Besonders gefährdet sind die Gläubigen in Gesellschaften mit anderen prägenden Religionen und in Diktaturen. Ein Gastbeitrag von René Nehring
Es war kein gutes Jahr für die Christen dieser Welt. Immer mehr von ihnen müssen Einschränkungen ihrer Glaubensfreiheit bis hin zu offener Verfolgung erleiden. Dies geht aus dem aktuellen Weltverfolgungsindex (WVI) des christlichen Hilfswerks „Open Doors“ hervor, der diejenigen 50 Länder auflistet, in denen Christen am stärksten drangsaliert werden.
Besonders betroffen sind die Gläubigen derzeit in hinduistisch, buddhistisch und islamisch geprägten Gesellschaften sowie in Diktaturen, vor allem in kommunistischen. So stehen im aktuellen Index Nordkorea, Afghanistan, Somalia, Libyen, Pakistan, Sudan, Eritrea, Jemen, Iran, Indien, Syrien und Nigeria an der Spitze.
Zunahme der staatlichen Drangsalierung vor allem in Asien
Die drei großen aktuellen Trends sind einerseits die Zunahme der staatlichen Drangsalierung, vor allem in Asien. Besonders verschlechtert hat sich die Situation in China. Laut „Open Doors“ sollen die etwa 100 Millionen Christen im Lande „nach den am 1. Februar 2018 eingeführten Vorschriften für religiöse Angelegenheiten ihre Treue zu Jesus Christus durch eine kompromisslose Loyalität zur Kommunistischen Partei ersetzen“.
Der zweite große Negativtrend ist die zunehmende Brandmarkung von Christen als Anhänger einer „fremden Religion“ durch ultra-nationalistische Strömungen.
So gilt das Christentum in Ländern wie Indien nicht nur bei radikalen Randgruppen als „westlich“ und „fremd“. Seit Jahren schon ist der Kampf gegen religiöse Minderheiten ein Hauptanliegen der regierenden hindu-nationalistischen Partei BJP von Premier Modi. In der Folge müssen christliche Schulen, Krankenhäuser, Waisenhäuser und Wohltätigkeitsorganisationen schließen. Zudem griffen hinduistische Mobs zuletzt rund 100 Kirchen sowie mehr als 12 500 Gläubige an.
Extremistischer Islam größtes Problem für Christen
In Somalia und im Norden Nigerias betreiben Anhänger des IS mit großer Brutalität die ethnische Säuberung von christlichen Dörfern und Gemeinden.
Der dritte Großtrend ist die Verbreitung des extremistischen Islam über den Nahen Osten hinaus in die Region Subsahara-Afrika. Hier zeigt sich, dass der „Islamische Staat“ (IS) trotz seiner Gebietsverluste in Syrien und Irak noch lange nicht geschlagen ist. In Somalia und im Norden Nigerias betreiben Anhänger des IS mit großer Brutalität die ethnische Säuberung von christlichen Dörfern und Gemeinden. Auch in Ägypten greifen IS-Kämpfer Christen mit tödlichen Anschlägen auf Kirchen und gezielten Ermordungen an.
Bereits im September beklagte Christof Sauer, Professor für Religionsfreiheit und Erforschung der Christenverfolgung an der Freien Theologischen Hochschule in Gießen, in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) die Zunahme von Gewalt gegen Christen. Dabei nannte er unter anderem die Schließung von 4 000 Kirchen in Angola und von 6.000 Gotteshäusern in Ruanda. In Mosambik köpften Gewalttäter zehn Menschen, um die übrige Bevölkerung zu vertreiben und das Land übernehmen zu können.
Sauer erwähnte auch, dass die Christen ihrerseits andere religiöse Minderheiten selten angreifen würden, und wenn, „dann oft gegen den Willen der Kirchenführer“. Das wirft die Frage auf, wie die Christen generell mit dem Problem umgehen sollen.
Erhebt endlich Eure Stimme für die verfolgten Christen!
Natürlich wird kein vernünftiger Mensch fordern, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Eine Spirale der Gewalt würde niemandem helfen, am wenigsten denjenigen Christen, die ohnehin schon unter immensem Druck stehen. Doch wäre es zumindest ein starkes Zeichen, wenn all diejenigen, die sonst immer dabei sind, wenn hierzulande einheimische Extremisten Ausländer attackieren, auch einmal lautstark die weltweite Gewalt gegen die Schwestern und Brüder im Glauben anprangern würden. Warum nicht einmal eine Demonstration vor den Botschaften derjenigen Länder, die einen Spitzenplatz im Weltverfolgungsindex haben?
Wir alle freilich könnten, wenn wir zu Weihnachten in die Kirche gehen, daran denken, dass das Christsein auch zweitausend Jahre nach Jesu Geburt keinesfalls selbstverständlich ist. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein besinnliches Fest.
Der Beitrag erschien zuerst bei PREUSSISCHE ALLGEMEINE
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