien mehr als 6800 Menschen, an einem Tag waren es kürzlich allein 400, an einem anderen Tag 700. Aus spezifisch katholischen Nachrichten wissen wir, dass in Italien zahlreiche Priester unterwegs sind, um für die Erkrankten dazusein – inzwischen sind 65 infizierte Seelsorger verstorben.
Ja, es fehlt an Beatmungsgeräten! In meinen Kinder- und Jugendjahren leckte man so genannten Gut-Evangelischen und Gut-Katholischen die Füße, weil sie dem „Herrn Pfarrer“ regelmäßig viel Geld für z.B. Kirchenrenovierungen zukommen ließen. Oder dafür, dass eine Kirche im Stil des Historismus, in den 60iger Jahren nicht mehr als zeitgemäß empfunden, abgerissen und eine neue erbaut wurde.
Nun gibt es auch heute Wohlhabende und Reiche unter den Kirchgängern. Teilweise hüten sie ihren Geldsack wie ein Armer sein letztes Stück Brot oder spenden für Orgelpfeifen, auf denen ihr Name verewigt wird, ohne dabei auch nur einmal einen Blick auf den Nächsten zu werfen. Und – es gibt unsere Pfarrer und Bischöfe, die sich eines prall gefüllten Beutels mit Mammon erfreuen dürfen. Nicht nur, dass sie für ihre Kirchen über bislang jährlich hohe Einnahmen an Steuergeldern ihrer mehr oder weniger überzeugten Gläubigen verfügen. Nein, sie selbst gehen alles andere als leer aus. Oder – wie mir ein Italiener bildreich sagte: „I vostri vescovi in Germania hanno il culo pieno di soldi!“ Heißt: „Eure Bischöfe in Deutschland haben den A….,“ pardon, „den Hintern voller Geld!“
Ja, der Bischof auf dem Stuhl des hl. Korbinian von München und Freising z.B. darf sich an einem Monatsgehalt von rund 12526,- € erfreuen (hinzu kommen für den Herrn Kardinal Spesen aus dem Vatikan in Höhe von 10.000 bis 15.000 €), sein Mitbruder, der Chef der lutherischen Landeskirche von Bayern, steht ihm mit seinen etwa 12.289,- € Monatsgehalt kaum nach.
Ihr Herren Bischöfe deutscher Lande, wie sieht es nun aus? In Italien, wohin viele von Euch ja auch gerne reisen, fehlt es an Beatmungsgeräten, um die Covid-19 infizierten Menschen zu retten. Lasst euren Worten Taten folgen! Dem Nachfolger des hl. Korbinian würde doch ein Monatslohn von 2.000,- € genügen!? Oder, ich möchte nicht zu hart sein, 3.000,-€. Nicht, dass der wohlgenährte Mann eines Tages vom Fleische fällt…! Eine Summe dieser Größenordnung würde aber beileibe reichen. Immerhin darf er allabendlich seine Füße in einem Palazzo magnifico, einem wunderbaren Palast, von sich strecken! Misericordia, Miseri – Cordia – ein Herz mit den Elenden ist gefragt! Wo bleibt euer Herz für die schwer erkrankten italienischen Brüder und Schwestern? Und für eure italienischen Mitbrüder?
Nachbemerkung zu der oben genannten, katholischen Römerin:
Als ich in den vergangenen Monaten das Buch von Fausto Coen 16.Oktober 1943. Die große Razzia an den Juden von Rom aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzte (im Laufe dieses Jahres möchte ich es in Deutschland veröffentlichen), stieß ich auf diese – noch – namenslose Frau. Ich bin auf der Suche nach ihr, nach ihrem Namen und, wenn möglich, nach ihrem Angesicht. Auch sie gab ihr Leben, für dieses Kind. Auch sie handelte nach Jesu Wort: „Niemand hat eine größere Liebe denn der, der sein Leben gibt für seine Freunde.“