Die derzeit anbetungswürdigste und über jeden Zweifel erhabene heilige Kuh ist die USA. Dort investiert man jedes Jahr Millionen Dollar in die Suche nach außerirdischer Intelligenz und gleichzeitig Milliarden in die Produktion von Waffen für die Tötung der einzigen bekannten intelligenten Spezies: den Menschen der Erde. Ein Gastbeitrag von Rainer Sonnberg
Es gibt Momente, da fühle ich wieder den kratzigen dunkelgrünen Stoff der Ausgangsuniform auf meiner Haut und höre wieder das Geschrei des Unteroffiziers vom Dienst auf dem Kompanieflur am Morgen danach, mit dem er uns aus dem Schlaf riss. Hatten wir Pech, waren wir noch so blau, dass er uns aus den Doppelstockbetten zerren und auf den Boden knallen lassen konnte. Es war Ausnüchtern auf die harte Tour, Ergebnis einer Druckbetankung am Abend zuvor. Vier Stunden Zeit im Ausgang sind nicht so viel, wenn davon noch eine halbe Stunde zu Fuß bis zur nächsten Kneipe und anderthalb auf allen vieren zurück eingeplant werden muss in einem Kaff, in dem sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Wir waren jung, aber im Unterschied zum später in Mode gekommenen Komasaufen wussten wir, wann es genug war. Das mit den Kopfschmerzen erledigte sich spätestens nach dem Dreitausendmeterlauf zum Frühsport. Das mit dem Mageninhalt auch.
„Demokratieabgabe“
Heute, fünfundvierzig Jahre später, haben sich die Zeiten geändert, doch die Druckbetankung gibt es noch immer, wenn auch nicht mehr für den Magen, sondern für den Kopf. Jeden Abend wird vor dem Fernseher die Schädeldecke hochgeklappt und das Gehirn mit Demokratie druckbetankt. Für irgendetwas muss die Demokratieabgabe ja gut sein. Gegen den Kater am nächsten Morgen würde allerdings auch kein Lauf rund um die Erde helfen. Laufen ist für die meisten ohnehin aus der Mode, es sei denn, ein XXXL-Burger wartet bei McDonalds, die Geldausgabestelle beim Sozialamt oder das nächste Tattoostudio. Dann aber schnell wieder vor den Fernseher … Wo war ich? Ach ja, bei der heiligen Kuh namens Demokratie. Überall wird sie angebetet, nicht nur bei den Öffentlich-Rechtlichen, sondern auch bei den sogenannten alternativen Medien. Ohne Demokratie geht bei uns gar nichts, nicht einmal die Wahl des geschlechtsspezifischen Donnerbalkens. Zwar hat man im Anbeten von heiligen Kühen in Indien mehr Erfahrung als in Deutschland, aber immerhin sind wir auf einem guten Weg. An Vorbildern für heilige Kühe mangelt es uns jedenfalls nicht und über das Muhen selbiger verbietet sich jedwede Kritik. Genau wie die Kuh selbst sind auch ihre Lautäußerungen absolut anbetungswürdig, wenn auch nichts sonst. Demokratie heißt Herrschaft des Volkes und wer von uns Volksge … Entschuldigung, da habe ich gerade rechts geblinkt und bin links abgebogen. Wahrscheinlich habe ich zu viele Wahlsendungen im ÖRR gesehen. Jedenfalls sind wir alle Mitglieder des deutschen Volkes, Herrn Habeck, Frau Baerbock und Frau Merkel einmal ausgenommen, die damit ja nichts anfangen können, also mit dem deutschen Volk bzw. ihren Wählern.
Jeder kann sich also einbilden, zu herrschen, schließlich gehört er zum Volk und Einbildung ist immer noch besser als gar keine Bildung in Zeiten, wo selbige immer mehr ein Auslaufmodell wird. Warum allerdings Herr Habeck und Frau Baerbock herrschen, obwohl sie nicht zum Volk gehören wollen oder die Frau Merkel geherrscht hat, obwohl sie die Deutschlandfahne in die Ecke gefeuert hat, diskutieren wir in einem anderen Artikel.
Also machen wir doch einmal der Kuh Demokratie das Maul auf und schauen ihr in den Rachen. Nicht wundern, wenns dabei ein bisschen stinkt, das ist nur der Mageninhalt. Der soll uns nicht weiter stören, schließlich wird er irgendwann verdaut und kommt dann als dunkelgrüne Scheiße hinten wieder heraus. Wenn die heilige Kuh Durchfall hat, geht das ziemlich schnell, es kommt viel und ist nicht mal als Dünger zu gebrauchen. Gut möglich, dass die Kuh nicht unbedingt das beste Beispiel für eine Demokratie ist, aber ein Besseres ist schwerlich zu finden. Die Demokratie ist nun einmal ein wirklich beispielloses Geschäftsmodell.
USA: Über jeden Zweifel erhabene heilige Kuh
Lassen Sie uns ein Blick über den großen Teich zur größten, anbetungswürdigsten und über jeden Zweifel erhabenen heiligen Kuh werfen: die USA. Dort investiert man jedes Jahr Millionen Dollar in die Suche nach außerirdischer Intelligenz und gleichzeitig Milliarden in die Produktion von Waffen für die Tötung der einzigen bekannten intelligenten Spezies: den Menschen der Erde. Möge ihre Suche nach Intelligenz von Erfolg gekrönt werden und ihren Horizont erweitern! Einstein meinte ja, selbiger sei ein Kreis mit dem Radius Null und das nenne man dann Standpunkt. Hätte er heute gelebt, hätte er wahrscheinlich das Wort „Haltung“ benutzt. Alle vier Jahre bringt das amerikanische Volk mehrere Milliarden Dollar auf (ich glaube, Donald Trump hat der Wahlkampf so um die zwei Milliarden gekostet), damit es seinen Präsidenten wählen darf. Natürlich ist er durch und durch Amerikaner wie Joe Biden oder Donald Trump, ein ganz normaler Mensch wie Sie und ich, wie Bill Gates, Larry Fink oder George Soros. Der so gewählte oberste Hirte der heiligen Kuh in den USA darf dann vier Jahre lang bestimmen, in welche Länder der Erde sie noch getrieben wird und wie sie dort anzubeten ist.
In Deutschland ist das Procedere wesentlich komplizierter, dafür aber nicht ganz so teuer. Eigentlich kostet es das Volk gar nichts, also jedenfalls muss keiner etwas extra bezahlen. Die Parteien lassen ihren Wahlkampf aus Steuergeldern finanzieren und je mehr ihrer Mitglieder am Futtertrog der heiligen Kuh sitzen, um so mehr bekommen sie davon. Die Steuergelder sind eigentlich für Straßen und Schulen gedacht, aber wer wird sich schon darüber beschweren, wenn das Geld für den Schutz der heiligen Kuh und für die Schulung der einhunderttausenden Angehörigen der die heilige Kuh fütternden und bewachenden Institutionen ausgegeben wird? Das wäre eine Delegitimierung des Staates und das macht keiner vom Wahlvieh. Entschuldigung, vom Wahlvolk, muss es natürlich heißen.
Überhaupt sind Parteien – selbstverständliche mehrere – der Kern der Demokratie. Hätten wir nur eine, hätten wir eine Diktatur und die will schließlich niemand, nicht wahr? Es gibt so viele Menschen, die Gutes tun wollen und damit sie das können, organisieren sie sich in Parteien. Für wen sie Gutes tun wollen, schreiben sie dann kurz vor der Wahl auf riesige, natürlich ökologisch verträgliche Wahlplakate, die sie dann millionenfach im ganzen Land aufstellen lassen. Für die Partei, die die meisten und größten Wahlplakate mit den besten Versprechen aufstellt, stimmen dann auch die meisten Wähler. Nach der Wahl werden dann die Wahlplakate wieder ökologisch verträglich entsorgt, zusammen mit den darauf stehenden Versprechen der Wahl wird es ein bisschen komplizierter, da viele Parteien so ähnliche Versprechen abgegeben haben, dass sie anschließend in so genannte Koalitionsverhandlungen eintreten müssen.
Sie Lügen nicht, sondern hören auf, die Wahrheit zu sagen
Dort würfeln sie dann – sorry, schon wieder falsch abgebogen – dort diskutieren sie dann aus, wer für welchen Posten am qualifiziertesten ist und im Namen des Volkes in seinem Ministerium regieren soll. Das dauert meistens so lange, dass die Wahlplakate schon längst abgebaut sind, weswegen sich bei diesen Verhandlungen kaum noch jemand daran erinnern kann, was auf ihnen gestanden hat. Tatsächlich ist es eine üble Verleumdung, dass Politiker lügen, um an die Macht zu kommen. Sie hören nur irgendwann einfach auf, die Wahrheit zu sagen. Schließlich haben sie so viel um die Ohren, dass das Vergessen bei ihnen ziemlich schnell einsetzt, im Gegensatz zu denen, die sie gewählt haben. Die brauchen fast vier Jahre, bis sie vergessen haben, was ihnen versprochen und ob es gehalten wurde. Deswegen gibt es vor der nächsten Wahl auch immer besonders viel Druckbetankung aus dem Fernsehen, weil immer weniger Menschen lesen können und die Parteien ihre Versprechen irgendwie den Volksherrschenden nahe bringen müssen.
Zwischen den Wahlen, wenn nicht gerade Landtagswahlen, eine UN-Sitzung, ein G20-Gipfel oder ein Weltwirtschaftsforum ist, findet auch Politik statt, also so ungefähr zwei Monate im Jahr. Da sind echtes Wissen, Berufserfahrung, logisches Denkvermögen und Sachkenntnis eher hinderlich in der freien Entfaltung der Persönlichkeit. Es gilt das Petergesetz: In jeder Hierarchie werden Beschäftigte so lange befördert, bis sie auf einen Posten gelangen, auf dem sie die maximale Stufe ihrer Inkompetenz erreicht haben.
Entscheidend ist ohnehin nicht das, was man will, sondern das, was man nicht will: Also auf gar keinen Fall Waffen in Kriegsgebiete liefern, nie wieder von deutschem Boden einen Krieg ausgehen lassen, ein von der Politik abhängiges Justizsystem, eine unsichere Versorgung, auf keinen Fall mit der AfD oder mit der Linken zusammenarbeiten … und so weiter. Allerdings kann es vorkommen, dass man auch diese eisenharten Prinzipien in extremen Ausnahmefällen aufweichen und seinen Kopf um dreihundertsechzig Grad drehen muss, um dem Wählerauftrag gerecht zu werden. Schließlich ist es der Wille des Wählers gewesen, dass seine Partei zu seinem Wohle für die nächsten vier Jahre herrscht und, auch wenn es schwerfällt, dem Wunsch des Wählers muss man dann auch schon mal eisenharte Prinzipien und Rückgrat opfern. Opfern ist ohnehin ein gutes Stichwort, dient es doch dem guten Zweck: der heiligen Kuh Demokratie. Dass zufriedene Hühner größere Eier legen, ist nichts weiter als ein Gerücht. Wer braucht schon zufriedene Hühner? Nur die Hühner selbst, aber wen interessieren die?
Nie darf sie geschlachtet werden
Fassen wir zusammen: Demokratie ist, wenn sich Menschen zu Parteien zusammenfinden, das Geld des Volkes ausgeben, über selbiges Volk herrschen und den Hühnern die Eier klauen. Nach vier Jahren (es sind fünf Jahre im Gespräch, aus öko-logischen Gründen, wegen der Wahlplakate, können auch zehn werden) wird eine von ihnen wiedergewählt, die sich dann, damit alle anderen auch etwas davon haben, mit den meisten anderen Parteien verbündet, um vier (oder zehn) Jahre später wieder neue Wahlplakate mit neuen Versprechen mit noch mehr Geld aufstellen zu können.
So funktioniert das im Inneren der heiligen Kuh, selbst in Ländern, die hunderttausende Kilometer entfernt sind und in denen Kobolde regieren. Nie darf sie geschlachtet werden, egal, was sie im Magen hat, wie sie stinkt und welche Scheiße hinten herauskommt.
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