In der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam, bei regnerischem Herbstwetter, trafen sich Dr. Hans Georg Maaßen und Steffen Meltzer zu einem Interview. Der Text erschien zuerst auf dem hervorragenden Blog von Vera Lengsfeld
Steffen Meltzer: Herr Dr. Maaßen, was kann die CDU aus dem herausragenden Wahlsieg der ÖVP und speziell von Sebastian Kurz lernen?
Hans-Georg Maaßen: Sebastian Kurz schaute nicht auf die Meinungsumfragen. Er lässt sich davon nicht beeindrucken, stattdessen macht er eine eigenständige originär konservative- und keine grüne Politik. Daraus kann die CDU lernen, dass sie nicht dem Zeitgeist hinterherlaufen sollte und dass sie nicht versucht, die Grünen nachzuahmen. Diese originäre konservative Politik kann konservative Wähler, die aus Frust und Enttäuschung der AfD ihre Stimme gegeben haben oder die nicht zur Wahl gehen, zurückholen. Die CDU begeht den Fehler, diese Wähler schon abzuschreiben.
Steffen Meltzer: Das klingt für mich erst einmal sehr einleuchtend. Ich möchte Sie trotzdem bitten, noch einmal zum breiten Verständnis näher auszuführen, was Sie persönlich unter einer „konservativer Politik“ verstehen.
Hans-Georg Maaßen: Konservativ heißt, nicht jedem kurzlebigen und unüberlegten Trend hinterherzulaufen, sondern an den Werten, die sich als gut, richtig und zukunftsfähig erwiesen haben, festzuhalten und gleichzeitig offen für die Moderne zu sein. Für die CDU meine ich damit, dass sie wieder die Werte vertreten sollte, die sie früher als Volkspartei stark und auch für viele einfache Bürger wählbar gemacht haben. Eine realistische Politik, die unter anderem auf innere Sicherheit, die Steuerung und Begrenzung der Migration und die Stabilität unseres Gemeinwesens setzt. Große Erfolge feierte sie immer dann, wenn diese Themen im Zentrum der CDU-Politik standen. Bei der Europawahl hatte ich den Eindruck, dass die CDU einem Medienhype hinterhergelaufen ist, anstatt sich auf die eigenen Stärken zu besinnen
Steffen Meltzer: Welche Versäumnisse sehen Sie gegenwärtig bei der inneren Sicherheit? Benötigen wir mehr Personal?
Hans-Georg Maaßen: Wir brauchen nicht mehr an Befugnissen, Personal und Geld, wir brauchen weniger Probleme. Die Sicherheitsbehörden sind aufgrund einer Vielzahl von Problemen überlastet und überfordert. Die Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft nimmt seit Jahren zu. Viele Jugendliche haben keinen Respekt vor den Grundrechten anderer Menschen, weil sie dies nicht gelernt haben. Das trifft auch teilweise auf Migranten zu, die aus ihrer Heimat ein völlig anderes Verständnis von Konfliktlösung mitbringen als wir es kennen. Und viele haben keinen Respekt vor unserer Rechtsordnung und den Vertretern des Staates. Die Lösung ist nicht mehr und immer mehr Polizei u. a. Personal, sondern Prävention, damit die Sicherheitsbehörden nicht überrollt werden.
Steffen Meltzer: Prävention kenne ich auch gut aus anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes. Diese Abteilungen führen oft ein stiefmütterliches Dasein, da man meint, die Ergebnisse der vorbeugenden Maßnahmen nicht konkret abrechnen zu können. Bitte erläutern Sie noch einmal ihre Präventionsmaßnahmen.
Hans-Georg Maaßen: Wir müssen bei jungen Menschen die Erziehungs- und Bildungsarbeit verstärken, um Gewaltbereitschaft und Radikalisierungen auch gegenüber der Polizei zu reduzieren. Mit Blick auf die von Migranten ausgehenden Straftaten ist es notwendig, dass wir zu Zurückweisungen an den Grenzen kommen und dazu, dass gefährliche und straffällig gewordene Ausländer wirklich abgeschoben werden und dass dies nicht nur von der Politik versprochen wird.
Steffen Meltzer: Am Tag der Deutschen Einheit ist in Leipzig ein Neubauprojekt von mutmaßlichen linksextremistischen Attentätern in Brand gesetzt worden. Der Schaden beträgt viele Millionen Euro, der Leipziger Oberbürgermeister Jung sprach von einem terroristischen Anschlag. Haben wir in Deutschland den Linksextremismus unterschätzt?
Hans-Georg Maaßen: In Deutschland besteht seit jeher eine gewisse Grundsympathie der politischen Linken und des linksliberalen Bürgertums für die Ziele des Linksextremismus. Hierzu zähle ich auch Journalisten, die auf dem linken Auge blind sind. Man macht sich zwar mit den Taten nicht gemein, kritisiert aber nicht die Ziele. Teilweise wird verharmlosend behauptet, Gewalttaten seien nur die Reaktion auf überzogene Polizeimaßnahmen oder Notwehr gegenüber staatlicher Repression. Es gibt Politiker, die ihren Auftrag darin sehen, den Linksextremismus kleinzureden und zu bagatellisieren.
Steffen Meltzer: Haben Sie mit Ihren Auftritten im Landtagswahlkampf der sächsischen Union Schaden zugefügt, wie das zum Beispiel die FAZ behauptet hat?
Hans-Georg Maaßen: Das ist Unsinn, einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA zufolge habe ich rund zwei Prozent mehr Stimmen für die CDU in Sachsen gebracht. Persönlich bin ich der Auffassung, es hätten noch mehr Stimmen sein können, wenn von Seiten der CDU-Führung nicht der Eindruck erweckt worden wäre, man wolle mich und die WerteUnion nicht. Was sollten denn die Wähler denken, die gerne eine CDU mit den Positionen der WerteUnion gewählt hätten, wenn die Parteiführung in der heißen Phase des Wahlkampfs signalisiert, dass sie diese Wähler gar nicht will?
Steffen Meltzer: Seit dem 1. Oktober arbeiten Sie als Rechtsanwalt mit der Kölner Medienkanzlei Höcker zusammen. Was hatte Sie dazu bewogen?
Hans-Georg Maaßen: Ich hatte es mir nicht leicht gemacht zu entscheiden, in welchem Rechtsgebiet ich arbeiten werde. Ich habe mich für das Presserecht entschieden, weil ich die Notwendigkeit sehe, Opfer rechtswidriger Medienberichterstattung besser zu schützen. Und da denke ich nicht nur an diejenigen, die durch Falschberichterstattung über ihre Person oder ihr Unternehmen direkt geschädigt werden. Ich denke auch an die Kunden von Zeitschriften, die Geld für wahrhafte Berichterstattung bezahlen, aber lügnerische Relotiusgeschichten erhalten.
Steffen Meltzer: Herr Dr. Maaßen, ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen für das Interview und wünsche Ihnen für Ihre Zukunft alles Gute.
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Steffen Meltzer ist Buchautor von Ratgeber Gefahrenabwehr: So schützen Sie sich vor Kriminalität – Ein Polizeitrainer klärt auf