(David Berger) Was sich in der HIV-Prävention als das große Erfolgsrezept erwies, scheint nun vergessen: Gesundheitsschutz beruht auf Freiwilligkeit und Einsicht. Aber weil es in der Corona-Krise nicht mehr wirklich um die Gesundheit der Menschen geht, tritt an die Stelle von demokratischem Agieren eine „masochistische Lust an der Entmündigung“ (NZZ) mit kafkaesken, weil willkürlichen Zwangsmaßnahmen.
Mitten im ersten Lockdown dieses Jahres, am 28. April 2020 veröffentlichte ich den satirischen Text „Sadomaso – oder: Warum Einkaufen mit Mundschutz einfach nur geil ist…“ – Die Gier der Bevölkerung nach noch mehr Lockdown, noch härteren Kontrollen und Strafen, nach Denunziation selbst der nächsten Angehörigen und Freunde bei der Polizei, die die ganzen Anzeigen gar nicht abarbeiten konnte, schien mir die Signatur jener Tage schlechthin zu sein.
Die Sommerpause für diese Gefühlslage war nur kurz, das große Sadomaso-Spiel geht nun – deutlich weiter in den Hardcore-Bereich gerückt und längst auch die Grenzen der Legalität überschreitend – weiter.
Emotionales Suhlen in der Übermenschen-Masse
Der deutsche Untertan (der vermutlich nur in der Psyche meiner Mitmenschen geschlafen hatte) ist wieder da – in seinem ganz Glanz und jener Großmannssucht, die das dritte Reich zum tausendjährigen machen sollte. Das emotionale Suhlen in der großen Übermenschen-Masse, die abfällig und hasserfüllt, sich zu allem ermächtigt fühlend auf jene herabschaut, die bei diesem großen Sadomaso-Experiment nicht mitmachen wollten oder durften, unterscheidet sich sich kaum mehr von der Gefühlslage der Deutschen, die den totalen Krieg wünschten.
Typisch etwa hier die Reaktionen auf eine Nachricht des Berliner Kuriers, der heute morgen davon berichtet, dass ausgerechnet jene Berliner Gastronomen, die per Eilantrag die Sperrstunde aushebelten, in den vergangenen Nächten mehrfach kontrolliert wurden. Eine äußerst problematische Aktion, die die Mehrzahl der Kommentare auf Twitter begrüßte mit der Begründung:
„Wer sich im großen Stil gegen die Allgemeinheit stellt, muss mit Repressalien rechnen!“
Längst entsorgt scheint die Einsicht, dass sich der Zustand einer Demokratie und eines Rechtsstaats darin zeigt, wie sehr er bemüht ist, Minderheiten zu schützen und ihre Rechte zu wahren. Sie galt linken Soziologen offensichtlich nur so lange als Axiom, als ihre Positionen von Minderheiten vertreten wurden.
Wie bereits damals, als Nationalismus und Sozialismus zur diabolischen Allianz zusammen fanden, verschwimmen seither die Kategorien von „rechts“ und „links“. Der „Nazi“- oder vulgäre Faschismusbegriff ist untauglich geworden, da der neue Totalitarismus nun vor allem von denen angeführt wird und geprägt ist, die man gemeinhin als links betrachtet.
Masochistische Lust an der Entmündigung
Heute hat Eric Gujer, der Chefredakteur der NZZ Beobachtungen in eine ähnliche Richtung angestellt. Unter dem Titel „Die masochistische Lust an der Entmündigung“ schriebt er:
„Weil derzeit die Zahlen der Neuansteckungen nach oben schießen, geben wieder die Administratoren des amtlichen Durchgriffs den Ton an. Das findet immer Applaus, gerade im linken Spektrum grassiert eine masochistische Lust an der Entmündigung. Dort hat man immer schon gewusst, dass nur der Staat es richten kann.
Je grimmiger die Lage wird, umso mehr ist die Gesellschaft jedoch auf die Freiwilligkeit aller oder wenigstens der meisten ihrer Mitglieder angewiesen. Die meisten übernehmen Verantwortung. Daher gilt auch in der Pandemie: Kontrolle ist gut, Freiheit ist besser. Der Staat sollte die Grenzen seiner Möglichkeiten akzeptieren und das nicht nur, weil er die wirtschaftlichen Folgen eines umfassenden Lockdowns fürchtet.
Auch dieses Paradox gehört zur Pandemie: Je mehr über Verbote geredet wird, umso deutlicher wird, dass Gesundheitsschutz auf Freiwilligkeit beruht. Zwang kann nur die absolute Ausnahme sein. Wo Vorgaben aber unumgänglich sind, braucht es klare Regeln. Im Krieg, so heißt es, sei die Wahrheit das erste Opfer. Im Krieg mit dem Virus darf Gleiches nicht für rechtsstaatliche Verbindlichkeit und demokratische Mitsprache gelten. Sonst wird die Corona-Bekämpfung zu einem bürokratischen Albtraum, den sich Kafka nicht besser hätte ausdenken können.“
Neue Normalität
Ich muss gestehen, dass in meinem persönlichen Empfinden dieser Albtraum längst begonnen hat. Der kafkaeske Krieg, aus dem die „neue Normalität“ weltweit entstehen soll, hat längst begonnen.
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