Samstag, 6. Dezember 2025

Thorsten Weiß (AfD): Zustimmung zu Staatstrojaner ist uns nicht leicht gefallen

„Die Entscheidung war nicht leichtfertig. Wir haben sorgfältig abgewogen. Wir haben sie getroffen, weil wir in Berlin massive Probleme mit Organisierter Kriminalität und Clan-Kriminalität sowie gewaltbereiten extremistischen Netzwerken, insbesondere mit Linksextremismus und Antifa haben. So Thorsten Weiß (AfD) zur Zustimmung seiner Partei zur umfassenden Novelle des Polizeigesetzes Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG).

Unter dem Titel „Berlin: Polizei darf Wohnungen zur Staatstrojaner-Installation heimlich betreten“ berichteten wir gestern darüber, dass das Parlament des Landes Berlin mit den Stimmen der Koalition und der oppositionellen AfD eine umfassende Novelle des Polizeigesetzes Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) beschlossen hat. Damit werden der Polizei deutlich erweiterte Befugnisse eingeräumt — unter anderem dürfen Ermittler künftig verschlüsselte Kommunikation ausspähen und im Notfall verdeckt Wohnungen betreten, um Schadsoftware („Staatstrojaner“) auf Geräten wie Smartphones oder Computern zu installieren.

Die Zustimmung der AfD hat einige Leser irritiert bis verärgert, andere hatten aber vertsändnis gezeigt. Frank-Christian Hansel MdL (AfD) hat noch gestern dazu Stellung genommen. Nun hat uns auch eine Stellungnahme von Thorsten Weiß, stellvertretender Vorsitzender der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin und fachpolitischer Sprecher für Innere Sicherheit der Fraktion erreicht, die wir hier gerne veröffentlichen:

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Ich habe Ihren Artikel zur ASOG-Novelle gelesen und möchte Ihnen unsere Zustimmung zu dem Gesetz gerne anhand drei sehr kontrovers diskutierter Punkte Erläuterung.

1. Verdecktes Betreten und Durchsuchen von Räumlichkeiten

Unsere Zustimmung bedeutet keine Abkehr vom Grundrechtsschutz der Wohnung. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist ein zentrales Grundrecht. Es gilt: Eingriffe in diesen Bereich dürfen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erfolgen. Die Novelle schafft kein allgemeines Recht, Wohnungen zu betreten, sondern überführt eine Praxis, die in anderen Bundesländern bereits existiert und einem klar geregelten Verfahren unterliegt, genau um Missbrauch zu verhindern. Wir können hier auch auf Mecklenburg-Vorpommern verweisen. Dort wurde bereits 2020 mit den Stimmen der Regierungsfraktionen von SPD und CDU sowie der AfD die Novelle des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (SOG) verabschiedet. Auch hier war eine Befugnis zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) enthalten.

Gerade deshalb sind aber diese Maßnahmen in der Novelle mit hohen Hürden versehen: Sie sind ausschließlich bei schwersten Gefahrenlagen zulässig, stehen unter richterlichem Vorbehalt und sind eng auf konkrete Fälle begrenzt. Aus unserer Sicht ist diese Befugnis notwendig, um besonders schwere Kriminalität verfolgen zu können – etwa bei organisierter Kriminalität und Terrorismus. Die Novelle ändert nichts am grundrechtlichen Schutzstandard, der gerichtlich überprüfbar ist. Sie schafft lediglich ein Instrument, das in Ausnahmefällen ermöglicht, verdeckte Maßnahmen zu ergreifen, um Gefahren frühzeitig zu erkennen und schwere Straftaten zu verhindern. Gerade mit Bereich schwerstkrimineller Netzwerke und Täter mit professionellen Strukturen nutzt dieser Personenkreis zunehmend verschlüsselte Kommunikationsmittel, die sich mit den klassischen Mittel praktisch nicht mehr aufklären lassen. Das verdeckte Betreten dient daher vor allem der Installation von Quellen-TKÜ, um schwere Straftaten, terroristische Taten oder organisierte Kriminalität zu verhindern, bevor sie stattfinden.

2. Paragrafen 26e (Funkzellenabfrage)

Die Funkzellenabfrage ist bereits heute ein etabliertes Ermittlungsinstrument, das auch in anderen Bundesländern genutzt wird. Die Novelle führt keine Einsatzpraxis ein, die Oppositionspolitiker einschüchtern soll.

Entscheidend ist, dass auch diese Maßnahme zweckgebunden ist, einer konkreten Gefährdungslage bedarf und der richterlichen Kontrolle unterliegt. Ein missbräuchlicher Einsatz wäre rechtswidrig und durch die Gerichte voll überprüfbar.

3. KI-Systeme

Der Abschnitt zur Nutzung biometrischer Daten und KI-Testsysteme dient aus unserer Sicht der Modernisierung und Zukunftsfähigkeit der Polizeiarbeit. Entscheidend ist auch hier, dass die Datenverarbeitung streng an den Zweck der Gefahrenabwehr gebunden bleibt und dass sowohl Datenschutzrecht als auch technische Sicherheitsstandards eingehalten werden. Was private Anbieter betrifft – etwa Palantir -, erwarten wir volle Transparenz hinsichtlich der Auswahl von Anbietern und Tatenverarbeitung sowie die Einhaltung deutscher und europäischer Datenschutzvorgaben. Die Zustimmung zur Novelle bedeutet keine Blankovollmacht für beliebige Softwarelösungen.

Die Entscheidung war nicht leichtfertig. Wir haben sorgfältig abgewogen. Wir haben sie getroffen, weil wir in Berlin massive Probleme mit Organisierter Kriminalität und Clan-Kriminalität sowie gewaltbereiten extremistischen Netzwerken, insbesondere mit Linksextremismus und Antifa haben. Und weil ein moderner Rechtsstaat Instrumente braucht, die wirksam und auf der Höhe der Zeit sind.

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David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Bestseller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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