Warum Deutschland vom Konflikt USA-Türkei profitieren kann. Ein Gastbeitrag von Dr. Viktor Heese
Das Warten auf die „Pleite“ des Landes und den Fall Erdogans bringt wenig. Diese Wünsche sind genau so unrealistisch, wie einst im Falle Russlands. Die ökonomisch starke Türkei liebäugelt mit dem BRICS-Beitritt. China, Russland würden im Notfall mit Krediten einspringen.
Schwache Wirtschaftsdaten werden exponiert, starke Daten verschwiegen
Wenn Systemmedien „undemokratische Volkswirtschaften“ an den Pranger stellen, bauschen sie schwache Seiten auf und verschweigen Erfolge. Auch im Falle der Türkei hört der GEZ-Zuschauer pausenlos vom Lira-Crash, Hyperinflation und steigender Auslandsverschuldung. Über die Konjunkturstärke, geringe Inlandsverschuldung, neuen Touristikboom und hohe Devisenreserven erfährt er so gut wie nichts. Will er ein ausgewogenes Bild bekommen, sollte er die seriösen Quellen heranziehen (vgl. Links im Text).
Die Wirtschaft ist „labil“, ist sich aber nicht in der Krise
Die bundesfinanzierte gtai spricht von der „Gefahr einer harten Landung“. So etwas gibt es in Ländern die stark wachsen, wie eben die Türkei mit zuletzt 5,5%, oft. . Auch China soll mit wirtschaftlicher „Überhitzung“ zu kämpfen haben. Aber nur Wachstum bringt Schwellenländer voran. Wenige wissen es, dass die Türkei mit einem BIP von 2,2 Bill. USD in 2017 von der Wirtschaftskraft mit Italien vergleichbar ist.
Lira-Verfall mit nur geringer konjunktureller Auswirkung
Eine starke Währung ist nur für Länder wichtig, die viel Außenhandel treiben und auf das Auslandskapital angewiesen sind. Die türkische Wirtschaft ist aber nur halb so stark vom Außenhandel abhängig, wie die deutsche. Den Schwerpunkt der Handelsbeziehungen bilden die Schwellenländer. Wenig deutet darauf hin, dass Auslandsinvestoren das Land meiden werden, zumal Erdogan das Anlageklima verbessert.
Fazit: der Lira-Verfall genau so wenig, wie 2014-2015 der des Rubels. Mehr noch: die billige Währung wird den Touristik-Boom des Mittelmeerstaates wieder anheizen. Zudem wird Erdogan die Landeswährung stützen.
Auslandsverschuldung im Vergleich zu Italien ungefährlich
Die USA versuchen mit Zöllen, Kreditverweigerungen (Druck auf den IWF!) und Rating-Herabstufungen die Türkei in die Knie zu zwingen. Das wird misslingen. Die Hälfte der Gesamtverschuldung der Türkei von 450 Mrd. USD (Italien, Frankreich und Deutschland weisen 2 Bill. € aus) entfällt auf das Ausland. Der Anleihenmarkt sieht keine „Pleite“. Für eine fünfjährige Euro-Staatsanleihe wird 4,5% Rendite gezahlt, für italienische aber 6%. Das Land könnte jederzeit umschulden, weil China, Russland, einige Golf-Staaten und die BRICS-Bank ihm Geld leihen würden. Auch europäische Großbanken sitzen in der „Türkei-Kreditfalle“, wie vormals in anderen „Fallen“. Im Notfall werden Rettungsschirme aktiviert.
Auch die türkische Börse bleibt ruhig
Während unsere Systemmedien über Panik, Kapitalflucht, Crash-Gefahr für die Börsen oder dem Elend der Bevölkerung (die Arbeitslosigkeit in der Türkei ist mit 10% niedriger als in vielen EU-Staaten) berichten, bleiben türkischen Aktien auf langfristigem Rekordkurs. Der Aktienindex ist in den letzten 10 Jahren +126% gestiegen und im letzten Jahr 14% gefallen. Einheimische Anleger bekommen mehr als den Inflationsausgleich von 10%.
Nicht nur vom NATO-Austritt der Türkei könnte Deutschland Nutzen ziehen
Die Deutschen erkennen nicht den Nutzen, den ihnen ein Bruch der Türkei mit den USA – wir würden wohl die US-Position stützen – brächte. Die NATO-Auflösung käme näher, der Militärkonflikt mit dem Iran wäre unwahrscheinlicher (Ausfall der Türkei als US-Aufmarschgebiet), der Druck auf die hiesige Flüchtlingspolitik wegen Öffnungsgefahr der Balkan-Route würde zunehmen, die Gaslieferung über Turkisch_Stream wäre gesichert.
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Unser Gastautor Dr. Viktor Heese – Finanzanalyst und Fachbuchautor, www.finanzer.eu, www.prawda24.com