Donnerstag, 21. November 2024

Der Untergang der alten Welt

G. Ballards „Garten der Zeit“ wird zum Gleichnis für den Fall Europas. Ein Gastbeitrag von Frank W. Haubold.

Angesichts der Zumutungen, denen dieses Gemeinwesen insbesondere seit der Grenzöffnung für jedermann ausgesetzt ist, haben zuwanderungs- und islamkritische Romane wie Jean Raspails „Das Heerlager der Heiligen“ oder Michel Houellebecqs „Unterwerfung“ weite Beachtung gefunden, ebenso wie zahlreiche Sachbücher zum Thema. Ein Autor jedoch, der sich über Jahrzehnte zeit- und zivilisationskritisch artikuliert hat, ist nach wie vor nur dem Genre-Publikum bekannt: James Graham Ballard.

G. Ballard wurde 1930 in Shanghai geboren und wie die gesamte Familie zwei Jahre lang in einem japanischen Zivilgefangenenlager interniert, bevor er 1946 nach England gelangte. Er studierte Medizin und Englische Literatur und ging später zur Royal Air Force, bevor sich die Familie im englischen Shepperton niederließ, was ihm später den Beinamen „Prophet von Shepperton“ einbrachte. Bekannt wurde Ballard mit Dystopien wie „The Wind from Nowhere“ (deutsch „Der Sturm aus dem Nichts“) oder „The Crystal World“ (deutsch „Kristallwelt“). Seine Texte beschreiben vielfach den Zerfall sozialer Strukturen und Bindungen insbesondere in Krisensituationen, und Romane wie „High-Rise“ oder „Crash“ gehören heute zu den Klassikern dystopischer Literatur. 2009 verstarb der Autor nach schwerer Krankheit.

Beinahe prophetisch

Die Kurzgeschichte „The Garden of Time“ (deutsch „Der Garten der Zeit“), auf die ich hier näher eingehen möchte, ist einer von Ballards poetischsten Texten und erscheint im Lichte aktueller Entwicklungen beinahe prophetisch.

„Der Garten der Villa dehnte sich vor der Terrasse gute zweihundert Meter aus, fiel zu einem von einer weißen Brücke überspannten Miniatursee ab, an dessen anderem Ufer sich ein schmächtiger Pavillon erhob.“ – „Das Haus war von allen Seiten von der Ebene umgeben, deren eintönige Leere die Entrücktheit und heitere Erhabenheit der Villa noch verstärkte. Hier im Garten schien die Luft klarer, die Sonne wärmer zu sein, während die Ebene immer dumpf und unnahbar war.“

Das Idyll, das Ballard hier beschreibt, trügt jedoch, denn jenseits der Mauer, die den Garten säumt, droht dem Anwesen alsbald Gefahr, deren Näherrücken der Autor wie folgt schildert: „Während die unter den begnadeten Händen seiner Frau hervorströmenden Mozartschen Klänge ihn sanft umspielten, fiel ihm auf, dass die vorrückende Kolonne einer gewaltigen Armee sich langsam über den Horizont schob. Auf den ersten Blick schienen die langen Reihen sich in geordneten Linien voranzubewegen, doch bei näherem Hinsehen wurde deutlich, dass die Armee, wie das unauffällige Detail einer Landschaft von Goya, sich aus einem gewaltigen Menschengewimmel zusammensetzte, aus Männern und Frauen, hier und da ein paar Soldaten in abgerissenen Uniformen darunter, die in einer aufgelösten Flut vorwärts drängten.“

Massenansturm illegaler Migranten

Um wen es sich dabei konkret handelt, lässt der Autor offen, aber angesichts der Bilder von den chaotischen Verhältnissen auf der von einem Massenansturm illegaler Migranten heimgesuchten Insel Lampedusa um die Welt gingen, fällt eine zeitgemäße Assoziation nicht schwer. Ohne entschiedene Gegenmaßnahmen werden es zukünftig Hunderttausende, wenn nicht gar Millionen sein, die auf dem Weg an die Fleischtöpfe der europäischen Sozialsysteme jedes Hindernis niederreißen werden. Machte der gewaltsame Grenzdurchbruch in der spanischen Enklave Ceuta vor ein paar Jahren noch Schlagzeilen, so sind Angriffe bewaffneter Migranten auf Grenzschützer und tödliche Auseinandersetzungen untereinander an der serbisch-ungarischen Grenze heute bereits die Regel (was die bundesdeutschen Haltungsmedien ihrem Publikum in der Regel vorsorglich verschweigen).

Nun wäre der „Garten der Zeit“ keine typische Ballard-Geschichte, wenn sie nicht ein fantastisches Element enthielte, in diesem Fall sogenannte „Zeitblumen“, deren kristallene Blüten nach dem Pflücken imstande sind, die Zeit zurückzudrehen und damit auch den Vormarsch des Mobs vorübergehend aufzuhalten. Doch ihre Zahl ist begrenzt, und der Zeitgarten wie auch das gesamte Anwesen sind letztlich dem Untergang geweiht: „An dem letzten Abend, da er die Zeitblüte pflückte, hatte die vorderste Linie der Menge die dritte Anhöhe erreicht und schwärmte weiter vor.“

Die Besitzer des Anwesens wissen, dass ihr Schicksal besiegelt ist, gehen aber weiter ihren gewohnten Verrichtungen nach, bis sich die Bedrohung nicht mehr ignorieren lässt: „Er warf nur einen kurzen Blick über die Mauer. Weniger als einen halben Kilometer entfernt konnten sie das gewaltige dumpfe Brüllen der Lumpenarmee hören, das Klirren von Metall und das Peitschengeknall, das auf das Haus zudrängte.“

Die letzte winzige Blüte erlaubt ihnen noch eine kurze Atempause, dann hat der Mob das Anwesen erreicht: „Draußen erhob sich Lärm in die Luft, wohl tausend Stimmen brüllten nur zwanzig oder dreißig Meter entfernt. Ein Stein flog über die Mauer, landete zwischen den Zeitblumen und zerschmetterte mehrere der zerbrechlichen Stängel. Die Gräfin eilte zu ihm, als noch ein Steinhagel gegen die Mauer prasselte. Dann wirbelte ein schwerer Ziegelstein über ihre Köpfe hinweg durch die Luft und krachte in eines der Wintergartenfenster…“

Das Ende von Zivilisation, Kunst und Kultur

Den Zustand des Anwesens nach der Erstürmung schildert der Autor wie folgt: „Die Terrasse war zum größten Teil zerbröckelt, und der Hauptstrom der Masse zog quer über den Rasen an der ausgeraubten Villa vorbei, doch ein oder zwei von den Neugierigen kletterten hinein und durchwühlten die Ruine. Die Türen waren in den Angeln gefault, die Fußböden eingebrochen. Im Musikzimmer war ein altes Cembalo zerhackt und als Feuerholz verwendet worden, doch ein paar Tasten lagen noch in der Asche. In der Bibliothek hatte man alle Bücher aus den Regalen gezerrt und die Gemälde aufgeschlitzt; vergoldete Rahmen lagen zerbrochen auf dem Fußboden herum.“

Anschaulicher kann man das Ende von Zivilisation, Kunst und Kultur nicht beschreiben, das Deutschland und Europa bevorsteht, und anders als in Ballards Erzählung blühen hierzulande keine Zeitblumen, deren magische Kraft das Verhängnis wenigstens zeitweise aufhalten könnte.

Diejenigen, die es eigentlich kraft ihres Wählerauftrags und in Erfüllung ihres Amtseides tun könnten und sollten, haben sich längst mit dem Massenzustrom aus aufklärungsfernen Ländern arrangiert und auf die Seite der neuen Herren gestellt, deren Wohlwollen sie mit üppigen Sozialleistungen und dem Verzicht auf zivilisatorische Errungenschaften, Aufklärung und Christentum zu erkaufen suchen. Und falls es am Ende doch zum Bürgerkrieg kommt und die eigene Herrschaft in Gefahr gerät, sind die Notfallpläne längst geschrieben und die Pöstchen bei der Finanzindustrie und/oder der Uno jenseits des Ozeans gesichert.

An willfährigen und hochdotierten Handlangern mangelt es ihnen dabei nicht. Die sitzen in Redaktionsstuben, Parteivorständen, Gewerkschaftszentralen, Kirchenämtern, Anwaltskanzleien und vorgeblich gemeinnützigen Hilfsorganisationen und sorgen mit dafür, dass der Zustrom an Bedürftigen nicht versiegt. Dass sie damit kräftig an dem Ast sägen, auf dem sie selbst sitzen, ficht sie nicht an. Lampedusa und Südungarn sind weit, und noch tritt der Mob nicht die eigene Haustür ein…

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