Corona macht auch dem Letzten klar: Die Kirchen in Deutschland sind nicht mehr Korrektiv, sondern Diener des Staates. Ein Gastbeitrag von Friedrich Georg von Spee zu Frundsberg*
Was den Nazis und Kommunisten nicht gelungen ist, sehen wir in diesen Tagen. Ostern fällt aus (wenn man so will), die Sakramente versiegen. Klaglos unterwirft sich die Kirche im vorauseilenden Gehorsam den Versammlungsverboten des Staates.
Auch nutzt sie die Gunst der Stunde nicht zur Reflexion auf den Zustand der Gesellschaft. Und es ist auch kaum zu erwarten, dass man von den Kirchen im Nachgang etwas hören wird zu Stichworten wie maßlosem Konsum, Exportweltmeister, unendliches Wachstum oder ideologischer Gleichschaltung. Denn sie ist Teil des Systems, lebt nicht nur in ihm sondern sehr gut von ihm. Christus soll sich dauerhaft dem Kaiser unterwerfen.
Bauch voll? Toll!
Seit Generationen wird schon den Schülern eingetrichtert, es käme weniger auf die Ratio denn auf das „Bauchgefühl“ an. Männlichkeit ist toxisch. Das Gefühl ist es, worum es letztlich geht, worin sich menschliche Qualitäten zeigen.
Auf dem satten Polster einer kaum durchdringbaren Schicht an Versorgungsgütern konnten wir es uns leisten, gute Menschen zu sein. Wir waren mitfühlend, außer vielleicht im Straßenverkehr. Wir waren pazifistisch – abgesehen von ein paar unverbesserlichen Kids an ihren Spielekonsolen, doch über die konnte man sich ja regelmäßig medienwirksam echauffieren. Dabei wurden wir immer besser. Wir haben die ganze Welt in unsere Arme geschlossen, jede noch so kleine Interessensvertretung wurde zur Chefsache erklärt, wenn ihr auch nur der Hauch einer Kritik drohte. Ja, in unserer Selbstaufopferung, da machte uns keiner so schnell etwas nach, da waren wir die unangefochtene Elite dieser Welt.
Kritiker sind Feinde des besten Deutschlands aller Zeiten
Ernst gemeinte Anfragen konnte es nicht geben. Gerade unsere moralische Überlegenheit stand außer Frage. Wer dem nicht uneingeschränkt zustimmen wollte, der verließ den allgemeinen Konsens, offenbarte sich als Opposition zum allgemeinen guten Willen und verlor seine Stimme in der Gemeinschaft der Guten. Als Neider, Hater oder gleich als Terrorist konnte er bestenfalls noch als schlechtes Beispiel dienen. Im Grunde aber war klar, Menschen in Opposition zum Guten verlieren ihre Teilhabe an der Gesellschaft, werden letztlich vogelfrei.
Da es uns primär um das gute Bauchgefühl geht, ist alles Feind, was ihm auch nur potentiell entgegensteht. Selbstredend darf deshalb auch nicht auf den zugrundeliegenden Wohlstand reflektiert werden. Reflektieren allein ist ja schon …
Wir amüsieren uns zu Tode!
Auf diese Weise leben wir unser Partyleben, feiern jeden noch so geringen Anlass bei lauter Musik, Alkohol und kleinen Präsenten, am liebsten gleich mit einer Maskerade, Kultur imitierend und sich ihr gleichermaßen entziehend.
Kein Wunder, dass wir uns auf dieser Welle von einer Endzeitstimmung in die nächste schaukeln lassen, dass wir jedes apokalyptische Szenario begierig und mit Spannung präsentieren, uns wohlig in extremen Situationen (nie ohne doppelten Boden) sonnen und stolz sind, als wahre Helden in finsteren Zeiten … ähm … weiterzutrinken.
Das Versagen der Kirche ist der Kern der systemischen Staatskrise
Früher einmal hätte einer solchen Gesellschaft die Kirche einen Spiegel vorgehalten. Staat und Kirche waren oftmals gegenseitiges Korrektiv. Es ist eines der Geheimnisse unsrer überlieferten Kultur, die mittlerweile erdumspannend geworden ist, wenn man in Tokio Plattenbauten errichtet und man in der afrikanischen Savanne Personalausweise besitzt, dass sich Staat und Religion, Papst und Kaiser gegenseitig immer wieder auf den Boden gebracht und den jeweils anderen in seinen Extremen ausgebremst haben.
Heute aber sprechen Papst und Bischöfe die Sprache der Politiker. So lässt sich die Kirche von lokalen Verordnungen vorschreiben, ob Messen abgehalten werden dürfen bzw. wie die Sakramenten-Praxis auszusehen hat.
Nicht Salz, nicht Sauerteig, nicht Licht.
Die Deutsche Bischofskonferenz ist in der Wahrnehmung zum Presseorgan der Regierung geworden. Dass der Glaube an den Christus Halt und Hoffnung gibt, dass das Heilsgeschehen eigene Realität ist, dass der Herrgott als Schöpfer dieser Welt für uns Fleisch geworden ist und dass dies ein greifbares in Sakramenten erfahrbares Geschenk ist, das erfährt man nicht.
Natürlich gibt es Priester, die ihr Amt ernst und gewissenhaft ausführen. In der Berichterstattung geht das aber allzu leicht unter. Die Frage, warum man denn für eine Dienstleistung bezahlen soll, die in Notzeiten nur eingeschränkt oder gar nicht zur Verfügung steht, bewegt nicht wenig gläubige Christen. Filmchen, Bilder und Betrachtungen über das Internet – das ist nicht das, was trägt. Im wahrsten Sinne kann man so etwas bloß als virtuelle Spiritualität bezeichnen.
Die Kirche in Deutschland macht im Ganzen einen säkularen, einen ungläubigen Eindruck. Ihr fehlt jegliche Strahlkraft, sie ist kein Halt in der Not und erfüllt mittlerweile beides nicht mehr: Sie verschafft kein gutes Bauchgefühl und vermittelt auch nicht den Eindruck eines Anspruchs auf Wahrheit.
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*Der Name des Autors ist der Redaktion bekannt. Ein sehr kluger aus NRW stammender wahlbayerischer Philosoph. Überschrift, Intro, Zwischenüberschriften und Nachsatz stammen aus der Feder der Redaktion!
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