Donnerstag, 21. November 2024

Giorgia Meloni: Verstrickt in den internationalen Corona-Wahn?

(David Berger) Er müsse in den Wein der Freude über den Wahlsieg Melonis in Italien leider nun etwas Wasser kippen – so Henning Rosenbusch auf seinem sehr erfolgreichen telegram-Kanal. Der Grund: Meloni hatte im April 2021 noch kräftig für den „Greenpass“ geworben. Doch spätestens zu Beginn dieses Jahres hat sie sich, wie auch Salvini, in den Fragen der Corona-Politik komplett umorientiert.

Dass und warum ich die fundamentalen Leitmotive des politischen Denkens von Giorgia Meloni, die alles andere als faschistisch sind, genial finde, habe ich in vorangehenden Beiträgen auf meinem Blog ausführlich dargestellt.

Freiheit der menschlichen Person ist heilig

Melonis Denken fasziniert dadurch, dass es wieder die Würde der menschlichen Person in den Vordergrund rückt, dass für sie klar zu sein scheint, dass der Staat für den Bürger gemacht ist und nicht umgekehrt. Ich erinnere noch einmal an einen Ausschnitt aus einer ihrer programmatischen Reden:

„Alles was uns definiert, wird heute zum Feind erklärt. Von denen, die wollen, dass wir keine Identität haben. Und daher ganz einfach nur perfekte Sklaven des Konsums sind (…) Sie machen uns zu einer Nummer, denn wenn wir nur noch eine Nummer haben, haben wir kein Gesicht mehr, keine Identität, keine Wurzeln. Dann sind wir perfekte Sklaven, komplett abhängig von der Gunst der Finanzspekulatoren, der perfekte Konsument. Aber wir wollen keine Nummern sein, wir verteidigen den Wert der menschlichen Person. Den Wert von jeder einzelnen Person. Jede Person hat einen unverwechselbaren genetischen Code, der unverwechselbar ist. Und welcher Widerstand uns gerade hier erwartet, der Wert der Einzelperson ist uns heilig.“

Greenpass: Vom April 2021 zum Februar 2022

Im Widerspruch dazu scheint das zu stehen, was Meloni im Rahmen der Corona-Krise von sich gegeben hat. Besonders ihre Aussagen zum Greenpass im April 2021:

(c) telegram

„Wir sind die ersten, die den Greenpass unterstützt haben und hoffen dass er schnellstmöglich in ganz Europa eingeführt wird.“

Der Zusammenhang, der sich am Ende des kurzen Redeabschnittes andeutet, macht verständlich, was ihre freilich etwas naiven Motive für ihr Plädoyer für den Impfpass waren: Man wollte dem komplett unübersichtlichen Chaos der verschiedenen Reisebeschränkungen irgendwie Herr werden. Als ihr klar wurde, dass die Propagandisten des Green Pass ganz andere Dinge im Schilde führten, als den Tourismus wieder anzukurbeln, mutierte Meloni zur Gegnerin und hat das in allen Abstimmungen auch gezeigt.

Schon am 26. Juli berichtet die ANSA allerdings, dass Meloni dem Greenpass kritisch gegenüberstehe, aber ihre erste Dosis der Covid-Impfung erfolgreich gedrückt bekommen habe.

Und tatsächlich hat sich Meloni spätestens zu Beginn des Jahres 2022 ganz anders zum Greenpass und auch zur Impfung geäußert. Zwei Zitate:

„Das Ergebnis des Greenpasses war nur, dass die Italiener gegeneinander ausgespielt wurden. Und während Italien damit beschäftigt war, die Debatte auf die Spitze zu treiben und Diskriminierung zu schaffen, haben die anderen Nationen längst Abschied von dieser Idee genommen.“ (21.02.22)

„Was wird unsere Regierung inmitten einer internationalen Krise und eines wirtschaftlichen Notstands tun? Sie will eine Ausweitung des Greenpasses: Ein Irrsinn ohne Sinn und ohne jeden wissenschaftlichen Beweis!“ (11.03.22)

Auch Salvini hat umgedacht

Überhaupt scheint sich im ersten Drittel dieses Jahres bei der liberal-konservativen Allianz, die unter Melloni bald Italien regieren könnte, ein erfreulicher Lernprozess durchgesetzt zu haben:

Matteo Salvini, der bei vielen seiner Wähler zu Begin der Corona-Krise durch sein Einstimmen in die Corona-Hysterie und unverhältnismäßige Beschränkungen der Grundrechte für Enttäuschung gesorgt hatte, ließ im Februar 22 wissen: „Meine neunjährige Tochter ist nicht gegen das Coronavirus geimpft. Die Impfung ist eine Entscheidung, die den Eltern und Kinderärzten zusteht. Das ist kein Thema für eine politische Diskussion“.

„Die Impfung ist keine Religion“

Kurz zuvor hatte Giorgia Meloni sich gegen den Impfwahn ausgesprochen und öffentlich gesagt, dass sie ihre fünfjährige Tochter nicht impfen lasse: „Die Impfung ist keine Religion. Wir haben es mit einer Impfung in der Testphase zu tun, man muss Vorteile und Risiken genau abwägen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind am Coronavirus stirbt, ist die gleiche, wie wenn es vom Blitz getroffen wird“.

Obwohl Meloni und Salvini für diese Äußerungen hart angegriffen wurden, ihnen unterstellt wurde, sie würden so die öffentliche Gesundheit gefährden, kritisierten sie Anfang des Jahres auch die geplanten Corona-Maßnahmen der damaligen Regierung als wirkungslos und völlig überzogen:

Einzige Spitzenpolitikerin gegen Zwangsimpfungen

„Die Lega ist zuletzt zu den Corona-Restriktionen der Regierung von Premier Mario Draghi auf Distanz gegangen. So weigerten sich die drei Minister der Lega vergangene Woche, für eine Maßnahme zu stimmen, laut der bei Infektionsfällen in einer Schulklasse geimpfte Kinder im Gegensatz zu ihren nicht immunisierten Schulkollegen nicht in den Fernunterricht gehen müssen. Damit werde Diskriminierung genährt, hatte die Lega protestiert.“ (Quelle).

Der wichtigste Punkt ist aber m.E., dass die voraussichtlich neue Premierministerin die einzige Spitzenpolitikerin ist, die Zwangsimpfungen konsequent ablehnte. Auch wenn das ein problematisches Licht auf ihre Kollegen Salvini und Berlusconi wirft, zeigt es doch wieder, dass sie eine der wenigen führenden Politiker in Italien ist, die nicht totalitär-faschistoid denkt.

Wankelmütigkeit oder Umkehr?

Man mag diesen Wechsel als Wankelmütigkeit interpretieren, man kann es aber auch als Fähigkeit des Dazulernens und des Eingestehens von Irrwegen deuten. Wäre von der Leyen, Lauterbach, Dahmen, Scholz und Co diese Gnade der Einsicht gewährt, wäre uns die schwere Krise, in die unser Land und damit die ganze EU derzeit hineinschlittert, vielleicht erspart geblieben.

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David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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