Mit den Stimmen der Mehrheit von Grünen, SPD und Linke wollen die Machthaber des Berliner Stadtteils Kreuzberg ihren 157 Jahre alten Kiez umbenennen. Das Ziel: Die „Entmilitarisierung des öffentlichen Raums“. Ein Gastbeitrag von Meinrad Müller
Die sprichwörtliche Bescheidenheit hiesiger Bewohner drückt sich in dieser Anekdote trefflich aus: „Wenn wir Berge hätten, dann wären sie größer“. Nun wollte es aber die
Vorsehung oder die Siedlungskunst der alten Slawen und Germanen just ein flaches Sumpfgebiet an Spree und Havel als Siedlungsraum zu bestimmen, welches zugleich für künftige Generationen sehr zunutze sein würde. Ob mit Muskelkraft betriebenes Lastenfahrrad, dieses mit 1000 Euronen staatlich gefördert oder der gemeine AOK-Rollator für die gerade zu Ende sich neigende Generation, der sonst so runde Erdball ist in Berlin so flach wie eine Flunder und demzufolge mühelos zu befahren.
Riesiges Kriegsdenkmal
Doch hier auch gilt, Ausnahmen gibt es immer wieder und dazu zählt der mitten in der Stadt gelegene Kreuzberg, bei welchen in der Blüte der Subventionsära 1970-1980 schlicht vergessen wurde, eine alpine Seilbahn zu installieren. So müht sich der noch nicht ermattete Tourist, der unbeschadet den Verlockungen günstigsten Gerstensaftes zu 70 Cent pro halben Liter, feilgeboten alle 200 Meter in Etablissements, genannt Späti, den steilen Berganstieg wagt.
Die mit allerlei Gebüsch gesäumten 66 Höhenmeter gilt es auf gewundenen Serpentinen zu erklimmen, um alsdann eine grandiose Aussicht a lá „Völker schaut auf diese Stadt“ zu genießen. Hat der optische Augenschmaus über das wogende Häusermeer zu geistigen Sättigung geführt, nehmen wir in dieser CO2-armen und luftigen Höhe wahr, dass weit und breit keine urige und hölzerne Almgaststätte in das Höhenambiente integriert wurde. Dies wiederum erleichtert das weitere Wahrnehmen der Kunstinstallationen auf eben diesem Kreuzberg.
König Friedrich Wilhelm III lies am Gipfel des Kreuzbergs im Jahre 1818 ein riesiges Kriegerdenkmal (sh. Wikipedia) errichten, das die Bevölkerung für alle Zeiten an siegreiche Befreiungskriege gegen Napoleon erinnern sollte. Die Besichtigung dieses von Schinkel stammenden Kunstwerks sei schnellstens angeraten, da im Zug der fortschreitenden Infantilisierung des Multikulti-Stadtteils Kreuzbergs (rund 150.000 Einwohner) eine weitere Radikalisierung zu befürchten sein wird. Anstelle der gusseisernen Werke könnte sich künftig ein Ensemble aufblasbarer Hüpfburgen zeigen.
Siegreiche Generäle
Dass die den Kreuzberg umliegenden Straßen auch noch nach den siegreichen Generälen benannt sind, das ginge schon gar nicht mehr, wettert die grün-rot-rote Kreuzberger Lokalpolitik. Doch zum Trost der Traditionalisten sei an das Lied „Kreuzberger Nächte sind lang“ erinnert, in dessen Verlauf manch noch unsubventioniertes Späti-Bier die Gemütchen kühlen dürfte. Zuträglich und friedlich einwirken werden auch bestimmte nachwachsende Rohstoffe, die zur Optimierung des Tabaks in diesen mit eingerollt werden.
Alternativ ließe sich zumindest in Gedanken vorstellen, dass Napoleon vor über 200 Jahren die Schlachten gewonnen hätte, wir in Folge nun Französisch sprächen, auf Kreuzbergs Spitze nun einen marmornen Triumphbogen vorfänden, der von Hunderten gemütlicher Straßencafés umsäumt wäre, so bunt wie im Pariser Quartier Montmartre. Dass, wie in Paris üblich, martialisch gewandete Soldaten mit Maschinengewehren die Buntheit des Besucherstroms bereichern würden, daran mögen wir erst gar nicht denken.
Mondsichelberg
Bevor wir nun des Nachmittags „Pack die Badehose ein, nimm‘ dein kleines Schwesterlein“ trällern und zum Wannsee fahren, schnüren wir unsere Bergsteigerschuh, packen eine Brotzeit in den Rucksack und erklimmen wir in Befürchtung trauriger Zeiten letztmalig den höchsten Berg Berlins. Noch heißt er Kreuzberg und nicht Mondsichelberg. Holadrio!
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