(David Berger) Nur kurze Zeit nach dem Heimgang Papst Benedikts XVI. ist einer seiner Kardinäle verstorben, der ähnlich wie er unter dem Hass, der Lüge und perfiden Verleumdung seiner Gegner zu leiden hatte: Der australische Kardinal George Pell ist tot.
Pell verstarb gestern im 82. Lebensjahr. Mit ihm geht einer der vorerst letzten Vertreter einer Kardinalsgeneration (zu der auch Kardinal Meisner gehörte und die Kard, Müller wie Sarah gehören), deren kraftvoller Einsatz für die Catholica viele bis aufs Blut reizte und so den Hass auch weltliche Institutionen, die sich in den Dienst der „Neuen Normalität“ gestellt haben, auf sich zog.
An kaum einem Kirchenmann der jüngsten Zeit – so das Nachrichtenportal katholisches.info – wurde ein grausameres Exempel statuiert, um sein Wirken einzuschränken und seinen Einfluß zu brechen. Vor dem Konklave 2013 galt er noch als ein Papabile wenige Jahre später wurde er an den Pranger gestellt. Er ließ sich aber nicht brechen“.
Wollte Licht in Finanzskandal des Vatikan bringen
Der in Australien geborene und in Rom zum Priester geweihte Pell durchlief eine vorbildliche Karriere eines hochgebildeten und zugleich frommen Priesters sowohl in Rom, besonders aber in seiner australischen Heimat.
Pell war, als Papst Franziskus seinen „Kardinalsrat“ errichtete der einzige Purpurträger Ozeaniens und so wurde er zum von Franziskus mehr gelittenen als gewollten Mitglied dieses Gremiums. Um sich auf seine Weise an ihm zu rächen und „ihn aus seiner starken Position in Australien zu entfernen, wurde er 2014 von Franziskus an die Römische Kurie „wegbefördert“ und zum ersten Präfekten des ebenfalls neuerrichteten Wirtschaftssekretariats ernannt. Der fähige Verwalter erlebte mit seiner britischen Nüchternheit in Rom zunächst einen Kulturschock. Damit hätte er sich wohl noch abgefunden, doch seine Aufgabe wollte er pflichtbewußt erfüllen und stieß damit in ein Wespennest. Die Folgen waren unglaublich.
Während er in Rom gegen Mauern anrannte und auf Widerstände ungeahnter Art stieß, wurde in Australien ein Anschlag auf seine Integrität vorbereitet, der sein weiteres Leben zeichnen sollte. Alles begann mit einer Medienkampagne, die den Kardinal zum sexuellen Mißbrauchstäter stempelte. Der Mißbrauchsskandal, der die Kirche in den vergangenen 15 Jahren beutelte, ließ eine große Wunde in der Kirche offenbar werden, die ihr von einer kleinen Tätergruppe zugefügt wurde. Der Umgang damit überforderte einige Oberhirten, andere vertuschten schuldhaft. Bis heute wird das Hauptübel, die Homosexualität, nicht beim Namen genannt, schon gar nicht von Papst Franziskus.
Missbrauch als Totschlagargument
Nur: Kardinal Pell hatte sich nichts zuschulden kommen lassen. Er hatte weder sexuell mißbraucht noch Mißbrauchstäter gedeckt. All das wurde ihm jedoch zum Vorwurf gemacht. Am Beispiel Pell zeigte sich, daß der Mißbrauchsskandal – als wäre er für sich nicht schon schlimm genug – auch als Totschlaginstrument mißbraucht wurde: innerhalb der Kirche, um Gegenspieler aus dem Weg zu räumen, außerhalb der Kirche, weil eine kirchenferne Medienmeute bereitwillig auf jeden Zug aufspringt, mit dem die Kirche angegriffen werden kann.
Bis heute hält sich die These, daß der gegen Kardinal Pell in Australien entfesselte Mißbrauchsskandal seinen Ausgangspunkt im Vatikan hatte, um ihn als Präfekt des Wirtschaftssekretariats loszuwerden.
Pell, vom römischen Widerstand und den ungerechten australischen Anschuldigungen in die Zange genommen, entschied sich, einen Weg zu gehen, der erstaunte und großen Respekt verdient. In Rom mußte er enttäuscht feststellen, daß Papst Franziskus, der ihn gerufen hatte, nicht hinter ihm stand, als es darum ging, die vatikanischen Widerstände zu überwinden, weil sich die einzelnen Dikasterien nicht in ihre Finanzen schauen lassen wollten. Vielmehr hatte sich Franziskus 2016 auf die Gegenseite geschlagen und die Zuständigkeiten Pells massiv eingeschränkt. Es hatte in Santa Marta mißfallen, daß der Australier zusammen mit zwölf anderen Kardinälen im Oktober 2015 einen Brief an Franziskus gerichtet hatte, mit dem sie gegen vorgefertigte Ergebnisse bei der Bischofssynode über die Familie protestierten.
Franziskus machte innerkirchlichen Kritiker zum Freiwild für Kirchenhasser
So entschloß sich der Kardinal im Juni 2017 Rom zu verlassen und nach Australien zurückzukehren und sich den verbrecherischen Verleumdungen zu stellen. Papst Franziskus unternahm nichts, um seinen Mitarbeiter zu halten. Die New York Times frohlockte, daß der innerkirchliche Widerstand gegen Franziskus innerhalb von wenigen Tagen massiv geschwächt worden war.
Ohne römischen Rückhalt war Pell in seiner Heimat zum Freiwild geworden. Sein Fall wurde zum Schandfleck für Australiens Medien, die ihn vorverurteilten, weil es ihnen gefiel, einen so hohen konservativen katholischen Würdenträger zu Fall zu bringen. Der deutsche Sprachraum hatte die Entfesselung dieser niederen Instinkte einer Jagdgesellschaft gegen Kirchenmänner schon in den 90er Jahren erlebt.
Auch die australische Justiz schrieb kein Ruhmesblatt. Die Staatsanwaltschaft schien den Mißbrauchsskandal als „Lizenz“ für eine „Hexenjagd“ mißverstanden zu haben. Kardinal Pell wurde vor Gericht gestellt und von einem offensichtlich vom Mediengeheul beeinflußten Geschworenengericht als erster Purpurträger der Geschichte wegen angeblichen sexuellen Mißbrauchs am 11. Dezember 2018 zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Gleich am nächsten Tag warf ihn Papst Franziskus aus dem Kardinalsrat. Auch in dieser Situation ging der tief verletzte Pell einen ganz ungewöhnlichen Weg. Um seine Unschuld zu unterstreichen, lehnte er in Erwartung der zweiten Instanz es ab, einen Haftaufschub oder Hausarrest zu beantragen, sondern ging ins Gefängnis. Das hatte die Welt auch noch nicht gesehen.
Freispruch für den Kardinal
In zweiter Instanz wurde dann von einem Richtersenat die Verurteilung am 21. August 2019 bestätigt, doch einer der drei Richter vertat eine konträre Position und zeigte alle Schwächen und Fehler von Pells Verurteilung auf (siehe auch „Kardinal Pell ist unschuldig, seine Ankläger sind es nicht“). Vor dem Obersten Gerichtshof erhielt der Kardinal schließlich am 7. April 2020 mit einem Votum von sieben zu null Stimmen in vollem Umfang Recht. Das Urteil wurde kassiert, der Kardinal freigesprochen und umgehend enthaftet.
Über ein Jahr hatte Pell in verschiedenen australischen Gefängnissen verbringen müssen und dort ein Hafttagebuch geführt, das eine große geistige und geistliche Reife und Stärke zeigt, und das er anschließend veröffentlichte. Aus dem Gefängnis nahm der Kardinal auch zu kirchlichen Fragen Stellung und warnte im Zusammenhang mit der Amazonassynode vor falschen Wegen. Für seine innerkirchlichen Positionen ist wohl auch der tiefere Grund für den Alptraum zu sehen, den er durchmachen mußte.
Zumindest einige australische Medien hatte den Anstand, sich anschließend bei Pell zu entschuldigen. Andere beharrten hochmütig auf ihrer Feindseligkeit und versuchten krampfhaft neue Anklagepunkte zu suchen.
Papst Franziskus weigerte sich mehr als ein halbes Jahr seinen Kardinal zu empfangen. War der Freispruch so ungelegen? Nach der fehlenden Rückendeckung in Rom, aber auch im Prozeß, verweigerte Franziskus damit auch die sichtbare Rehabilitierung des Kardinals, den eine offizielle Audienz vor aller Augen bedeutet hätte.
Mehr noch: Anstatt den Instanzenweg abzuwarten, entließ ihn Franziskus während des laufenden Verfahrens als Präfekt des Wirtschaftssekretariats. Das Signal war fatal und wurde erwartungsgemäß dahingehend interpretiert, daß auch Santa Marta von Pells Schuld überzeugt sei.
Weiterhin starker Kritiker des franziskanischen Kirchenneubaus
Am 12. Oktober 2020 war es dann doch soweit. Franziskus empfing den Kardinal allerdings nur in Privataudienz und übertrug dem inzwischen 79jährigen Kirchenmann kein Amt mehr.
Kardinal Pell setzte seinen Weg jedoch bis zuletzt fort, wo es ihm möglich war. Er hielt Katechesen, verteidigte in öffentlichen Diskussionen, so 2021 in Oxford, die kirchliche Morallehre gegen liberale Jesuiten, warnte vor einer Synodalität mit Hintergedanken, kritisierte das Geheimabkommen mit der Volksrepublik China und zeigte sich skeptisch über das Motu proprio Traditionis custodes.“ (Quelle)
Der ehemalige Premierminister Australiens erklärte, das Land habe „einen großen Sohn“ verloren — und die Kirche „eine große Führungspersönlichkeit“. Hedwig von Beverfoerde in einem schon gestern veröffentlichten Statement: „Einer der aufrechtesten Kirchenmänner! Die Besten werden uns genommen!!! Möge er den Siegerkranz entgegennehmen!“
Zuletzt wurde der Kardinal in der Öffentlichkeit wahrgenommen, als er an der Beisetzung Papst Benedikts XVI. auf dem Petersplatz teilnahm. Nun darf er vor einem Richter stehen, in dem sich die absolute inkorrupte Gerechtigkeit sich mit der größtdenkbaren Barmherzigkeit einen. Und vermutlich wird er zusammen mit Benedikt in der triumphierenden Kirche eine Hierarchie der himmlischen Herrlichkeit erleben, die von dem Bild, das derzeit die „streitende Kirche“ abgibt, weit entfernt ist. RIP!
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