(David Berger) Wenn es eine Institution in Deutschland gibt, die angesichts der Corona-Krise ihre absolute Nicht-Systemrelevanz und den Glauben an die eigene Überflüssigkeit besonders glaubwürdig unter Beweis gestellt hat, so ist das die katholische Kirchensteuergemeinschaft. Daher erklärt sich die seither auf hohem Niveau anhaltende Austrittswelle aus der Kirchensteuergemeinschaft.
Im Zusammenhang mit dem künstlich hochgekochten angeblichen Skandal um ein vom Kölner Kardinal Woelki – ganz einfach aus juristischen Gründen – nicht veröffentlichtes Gutachten zu Missbrauchsfällen in seiner Erzdiözese, wurde vergangene Woche die Nachricht veröffentlicht: „Termine für Kirchenaustritte komplett ausgebucht“.
Sofort wurde diese Nachricht – selbst von einem engen Mitarbeiter Woelkis – dahin gedeutet, dass dieser Engpass doch nur aufgrund eines Fehlverhaltens des Kardinals erklärbar sei. Eine Erklärung, die ganz ins Muster jener passte, die Woelki wegen seiner nicht komplett vollzogenen Gleichschaltung mit dem System Merkel loswerden wollen. Die aber zwei Haken hat:
a) Ist es generell – wegen der verschiedenen Lockdowns, deren Ende nicht absehbar ist – derzeit fast unmöglich Termine bei Ämtern zu bekommen. Von daher ist es journalistisch unredlich, sie einfach in den Raum zu stellen – ohne eben jene sinisteren Zustände zu beachten.
b) Zum anderen erreichten die „Kirchenaustritte“ (aus der katholischen Kirche) in den letzten 12 Monaten einen nie gekannten Hochstand – und das schon bevor bestimmte Medien den angeblichen Woelki-Skandal ganz bewusst anzettelten.
Versagen der Kirche ist in der Corona-Krise wesentlich schwerwiegender als bei Missbrauchsskandalen
Auch in diesem Feld der Einstellung zur katholischen Kirche steht für die Gläubigen etwas ganz anderes im Vordergrund: Das Verhalten der Kirche in der Corona-Epidemie. Und hier komme ich immer wieder zu der Einschätzung: Das Versagen der Kirche ist in der Corona-Krise wesentlich schwerwiegender als bei Missbrauchsskandalen
Dies sage ich als konservativer Katholik, der die Gleichschaltung der Kirche mit dem System Merkel seit vielen Jahren kritisiert und darunter enorm leidet. Das sagen inzwischen aber auch Linksliberale wie der SZ-Journalist Prof. Dr. Heribert Prantl. In einem Interview mit Domradio ist der umstrittene Journalist mit dem Verhalten der katholischen Kirche in der Corona-Krise hart ins Gericht gegangen.
Heribert Prantl: Was die Kirche bietet, ist ziemlich grausam
Er bemerkt: „Ich war nie so enttäuscht von der Kirche, wie in Corona-Zeiten. Ich fand die Reaktion der Kirche, der offiziellen Kirche, der Diözesen, der Bischöfe und auch vieler Gemeinden kleinlaut, kleinmütig, zurückhaltend, zu wenig, phantasielos …
Ich erinnere mich an den ersten Corona-Sonntag. Ich ging in Berlin in Sankt Ludwig, eine Gemeinde, die ich gerne mag, in die Kirche, und alle Türen waren geschlossen. Was stand außen dran? „Wegen Corona geschlossen“. Keine Erklärung, rein gar nichts. Nicht die Möglichkeit, in die Kirche zu gehen oder sich irgendwo hinzusetzen. Keine Orgelmusik. Nichts, was ein Ersatz hätte sein können für einen Gottesdienst oder das Nachdenken, das Beten zu unterstützen.
Ich finde ehrlich gesagt alles, was in den letzten Monaten von kirchlicher Seite offiziell passiert ist, ziemlich grausam. Und ich glaube, dass mit dieser kleinmütigen und phantasielosen Reaktion die Distanz zur Kirche eher gewachsen ist.“
Ostern als wäre Jesus nie auferstanden
Ich habe ganz ehrlich ähnliche Erfahrungen gemacht und das nicht im ohnehin mehr heidnisch als christlichen Berlin, sondern im angeblich so „heiligen Köln“. Ich musste am Palmsonntag mehr als acht Innenstadtkirchen abklappern bis ich eine fand, die für die Gläubigen an den Kirchentüren die geweihten Palmzweige in einem Korb anbot. Bei den anderen nichts. Ostern ging an der katholischen Kirchensteuergemeinde vorüber, als sei Jesus nie auferstanden.
Ja, ziemlich grausam, desinteressiert am Seelenheil ihrer Gläubigen und lediglich in Sorge, die Kirchensteuereinnahmen könnten durch Corona zurückgehen – das war das, was ich – auch von den konservativen – Kirchenleuten mitbekam. Natürlich völlig subjektiv, aber eben dennoch prägend. Und dieses Desinteresse der meisten Kirchenleute hält an. Sieht man einmal von einigen wenigen Ausnahmen wie den Berliner Prälat Goesche ab, der einer der wenigen war, die den Eindruck machten, dass sie noch irgendwie an die Wichtigkeit ihrer „Firma“ glauben.
Weihnachten: … fällt aus!
Ein ähnliches Versagen an Weihnachten: ein mir bekannter Geistlicher gab auf seinen sozialen Netzwerken bereits geraume Zeit vor dem Weihnachtsfest bekannt, dass er – in Ansprache mit seinem protestantischen Mitbruder -seine Kirche bis Mitte Januar geschlossen halte und die Weihnachtsfeierlichkeiten ausfielen.
Als Seelsorge für die zurückgelassenen Gläubigen gab es dann ab und zu ein Foto seines rustikalen Abendessens und dem dazugehörigen Bier: Solche Geistliche im Altmaier-Stil wünscht sich das System Merkel!
Etwas diplomatischer ging Papst Franziskus vor, der sich als „diplomatische Grippe“ ein Ischiasleiden zuzog, um nur nicht an der Krippe im Petersdom und i vollen Ornat auftauchen zu müssen oder gar die feierliche Liturgie ertragen zu müssen.
Sonntagspflicht in traditioneller Messer – ohne Corona-Glaubensbekenntnis
In jedem Fitnessstudio Deutschlands konnte ich über Monate ohne Voranmeldung, ohne Maske, ohne Mindestabstand und zusammen mit Dutzenden Menschen in einem Raum kaum größer als eine Seitenkapelle des Kölner Doms, schwitzend und keuchend bei jeder großen Anstrengung laut durchs Studio jodeln. In den Umkleiden oder Duschen kam man sich so nahe wie in den Zeiten bevor ein ganzes Volk zu Hypochondern dressiert werden sollte. Den Spruch „Corona war doch nur ein Fake“ konnte man hier immer wieder hören. hier wo man noch nicht davon ausgehen muss, dass man von Politikern mit abgebrochenen Bankkaufmannsausbildungen in einer großen Datei gespeichert wird, zu der auch das BKA und der Verfassungsschutz Zugang haben.
Ganz anders wenn es um die „übernatürliche Gesundheit geht“, die nach Lehre der großen Kirchenväter doch die natürliche um ein unendliches an Bedeutung und Wert überragt: In derselben Stadt, in der man in Restaurants, in Sporthallen und Supermärkten wieder eng zusammenrückte, musste ich mich – will ich meiner Sonntagspflicht nachkommen – über ein Programm im Internet anmelden, muss private Details preisgeben, von denen ich nicht weiß, wer sie in die Hände bekommt. Das Singen ist mir streng verboten, ebenso das Sitzen neben meinem Partner. Ist der Kirchenraum mit etwa 25 Personen „überfüllt“, kann es sein, dass man mich in unhöflicher, blockwartmäßiger Weise – ohne zu fragen, ob ich das überhaupt will – in einen Nebenraum führt, in dem durch einen krachenden Lautsprecher der Ton des Gottesdienstes übertragen wird. Und ich die übrige Zeit die anderen Gläubigen anschauen kann, die ebenfalls hierher versetzt wurden. Dass es auch hier löbliche Ausnahmen – etwa in einer der Kirchen meiner Kindheit, in Würzburg – gibt, weiß ich natürlich.
Ich will mich damit nicht brüsten, es aber auch nicht verheimlichen: In den letzten Wochen bin ich dazu übergegangen, mich am Sonntag Morgen für eine Gemeinde zu entscheiden, die nicht zu dem Bistum gehört, eine Kirche in der die heilige Messe in lateinischer Sprache und sehr würdiger Form gefeiert wird und wo die Priester und die Gemeinde unmissverständlich zeigen, was sie von dem Verhältnis der Kirche zum Staat und von der Corona-Hysterie halten. Und wo das totalitär erzwungene Credo zur „neuen Normalität“ das das klassische, aus freiem Willen abgelegte Credo nicht ersetzt.
Kurzum: Bei mir verfestigt sich ganz persönlich der schlimme Eindruck, dass das Versagen der Kirche in der Coronakrise tausendmal schwerer wiegt als in bei den Missbrauchsskandalen. Die Kirche, das „Haus voll Glorie“, an die ich glaube und zu der ich mich im Credo und bei der Erneuerung meines Taufbundes bekenne, scheint es in Deutschland in der breiten Realität nicht mehr zu geben. Sie hat anscheinend schon länger die Tore geschlossen, gerade zu jenem Zeitpunkt, wo man sie dringender denn je gebraucht hätte.
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