Samstag, 5. Oktober 2024

Friedrich Merz und sein Kampf gegen das „Gesindel“

Wie lange wird Merz noch der Hoffnungsträger der wenigen verbliebenen konservativen Unionsmitglieder sein? Rudert er nun mit seinen „Gesindel“-Aussagen zurück? Wie geeignet ist jemand für einen Posten als Parteivorsitzender, der sich zu solchen Aussagen hinreißen lässt?

Bei einer Veranstaltung im Mittelstandsforum gestern Abend hatte Friedrich Merz laut übereinstimmenden Medienberichten an die Adresse der AfD gesagt:

„Um das mal ganz klar und deutlich zu sagen“

„Wenn ich dazu beitragen kann, dass dieses Gesindel wieder verschwindet, dann leiste ich diesen Beitrag dazu, dass wir das hinkriegen, um das mal ganz klar und deutlich zu sagen.“

Unser Tweet des Tages vom ntv Netzreporter:

Wen hat @_FriedrichMerz nun mit #Gesindel gemeint? Heute twittert #Merz: "keinesfalls gewählte Abgeordnete oder Wählerinnen und Wähler irgendeiner Partei." https://t.co/uoeaFJUJjE

Hören wir doch einfach noch mal rein. ? pic.twitter.com/VqZ59hqafb

— ntv Netzreporter (@ntvNetzreporter) February 14, 2020

„Und jetzt stehen wir wieder da und haben diese Leute da sitzen“

Hier noch einmal seine doch sehr eindeutige Aussage im Wortlaut:

„Kommt diese republikanische Partei, die Republikaner, kommen die bei der Bundestagswahl 1990 in den Deutschen Bundestag. Wir waren alle heilfroh, dass das nicht stattgefunden hat. Aber wenn wir mal ehrlich sind: Es fand nur deswegen nicht statt, weil es die Einheitswahl war, 1990, als alles im Zeichen der Deutschen Einheit stand, und niemand ernsthaft daran dachte, so ein Gesindel in den Deutschen Bundestag zu wählen. Und jetzt stehen wir wieder da – 20, 30 Jahre später und haben diese Leute da sitzen. Das ist etwas, was mich wirklich bewegt. Vor dem Hintergrund auch unserer Geschichte. Wenn ich dazu beitragen kann, dass dieses Gesindel wieder verschwindet, dann leiste ich diesen Beitrag dazu, dass wir das hinkriegen.“

Gauland: Äußerungen von Friedrich Merz sind völlig unakzeptabel

Inzwischen hat auch AfD-Urgestein Alexander Gauland auf die Aussagen von Merz reagiert „Die Abwertung der AfD und ihrer Wähler als ‚Gesindel‘ durch Friedrich Merz ist völlig unakzeptabel. Gerade in politisch aufgewühlten Zeiten, in der sich Angriffe auf Parteibüros und Bedrohungen von Politikern häufen, ist es unverantwortlich und fahrlässig, sich gegenüber der politischen Konkurrenz derart im Ton zu vergreifen.

Konservativ oder gar bürgerlich ist es jedenfalls nicht, politische engagierte Bürger als ‚Gesindel‘ zu beschimpfen. Ich rate Friedrich Merz, im Kampf um die Macht in der CDU möglichst schnell zu einem sachlichen Ton zurückzukehren.

Im Übrigen sind derlei Beschimpfungen der Wähler nicht erfolgsversprechend. Ich erinnere nur an Sigmar Gabriel, der während der Flüchtlingskrise Bürger, die sich gegen den unkontrollierten Zustrom von Ausländern ausgesprochen hatten, als Pack beschimpft hatte, und mittlerweile zurecht von der politischen Bildfläche verschwunden ist. Das sollte Friedrich Merz eine Warnung sein.“

Dementi eine Lüge?

Und Beatrix von Storch zu dem angeblichen Dementi von Merz: „Dementi ist eine Lüge. Er hat frei gewählte Abgeordnete als Gesindel bezeichnet. Hier im Video. Er verhöhnt die Demokratie und 6 Mio Wähler.“

Der Moderator des Abends, der Berliner CDU-Politiker Stephan Friedrich ist da deutlich anderer Ansicht: „Merz hat seine Wortwahl bereits während der Veranstaltung explizit als falsch bezeichnet. Ich stand zwei Meter daneben“, betont er. Und weiter: „Persönlich bin ich der festen Überzeugung, dass wir endlich wieder zu einer fairen Diskussionskultur zurückkommen müssen. Als Forum Mittelstand werden wir weiterhin versuchen dazu einen Beitrag zu leisten.“

Und er veröffentlicht auch die Einschätzung eines Freundes, der Journalist ist: „Ganz klar ist doch m.E. (auch nach Rücksprache mit dem Publikum: MdB, MdB-Mitarbeitern etc. – etwa ein Dutzend Leute), dass Merz diese verbale (explizite) Ausgrenzung macht, weil er sonst (O-Ton MdB-Mitarbeiterin) morgen bereits „tot“ wäre (politisch). Insofern sind doch diese Äußerungen von Merz auch nicht an die AfD und deren Wähler adressiert, sondern an die anwesenden Mainstream-Medien und seine eigene Partei. So verstehe ich es jedenfalls.“

Nun kann sich jeder sein eigenes Urteil darüber bilden, inwiefern die heutige Aussage von Merz glaubwürdig ist…

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David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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