Donnerstag, 21. November 2024

Fast 4000 Mitarbeiter und nur eine Meinung: Der „Kölner Stadtanzeiger“ als Propagandablatt

Dr. Hermann Conen hat das ökonomische Netzwerk des DuMont-Konzerns und die Bedeutung des Kölner Stadtanzeigers für den Konzern analysiert. In seinem Buch „Ausverkauf – Der ‚Kölner Stadt-Anzeiger‘ im DuMont-Supermarkt“ schreibt er u.a. über die Quasi-Print-Monopolstellung des DuMont Konzerns im Rheinland und über die Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit und das gesellschaftliche Klima. Ulrike Haun hat ihn getroffen

Vor einigen Tagen hat PP über den neuen „Zensor mit Linksdrall“ NewsGuard berichtet, der sich anscheinend zur Aufgabe gemacht hat die Freien Medien zu bekämpfen. Meinungen, die nicht dem Mainstream entsprechend, werden heutzutage unter dem Begriff „Fake News“ und „Hass und Hetze“ zunehmend zensiert.

Gleichzeitig wird die links-grüne politische Agenda über die großen Medienhäuser lanciert. Dr. Hermann Conen hat das ökonomische Netzwerk des DuMont-Konzerns und die Bedeutung des Kölner Stadtanzeigers für den Konzern analysiert. In seinem Buch „Ausverkauf – Der ‚Kölner Stadt-Anzeiger‘ im DuMont-Supermarkt“ schreibt er u.a. über die Quasi-Print-Monopolstellung des DuMont Konzerns im Rheinland und über die Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit und das gesellschaftliche Klima.

Ulrike Haun hat ein Interview mit Dr. Hermann Conen über sein neu erschienenes Buch geführt.

Ulrike Haun: Was war der Anlass, sich mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu beschäftigen?

Hermann Conen: Den Anlass habe ich in meinem neuen Buch „Ausverkauf“ beschrieben: Das war die Kampagne für das neue Fenster von Gerhard Richter im Kölner Dom 2007. Vorher, zur Eröffnung und danach, gab es eine Fülle von Artikeln, Interviews und Fotos, die alle in dieselbe Richtung wiesen und von den DuMont-Journalisten im Unisono verbreitet wurden: Leute, das ist ganz große, transzendentale Kunst, und Kritiker wie Kardinal Meissner rückwärtsgewandte Kunstbanausen. Man hatte das Gefühl, nun sei die große Mehrheit der Kölner über Nacht zu Liebhabern moderner Kunst geworden und Kritik daran eigentlich nur peinlich.

Wie sieht die Unternehmens-Struktur des DuMont-Konzerns aus?

In dem Maße, wie die Auflagen sanken – das tun sie schon seit langem und mit zweistelligen Prozentzahlen innerhalb eines einzigen Jahres -, hat DuMont andere Erwerbszweige forciert. Inzwischen, glaube ich, ist der Anteil dieser ‚Nebengeschäfte‘ am Umsatz höher als das reine Zeitungsgeschäft. Trotzdem glaube ich, dass die Kölner Zeitungen als Pförtner und Drehscheibe für die anderen Produkte und Dienstleistungen für DuMont unverzichtbar sind.

KStA existentiell für die wirtschaftlichen, aber auch die politischen Interessen von DuMont

Meine Prognose angesichts der im Februar dieses Jahres bekanntgewordenen Pläne von DuMont, möglicherweise alle seine sieben Tageszeitungen abzustoßen, lautet: Ja, vielleicht die anderen vier, aber nicht die drei Kölner. Die sind existentiell für die wirtschaftlichen, aber auch die politischen Interessen von DuMont.

Mit welchen anderen Unternehmen bestehen wirtschaftliche Verflechtungen?

Da ist über die Jahre ein so großes Netzwerk entstanden, dass ich die Frage nur summarisch beantworten kann. Das sind Beteiligungen und Kooperationen von DuMont in den Bereichen Arbeitsvermittlung, Ernährung und Gastronomie, Gesundheit, Sport und Fitness, Kultur und Jugend, Ticket-Verkauf, Tourismus und weitere.

DuMont fungiert als Wirtschaftsförderer Nr. 1 im Rheinland, und seine Medien sind die fleißigen Multiplikatoren. Medien sind immer schon  Vermittler, Makler gewesen. Heute, im Turbo-Kapitalismus, sind sie entscheidend für den Erfolg jeder Vermarktung.

Welche weiteren Kooperationen bestehen?

Ich verstehe das als Frage nach den Beziehungen zu den politischen Parteien und Bewegungen und den Wirtschaftverbänden. Ob nun schriftlich festgehalten oder informell vereinbart: DuMont ist mit allem, was in Köln und darum herum politisch und wirtschaftlich unterwegs ist, dann verbandelt, wenn es seinen Interessen entspricht.

DuMont hat sich zum Qualitätsjournalismus bekannt. Wie sieht es mit der Umsetzung aus?

Was ich gerade gesagt habe, gibt schon die Richtung vor. Der deutsche Presse-Kodex verbietet die Verquickung von redaktionellem Teil und Werbe-Teil. Dagegen verstoßen die Dümongs notorisch. Seine Journalisten betätigen sich regelmäßig als kommerzielle Propagandisten. Sie müssen trommeln für ihren Dienstherrn.

Ja, es gibt auch Qualitätsjournalismus im KStA, aber nur dann, wenn die wirtschaftlichen Interessen von DuMont nicht gefährdet sind, Ausnahmen bestätigen die Regel. Mein Buch heißt auch deswegen „Ausverkauf“, weil dem möglichen materiellen Total-Ausverkauf der Zeitungssparte von DuMont ein Ausverkauf der Ethik journalistischer Arbeit vorausging.

Dieser Widerspruch schreit zum Himmel!

Wie passt es zusammen, wenn der KStA sich einerseits für das Klima ausspricht und gleichzeitig Werbung für eigene Produkte und Reisen macht?

Dieser Widerspruch schreit zum Himmel! Da empfinde ich als ein Mensch, der so nachhaltig und ressourcen-schonend wie nur irgend möglich lebt, echte Empörung. Dieselben Journalisten, die schon aufschreien, wenn ein Politiker oder sonstwie Prominenter dem falschen „rechten“ Medium ein Interview gibt, schreiben neuerdings gegen die umweltschädigenden Kreuzfahrt-Touren auf den Weltmeeren, während ihr Dienstherr sie fast täglich an den Mann bringt.

Wie versucht der KStA seine Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen?

Es hat verschiedene Kampagnen gegeben, am besten erinnerlich ist den Lesern vielleicht die Kampagne „Seriös Zuverlässig Glaubwürdig“, die in der zweiten Hälfte des Jahres 2017 mit ganzseitigen Anzeigen verbreitet wurde. Das funktionierte nach der Methode Image-Transfer: Die Promis X, Y und Z, alle finden uns super. Hat aber nichts gebracht.

Ich kann in meinem Buch nur ein einziges gelungenes Beispiel für Glaubwürdigkeit nennen: In der denkwürdigen KStA-Ausgabe vom 29. Mai 2017, als man sich selbst für die Vergabe des „Wächterpreises“ feierte, hat man im Magazin die redaktionellen Abläufe nach Bekanntwerden der massenhaften sexuellen Mißbrauchsfälle zu Silvester 2015/16 minutiös aufgelistet, so eine Art Logbuch. Da hat sich die Redaktion Meriten verdient und gezeigt, was Lokaljournalismus leisten kann, wenn er einfach sagt, was geschehen ist.

Nach einer Allensbach-Studie von 2009 sind 70% der Journalisten dem rot-grünen Lager zuzuordnen. Dies steht in einem Mißverhältnis zu den Wähler-Voten z.B. bei der Bundestagswahl 2009. Wie wirkt sich dieses Mißverhältnis auf den Journalismus aus?

Dieses umgekehrte Verhältnis von Wähler- und Journalisten-Voten ist lange Zeit stabil gewesen. Seit den Wahlerfolgen der Grünen bin ich mir da nicht mehr so sicher, jedenfalls, was Köln angeht. Die KStA-Journalisten arbeiten nach den EU-Wahlen daran, diese Machtbasis noch zu vergrößern.

Wie sehen Sie den aktuellen Zustand der Meinungs- und Pressefreiheit?

Die Meinungsfreiheit ist, was das Rheinland betrifft, durch das Quasi-Print-Monopol der DuMont-Medien massiv eingeschränkt. Mir wurde das an der aktiven Rolle von DuMont anlässlich des Bundesparteitags der AfD im April 2017 klar. Da haben seine Medien die Aufgabe gehabt, die Gegendemonstrationen so groß wie möglich zu machen, obwohl es das erklärte Ziel vieler Demonstranten war, den Parteitag zu verhindern. Das geht nicht ohne Gewalt. Nur ein Großaufgebot von 4000 Polizisten konnte das Schlimmste verhindern. Wenn Medien die Wirklichkeit erst schaffen, über die sie eigentlich wahrheitsgetreu berichten sollen, dann bedeutet solcher parteiische Aktivismus das Ende der Neutralität, dann bleibt nur noch Gesinnungsjournalismus übrig.

In der Redaktion des KStA gibt es keine innere Pressefreiheit

Kürzlich konnte man die Ergebnisse einer Allensbach-Umfrage lesen, nach der 61 Prozent der Befragten sagen, man müsse heute „sehr aufpassen, zu welchen Themen man sich wie äußert“, es gebe „ungeschriebene Gesetze, welche Meinungen akzeptabel und welche tabu sind“. DuMont ist der Hauptakteur der einseitigen Meinungsmache im Rheinland. In der Redaktion des KStA gibt es keine innere Pressefreiheit, keinen Meinungspluralismus, man agiert als Kollektiv.

Sehr selten dürfen Experten von außen Gegen-Positionen vertreten, wozu sich die KStA-Journalisten dann aber nicht äußern. Das bleibt einfach so stehen, als Lückenbüßer für die „Lückenpresse“.

Was können wir tun?

Wer nur den KStA liest, lebt in einem neuen Tal der Ahnungslosen. Ich gebe in meinem Buch zum Schluss einige Empfehlungen für alternative Medien im Internet. Viel wichtiger ist nach meiner Meinung aber die grundsätzliche Haltung jedes einzelnen Lesers zu den Medien. Wer sich über politische Themen informiert, nur um im Freundes- und Bekanntenkreis mithalten zu können, bleibt immer an der Oberfläche, für den reicht der KStA. Angesichts der zahlreichen Bedrohungen und negativen sozialen Entwicklungen ist Aufwachen angesagt. Die Meinungsbildung muss wieder eine eigene Anstrengung werden. Dafür empfehle ich eine informationelle Diät statt der heute üblichen Bulimie: Lieber wenige Themen behandeln, die wirklich mit dem eigenen Leben zu tun haben, als diese Illusion von allseitiger Informiertheit. Da geht man nur den Journalisten auf dem Leim.

Vielen Dank für das Gespräch.

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Dr. Hermann Conen: Ausverkauf – Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ im DuMont-Supermarkt (ISBN 978-3-7494-3973-7), 13,99 – Hier bestellbar

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