(David Berger) Unter dem Titel „Die WerteUnion – eine Handvoll Irre in der Wüste“ übernimmt JouWatch eine herbe Kritik des Bloggers younggerman.com an der WerteUnion. Nicht nur der Ton des Textes ist unangemessen, er unterlässt es auch die zentrale Frage zu stellen, die angesichts der Rolle der WerteUnion zu klären ist.
Anlass für die Kritik von „Younggerman“, dessen Identität aufgrund des Impressums nicht ganz klar ist und die JouWatch zweit-veröffentlicht, bot ein Statement von WerteUnions-Chef Alexander Mitsch in der „Welt“. In dem Text von Younggerman dazu heißt es:
„Alexander Mitsch, Vorsitzender der WerteUnion, bekommt einen Absatz auf einer halben Seite auf der Welt-Online, um dort vorsichtige Kritik am Linkskurs der CDU üben zu dürfen. Die Union solle sich nicht mit den Grünen in einer Koalition zusammentun, sagt er und merkt wohl nicht, dass er wie ein Prediger in der Wüste keinen nennenswerten Resonanzraum hat. Man will den gut meinenden Mitsch einfach nur umarmen und ihm sagen: «Alles ist gut, alles ist gut. Es ist vorbei. Hör auf.» Wie ein fanatischer Notfallsanitäter versucht er einen kürzlich endgültig Verstorbenen mit sinnlosen Herzdruckmassagen wiederzubeleben. Keiner hat wohl den Mut es ihm zu sagen. Die CDU, wie sie mal war, ist tot.“
Mitsch als fanatischer Sanitäter?
Gleich zu Anfang muss ich sagen, dass mir der Ton dieses Artikels, besonders der Schlagzeile nicht gefällt. Und das nicht nur, weil ich die WerteUnion für eine Gruppierung halte, die ähnliche Anliegen wie „wir“ vertritt.
Nein, die Bezeichnung „Irre“ für politisch Andersdenkende hat im normalen journalistischen und politischen Diskurs in den wenigsten Fällen etwas verloren.
Aber auch inhaltlich habe ich mit dem Text meine Probleme. ich verstehe, dass er ein Weckruf sein wollte und von daher extrem zuspitzt. Ich wäre der letzte, der das kritisieren darf. Auch ich habe die WerteUnion verlassen und mit Kritik an dem Verein nicht gespart. Ich wurde kurz darauf von der Facebookgruppe der WerteUnion ausgesperrt. Ebenfalls ein Prozedere, das den konstruktiven Dialog weniger fördert und eher an pubertären Zickenkrieg erinnert als an gestandene Politiker.
Die CDU ist nicht tot, sie lebt mit altem Namen, aber neuem Inhalt weiter
Aber man macht es sich zu einfach, wenn man die CDU für tot und Mitsch zu einer Art nekrophilen Sanitäter erklärt. Die Partei mag auf weite Strecken ihre Ideale, darunter das christliche Menschenbild, gänzlich verraten haben. Aber sie ist nach wie vor die stärkste Partei in Deutschland, darin wird sich auf absehbare Zeit auch nichts ändern.
Die politische Ur-Tugend überhaupt, die Klugheit, wird, wenn sie nach Macht strebt, um etwas zu verändern, nicht um die Frage nach einer Koalition bzw. wie auch immer gearteten Zusammenarbeit mit der CDU herumkommen. Das gilt zumal für die AfD.
Feigenblattfunktion oder Brücke zur AfD?
Und hier stellt sich nun für mich die entscheidende Frage, die man nicht mit dem Verweis darauf, die WerteUnion bestünde aus lauter Irren, lösen kann:
- Dient die WerteUnion in erster Linie als Konservatives Feigenblatt für eine linksgrüne Politik der Union, damit konservative Wähler nicht zur AfD überlaufen. Dass die Uniosspitze das so sehen dürfte, macht es noch nicht wahr. Aber das Verhalten von Mitsch & Co lässt auf weite Strecken vermuten, dass man so (mehr oder weniger willig) missbraucht wird. Etwa dort, wo man auf seiten der WerteUnion die Politik der Union im Hinblick auf den verhängnisvollen Migrationspakt mittrug.
- Oder gelingt es der WerteUnion primär, die Gesamtstimmung in der Union wieder etwas nach „rechts“ zu verschieben und die CDU so fähiger für eine schwarzblaue Koalition zu machen? Unwahrscheinlich ist das nicht. Aus der Soziologie wissen wir, dass die Vertreter von Außenseitermeinungen in Gruppen zwar sozial isoliert werden. Sind sie aber dennoch lautstark genug, verschieben sie die Mehrheitsmeinung ein Stück weit in ihre Richtung.
Ich gestehe ganz ehrlich, dass ich es nicht einschätzen kann, welche der beiden Antworten richtig ist. Vielleicht tragen beide mit zu dem widersprüchlichen Bild bei, das die WerteUnion nach außen hin bietet. Inhaltlich haben solche Widersprüchlichkeiten meine ganz persönliche Sympathie, strategisch sind sie im politischen Feld jedoch wenig hilfreich, um einer Gruppe zum Erfolg zu verhelfen.
Umso spannender nun die Entscheidung unserer Leser, welche der beide Optionen sie für zutreffender halten.
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