Ein Beitrag von Dr. Juliana Bauer
Durch verschiedene Pressemitteilungen vom 12. Januar geisterten einmal mehr Worte des Erzbischofs von München und Freising, die dieser in einer Berliner Rede, wie berichtet, von sich gab. Dieses Mal war es das „christliche Abendland“, dem der bayerische „Oberhirte“ sein besonderes Augenmerk schenkte. Von dem Begriff „christliches Abendland“ halte er „nicht viel, weil der Begriff vor allem ausgrenzend“ sei (kath net 12.01.2019 u.a.).
Nun gab es im christlich geprägten Europa/Abendland in der Tat über Jahrhunderte viele Ausgrenzungen. Die Geschichte des jüdischen Volkes spricht hier eine beredte und traurige Sprache. Dennoch übersieht der „christliche“ Theologicus die 2000-jährige Kultur-Geschichte Europas (oder besitzt er nur mittelmäßige Kenntnisse?), um sich sogar, mit Blick auf die Apostelgeschichte im Neuen Testament, ein Eigentor zu schießen.
Er möge sich daher einmal in Kapitel 16, Vers 6-10 versenken. Aufschlussreich wäre für ihn sicherlich auch eine Predigt des 2017 verstorbenen Kölner Erzbischofs, bei dessen Requiem er mit Betrübnis heischender Miene und in wichtig geglaubter Funktion in vorderster Reihe stand.
Über die Erwählung Europas – Auszüge aus einer Predigt von Joachim Kardinal Meisner +
Predigt zum 1.700-jährigen Jubiläum des Erzbistums Köln im Hohen Dom zu Köln am 29. September 2013 (Quelle: PEK Erzdiözese Köln)
„Niemand hat eine so große Herkunft in Europa wie wir als Christen und deshalb hat auch niemand eine so große Zukunft wie wir als Christen.“
Mit diesen Worten eröffnete der damalige Erzbischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner am 21. April 2012 das österliche Pontifikalamt Fünf Jahre Nightfever. Damit nahm er gewissermaßen in einem einzigen Satz zusammengefasst eine Predigt vorweg, die er 18 Monate später, am 29.September 2013, zum 1.700-jährigen Jubiläum des Erzbistums Köln im Hohen Dom zu Köln hielt.
Er erinnert in dieser Predigt an eine Begebenheit von weitreichender Bedeutung, welche die Apostelgeschichte überliefert, die dennoch vielen Christen unbekannt ist und offensichtlich dem Gedächtnis mancher Hirten und Oberhirten entschwunden scheint: nämlich daran, dass der Apostel Paulus bereits während seiner zweiten Missionsreise dazu berufen wurde, dem
Erdteil EUROPA
die Botschaft Jesu zu verkünden. Nicht „Indien“ oder „China“ oder „das alte Pharaonenland am Nil“, hebt Meisner gleich zu Beginn der Predigt hervor – “Nein, der kleinste Erdteil … wird berufen, das Samenkorn des Evangeliums in sich aufzunehmen…“
Dann nimmt er seine zahlreichen Zuhörer und Zuhörerinnen mit auf die faszinierende Reise des Paulus und seiner Begleiter: „Weil ihnen aber vom Heiligen Geist verwehrt wurde, das Wort in der Provinz Asien zu verkünden, reisten sie durch Phrygien und das galatische Land“, zitiert er den Bericht der Apostelgeschichte. Um dann Schritt für Schritt die weitere Route in der heutigen Türkei mit zu wandern bis zu der Küste, die Griechenland und damit dem europäischen Festland gegenüber liegt.
Foto: Wahlplakat der CDU aus einer Zeit, als sie noch christdemokratisch war (c) CDU, CC BY-SA 3.0 de, via Wikimedia Commons
In Troas, einem Landschaftsgebiet im türkischen Nordwesten, hatte Paulus nachts eine entscheidende Vision, von der Lukas, der Schreiber der Apg und Weggefährte des Völkerapostels, berichtet. Er sah dort einen Mazedonier stehen, der ihm zurief: „Komm herüber nach Mazedonien, und hilf uns! Auf diese Vision hin wollten wir sofort nach Mazedonien abfahren; denn wir waren überzeugt, dass uns Gott dazu berufen hatte, dort das Evangelium zu verkünden“ (Apg 16,6-10).
Diese Überzeugung teilt Joachim Meisner mit Paulus und seinen Begleitern. Er erläutert seinen Gläubigen, wie der Apostel, der „gar nicht die Absicht…hatte, nach Europa zu gehen“, „vom Geist Jesu förmlich dazu gedrängt“ wurde. Meisner betont das Große, das Bedeutende, das aus dieser Berufung sprach: dass „Gott selbst, der Herr der Geschichte, wollte, dass die Frohe Botschaft nach Europa gelange.“
Er erkennt in Paulus‘ Vision nicht nur den Auftrag Gottes an ihn und seine Weggefährten, ihre „eingeschlagene Ostrichtung der Evangelisation abzubrechen und in den Westen zu gehen“, sondern auch die Bereitschaft auf europäischer Seite, die Botschaft Jesu aufzunehmen.
Meisner sieht darin zu Recht eine „höchste Auszeichnung unseres Erdteils Europa“, die diesem, dem kleinsten, aber „schon damals politisch bedeutsamsten“ Kontinent zukam.
Das Abendland als heilige Verpflichtung
Der Erzbischof sieht in dieser Erwählung aber auch „eine heilige Verpflichtung“ – eine „heilige Verpflichtung“, die vielen Politikern, die sich christlich nennen, allen voran aber einer Reihe von Oberhirten in Europa und in Deutschland unmissverständlich und eindringlich in Erinnerung gerufen werden sollte.
Am konkreten Beispiel des hl. Maternus, des ersten historisch nachweisbaren Bischofs von Köln (frühes 4.Jh.), macht Joachim Meisner, mit Blick auf das 1700jährige Jubiläum des Erzbistums, den Sprung vom Süden Europas in die Kulturräume nördlich der Alpen und führt, gerade auch am Beispiel Kölns und seiner frühen Bischöfe, die dort wachsende Bedeutung des Christentums und seiner Verkünder aus.
Die Grundlage hierzu sieht Meisner in der entscheidenden Glaubensfrage der untrennbar verbundenen Einheit der Gottheit Jesu und seinem Mensch-Sein, die das Konzil von Chalcedon 451 bekannte und die „die Glaubensboten … für unser Denken … begreiflich zu machen“ suchten, um die Welt entsprechend zu gestalten. Aus diesem Glaubensbekenntnis heraus erläutert der Erzbischof die „Christuswirklichkeit“, welche „nun die Geschichte Europas bis in diese Stunde … bestimmte“ (wenngleich er negative Entwicklungen wie auch Gefahren, denen Europa in Geschichte und Gegenwart ausgesetzt war/ist, in keinster Weise außer Acht lässt).
Die 2000-jährige Geschichte des Christentums in Europa fest im Blick erinnert er nochmals nachdrücklich an die besondere Verantwortung der Christen und appelliert an uns alle, „alles … einzusetzen“, „um Europa christlich zu erhalten und zu durchdringen.“
Denn, zitiert Kardinal Meisner den Historiker Friedrich Heer,
„von allen Großräumen der Weltgeschichte ist das Abendland bis zur Gegenwart der einzige Raum geblieben, in dem die Inkarnation, die Menschwerdung Christi, geschichtsbildend geworden ist.“
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