Ein Gastbeitrag von Peter Helmes (Conservo)
Was nun, Herr Schulz? Das passt ja wie die Faust aufs Auge, und das fast gleichzeitig: die Entzauberung des Möchtegernkanzlers Schulz im Saarland und der Austritt eines prominenten SPD-Mitgliedes aus seiner Partei! So platzen sozialistische Blütenträume!
Der Reihe nach: Erol Özkaraca entstammt einer türkischen Familie, wurde aber 1963 in Hamburg geboren. Er lebt und arbeitet seit 30 Jahren als Rechtsanwalt (mit eigener Kanzlei) in Berlin und war dort von 2011 bis 2016 für die SPD Mitglied des Abgeordnetenhauses (Bezirksliste Neukölln). 23 Jahre lang gehörte er der SPD an, in der seine Frau ebenfalls Mitglied war.
Özkaraca genoss besondere Reputation als scharfer Kritiker des politischen Islam – auch über die Partei hinaus. Auch deshalb ist letztlich sein am 22. März d. J. erfolgter Parteiaustritt nur konsequent.
Er reagierte damit auf einen von ihm heftig kritisierten Auftritt des Berliner Regierenden Bürgermeisters Michael Müller am 16. März 2017 bei einer „Friedensdemonstration“ ausgerechnet auf dem Breitscheidplatz, die zum Gedenken an den islamistischen Terroranschlag vom 19. Dezember 2016 – auf eben diesem Platz – mahnen sollte.
Da zu seinem nicht minderen Entsetzen Seite an Seite mit dem Regierenden Müller auch Vereine an der Demo beteiligt waren, die vom Verfassungsschutz wegen islamistischer Tendenzen beobachtet werden, war bei Özkaraca offensichtlich das Maß voll, und er trat drei Tage später aus der SPD aus. Hier veröffentlichen wir sein Austrittschreiben:
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„Als Raed Saleh (Anm. d. Red.: seit 2011 SPD-Fraktionsvorsitzender im Abgeordnetenhaus) vor einigen Jahren über seine »große Idee« von der Aufwertung und Gleichstellung des Islams mit den anderen Religionen sprach und konkrete Vorschläge für Staatsverträge in Berlin mit Islamisten machte, kurz danach eine Rechtsauffassung veröffentlichte, nach der das Berliner Neutralitätsgesetz verfassungswidrig sei, begann für meine Frau die Entfremdung mit der SPD.
Als ihr selbsternannte »FeministInnen« unserer Partei erklärten, dass sehr viele muslimische Frauen in unserer Stadt das Kopftuch als ein Freiheitssymbol gegen die Mehrheitsgesellschaft verstehen und Ihr »kemalistischer« Ehemann endlich aufhören solle, ständig gegen Saleh und diese Frauen zu hetzen, seine Islamophobie unter Kontrolle bringen müsse, sagte sie ihnen, das Kopftuch und »Feminismus« nicht zusammenpassen würden, Erol kein Kemalist sei und sie scheinbar keine Ahnung hätten, worüber sie überhaupt redeten. Sie konnte die SPD nicht mehr wählen und trat aus.
In der Folge wurde Mohamed Taha Sabri vom Regierenden mit dem Verdienstorden des Landes Berlin geehrt und damit hoffähig gemacht. Viele Politiker besuchten ihn und präferierten in der Folge einen »kritischen Dialog« mit Islamisten. In der weiteren Folge gab es merkwürdig zweideutige Interviews und eine Personalpolitik, die zu Recht Fragen aufwarf, welche »credibility« denn die SPD nun in ihrer »symbolischen Personalpolitik« verlange und welche Wähler man unter den Einwanderern nun im Auge habe. Das beziehe ich nicht nur auf die Berliner Landespolitik, sondern auch auf die Bundespolitik.
Höhepunkt für mein Ringen der letzten zwei Jahre war nun der Auftritt des Regierenden auf dem Breitscheidplatz und die Manifestierung eines meiner Auffassung nach zu toleranten Umgang mit dem politischen Islam und Islamisten.
In seiner Rede am Tatort stellte Mohamed Taha Sabri ausdrücklich klar, dass er sich weigert, derartige Anschläge als islamistisch zu benennen. Diese Anschläge haben nach seiner Auffassung mit dem Islam nichts gemein. Eine Auseinandersetzung, warum diese Taten im Namen Allahs begangen werden, warum die Aufklärung und Bekämpfung dieses Terrors unter Muslimen nicht mit der nötigen Energie betrieben wird und warum Demokratie und Rechtsstaat in mehrheitlich islamischen Staaten mit Verweis auf die islamische Religion verhindert werden, führt dieser Imam bewusst nicht.
Das wir mit derartigen Handlungen und Reden, die Unterstützungen von vielen säkularen Muslimen, Juden und vielen anderen verlieren könnten, die treu zu uns standen und eher unseren Grundauffassungen folgen, wird nicht gesehen.
Mein Kampf in der SPD für eine klare und eindeutige Abgrenzung und Auseinandersetzung in den letzten Jahren war vollkommen erfolglos und wird es nach meiner Auffassung auch bleiben, selbst wenn ich weiterkämpfen würde.
Nun freuen sich sicher einige GenossInnen und Genossen, dass der »Hetzer«, »Spalter«, »AfD – Polarisierer«, »Nazi«, »Türkenfeind, »Türkensarrazin«, »Buschkowsky Schüler« …, sie endlich in Ruhe lässt.
Mich freut es auch. Ich danke allen GenossInnen und Genossen, die mich unterstützt haben und die ich mit meinem Schritt womöglich enttäuschen werde. Nach über 23 Jahren sprenge ich hiermit meine Kette.
Der Kampf geht weiter, wenn auch anders…“
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Portraitbild Erol Özkaraca: (c)By Fotograf Hüseyin Islek [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
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