Donnerstag, 21. November 2024

Wer Mini-Parteien, ungültig oder gar nicht wählt, stärkt Merkel

Ein Gastbeitrag von Jürgen Fritz

Peter Altmaier, Angela Merkel und der CDU wäre es lieber, wenn Sie gar nicht wählen gehen oder ungültig stimmen, sofern Sie nicht gewillt sind, die Politik der „etablierten Parteien“ weiter zu unterstützen. Auch die Stimmabgabe für eine Minipartei wäre ihnen Recht. Hier die Erklärung, warum dies alles Merkel kein bisschen weh tut, im Gegenteil, sie sogar noch stärkt.

Was soll man tun, wenn man die amtierende Regierungschefin und ihre Politik auf keinen Fall bestätigen will? Wie kann man dagegen opponieren? Geht es nur über die AfD oder auch über Miniparteien, ungültig oder aus Protest gar nicht wählen?

Stimmen für Miniparteien haben keinerlei Einfluss auf die Zusammensetzung des Parlamentes

Wer eine kleine Partei wählt, die keine Chance auf Überwindung der Fünfprozenthürde hat, der richtet zwar keinen Schaden an, seine Stimme wird aber im neuen Bundestag nicht abgebildet sein. Er nimmt also keinerlei Einfluss auf die Zusammensetzung des Parlamentes. Stellen Sie sich, um es vom Prinzip her zu verdeutlichen, einfach vor, es gäbe 25 Parteien, die alle so zwischen 2 und 4 Prozent, im Schnitt bei 3 Prozent lägen. Diese 25 Kleinparteien kämen somit zusammen auf 75 Prozent. Dann würden nur die 25 Prozent der Wähler der Über-Fünf-Prozent-Parteien alleine bestimmen, wie sich der neue Bundestag zusammensetzt. Käme eine Partei dann auf 12,51 Prozent, hätte sie damit die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament und könnte alleine regieren. Mit 12,51 Prozent, also einem Achtel der abgegebenen gültigen Stimmen!

Ergo: Wer Kleinstparteien wählt, die keine realistische Chance auf Überwinden der Fünfprozenthürde haben, stärkt damit die Parteien, die über 5 Prozent liegen, weil ihre Anzahl der Sitze im Parlament – und das ist das Entscheidende! – dadurch steigt. Mathematisch gesprochen: weil durch die Stimmabgabe für sonstige Parteien der Nenner (Anzahl der Stimmen für Parteien, die in den Bundestag einziehen) verkleinert wird, so dass die Bruchzahl (Sitze im BT) bei gleichem Zähler (Stimmen z.B. für die CDU) dadurch größer wird.

Oder kurz:

Wer eine Minipartei wählt, bestätigt damit indirekt die Merkelwahl der anderen, weil er nicht gegen sie stimmt, da sein Kreuz für die Zusammensetzung des Bundestages keinerlei Auswirkung hat.

Auch ungültig oder gar nicht wählen bringt nichts

Ähnliches gilt für Gar-nicht-wählen-Gehen und für Ungültig-Wählen. Denn was passiert hier? Stellen Sie sich, wiederum um das Prinzip zu verstehen, vor, es wären tausend Personen aufgerufen über etwas abzustimmen. 901 hätten aber entweder keine Lust, kein Interesse, keine Zeit, was anderes vor oder wollten sich aus Protest nicht beteiligen bzw. würden extra ungültig stimmen. Dann würden die verbleibenden 99 über die Belange der Tausend entscheiden. Angenommen es würden 50 zu 49 für den Vorschlag X stimmen, dann hätten diese 50, fünf Prozent aller Betroffener, über das entschieden, was tausend Wahlberechtigte betrifft.

Ergo: Wer gar nicht oder ungültig wählt, der vergibt seine Chance auf eine Korrektur des Votums der anderen. Er bestätigt im Grunde die gültigen abgegebenen Stimmen und sagt indirekt respektive implizit: „Ich bin voll und ganz einverstanden, was ihr entscheidet. Ich möchte dies kein bisschen verändern.“

Damit wählt auch er indirekt Merkel, weil er nicht gegen sie stimmt, wodurch er sie schwächen würde.

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David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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