Donnerstag, 21. November 2024

Fünf Jahre „Charlie Hebdo“: Wollen wir alle lieber kniend sterben, als aufrecht zu leben?

Fünf Jahre nach „Charlie hebdo“ ist von den eifrigen „Je suis Charlie“- Bekundungen nichts mehr übrig. Das Attentat bewirkte genau das, was es aus Sicht der Täter bewirken sollte: Die Unterwerfung Europas unter den Islam und seine Spielregeln aus lauter Angst vor dessen Gewaltpotential. Typisch dafür ein jüngeres Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs und seine Begründung.

In unserer Rubrik „Nachgelesen“ veröffentlichen wir hier einen Kommentar, der im Jahr 2015 zu den Reaktionen auf Charlie Hebdo erschienen ist. Während anfangs alle noch mutig „Je suis Charlie“ riefen, hörte dieser Gratismut auf, sobald man ihn wirklich gebraucht hätte. Typisch dafür eine Reaktion des Comiczeichners Ralf König, der als einer der Vorreiter in Sachen angstvolle Unterwerfung unter die Diktatur des Islam gelten kann. Der Beitrag erschien zuerst bei „The European“:

Ralf König; Versagen eines „Religionskritikers“

„Elender Feigling, kuscht vor Deppen!“ oder „Das hat ein widerliches Geschmäckle“ – das sind nur einige der Aussagen, die sich der schwule Comic-Zeichner Ralf König derzeit in den Kommentarspalten der sozialen Netzwerke anhören muss.

Grund ist ein Bericht des „Tagesspiegel“, der in seiner Wochenendausgabe zahlreiche Karikaturen von Berliner Zeichnern als Solidaritätsaktion mit deren französischen Kollegen von „Charlie Hebdo“ publiziert.

Nach diesem „Tagesspiegel“-Bericht hat Ralf König eine kritische Islam-Zeichnung von seiner Internetseite gelöscht. Und zwar aus Angst vor „vereinzelten kranken Irren“, womit er offensichtlich den nun auch Europa wirkmächtig heimsuchenden islamistischen Terror meint. Der Comic-Zeichner hat die Aussagen des Berichts “auf seiner Facebookseite bestätigt und spricht dort sehr offen, fast berührend von seiner Angst, durch die er „seit 2 Tagen wie gelähmt“ sei.

Kritische Passagen freiwillig gestrichen

Jeder, der das Verhalten Königs nun verurteilt, ihn als Feigling beschimpft, muss sich fragen lassen: Wie hättest du gehandelt, wenn du in dieser konkreten Situation gewesen wärst? Ich für meine Person kann sagen:

Ich hätte bei der derzeitigen Lage genauso gehandelt. Und ich schreibe das als einer, der selbst zu spüren bekommen hat, was es bedeutet, “von religiösen Fanatikern” bedroht zu werden.

Damals habe ich mir die Devise: „Jetzt erst recht!“ zu eigen gemacht, “einige meiner Vorträge mussten unter Polizeischutz” stattfinden. Aber damals kamen diese Drohungen von rechtsradikalen Katholiken, während der Vorträge fühlte ich mich sicher und ein wenig auch als Held. Was mir heute peinlich ist. Und zwar seitdem ich vor einigen Monaten in einem Artikel über Homosexualität und Islam einige besonders kritische Passagen freiwillig vorab gestrichen habe.

Als mich dann ein Kollege ansprach, ob ich dies bei meinen Artikeln über katholische Fundamentalisten auch getan hätte, antwortete ich sofort zustimmend. Aber die Frage bohrte und ich musste mir schließlich eingestehen, dass das „Ja“ gegenüber dem Kollegen eine Lüge war. In diesem Augenblick hätte ich mich am liebsten geohrfeigt, um dann doch mit dieser Strategie fortzufahren.

Als dann auch noch CDU-Frau “Erika Steinbach vor einigen Tagen in einem umstrittenen Tweet schrieb”: „man solle nur die katholische Kirche kritisieren, alles andere sei ,sonst lebensgefährlich‘“, fühlte ich mich von jener Frau ertappt, “mit der ich mir sonst harte Gefechte geliefert hatte”. Helden sind aus einem anderen Holz geschnitzt.

Helden wie Stéphane Charbonnier

Gerade weil ich keiner von ihnen bin, ist mein Bedürfnis in diesen Tagen, solche Helden zu sehen, besonders groß. Männer, die wie der ermordete Stéphane Charbonnier, Chefredakteur und Herausgeber von „Charlie Hebdo“, sagen: „Besser aufrecht sterben, als auf den Knien leben!“ Vielleicht ist es sogar so, dass wir jetzt noch die Chance haben, aufrecht zu leben. Aber das funktioniert nur, wenn wir in großer Mehrheit geschlossen entschlossen vorangehen und dem Islamismus die Stirn bieten.

Das würde dann auch bedeuten, dass wir uns von den seltsamen Grabenkämpfen und Scheingefechten rund um Pegida und Anti-Pegida endlich verabschieden. Die derzeitige Lage hat eine Dimension erreicht, wo wir unsere Energien in großer Einigkeit dafür aufwenden sollten, unsere offene Gesellschaft, deren Werte mühsam über lange Zeit und mit großen Opfern errungen wurden, in aller Entschiedenheit gegen den islamistischen Terror zu verteidigen.

Es gibt nur eine Antwort

Nicht nur uns schwulen Männern stände dies gut an, denn unsere Rechte werden diejenigen sein, die nach der Pressefreiheit als Erste sterben werden, wenn der Islamismus seinen Siegeszug fortführt. Wer wird dann einer Kanzlerin das Recht absprechen wollen, dass sie aus Angst, den fundamentalistischen Islam zu provozieren, wichtige Homo-Rechte zurückzieht, wenn wir zuvor die Islamisten provozierende Karikaturen zurückgezogen haben? Wir haben derzeit noch die Wahl, kniend zu sterben oder aufrecht zu leben.

Ich weiß nicht, ob ich alter Feigling das hinkriege, aber eigentlich gibt es derzeit nur eine vernünftige, zukunftsweisende Option: mutig zu sein, Helden der Freiheit und Menschlichkeit zu werden.

David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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