Die SPD verhält sich wie ein Hausbesitzer, der sein Anwesen längst an den Insolvenzverwalter verloren hat, aber noch schnell die Tapeten mit grellen Parolen beklebt. Und wer später einzieht, soll täglich daran erinnert werden, wer hier einmal gewohnt hat. Gastbeitrag von Michael Münch.
Die SPD ist längst ein Schatten ihrer selbst, ein politisches Fossil, das auf dem Weg in die Einstelligkeit taumelt. Einst ein Koloss mit 44 Prozent, heute ein Zwerg mit 13 Prozent und morgen vielleicht nur noch ein kümmerlicher Sprengel der “Sonstigen” in der Parteienlandschaft. Aber bevor man endgültig in der Bedeutungslosigkeit verschwindet, will man noch schnell noch Zeichen setzen: Marken einbrennen, seinen Stempel in den Stein der Republik meißeln. Und was man an der Wahlurne und damit an legislativem Einfluss verliert, holt man sich eben auf den Richterstühlen zurück.
So erklärt sich die geradezu verzweifelte Leidenschaft erklären, mit der die SPD ihre Kandidatin Ann-Katrin Kaufhold ins Bundesverfassungsgericht hieven möchte. Eine Frau, die nicht einfach Recht spricht, sondern eine geschlossene Weltanschauung predigt. Eine Klima- und Kontrollapostelin, die ihre Habilitationsschrift über Finanzaufsicht gleich für eine Blaupause zur politischen Bevormundung der gesamten Gesellschaft nutzte.
Wer von Schmetterlingen in Osaka schwärmt, die Kettenreaktionen auslösen, kann in Karlsruhe gleich die ganze Republik unter Kuratel stellen. Kaufhold nennt das Systemaufsicht, andere würden es schlicht eine neue Form der Bevormundung nennen. Man muss sich diesen Vorgang plastisch vorstellen: Während der SPD das Wasser einem politischen Flusspferd gleich bis zum Hals steht, reißt sie immer noch ihr großes Hippo-Maul auf. Zugleich wirft sie noch schnell ein paar ideologische Anker aus – in der Hoffnung, dass diese ihren Untergang abwenden oder überdauern mögen.
An Ende knickt die Union wohl wieder ein
Ein Richteramt für zwölf Jahre ist ein solider Betonklotz, der selbst dann noch Wirkung entfaltet, wenn die Partei längst von den Wogen der Geschichte verschluckt wurde. Und die Union, die ewige Zögerin, die sich vor wenigen Wochen noch damit brüstete, Frauke Brosius-Gersdorf verhindert zu haben, steht nun schon wieder vor der Frage, ob sie das Messer erneut an die eigenen konservativen Wurzeln legt. Während die Ersatzkandidatin der SPD für “BroGer”, Sigrid Emmenegger, diesbezüglich kein Problem darstellt, ist Kaufhold eigentlich noch gefährlicher und freiheitsfeindlicher als erstere. 50 Unionsabgeordnete haben das begriffen und hadern damit, bei der für diesen Donnerstag im Bundestag angesetzten Richterwahl für Kaufhold zu stimmen. Doch am Ende wird die Wählertäuscherpartei aller Voraussicht nach wieder einknicken.
Dabei wäre es die endgültige moralische Selbstkastration – und das schwerwiegendste hingebungsvolle Opfer im Tempel einer SPD, die selbst schon keine Gläubigen mehr hat. Merz, von Ehrgeiz geblendet, dürfte in der Versuchung stehen, brav zu nicken, nur um seine wackelige Kanzlerschaft über Wasser zu halten. Wer weiß, vielleicht erscheint es ihm wie ein großer Staatsakt – doch in Wahrheit wäre es nur ein weiterer Kotau vor dem Juniorpartner, der alle Erpressungsmittel in der Hand hält.
Mit dem Fallschirm ins Nichts
Die SPD verhält sich wie ein Hausbesitzer, der sein Anwesen längst an den Insolvenzverwalter verloren hat, aber noch schnell die Tapeten mit grellen Parolen beklebt. Und wer später einzieht, soll täglich daran erinnert werden, wer hier einmal gewohnt hat. Das nennt man nicht politische Weitsicht, sondern ideologische Resteverwertung. Kaufhold ist das perfekte Werkzeug dafür: Eine Richterin, die Parlamente für lästig, Gerichte und Zentralbanken für die besseren Politikgestalter, Eigentum für ein elastisches Konstrukt und Parteienverbote für ein probates Mittel hält.
Während die SPD also mit dem Fallschirm ins Nichts segelt, legt sie auf dem Dach des Bundesverfassungsgerichts ein rotes Graffiti an. CDU und CSU könnten das noch übertünchen, sie könnten die Spraydose beiseite legen und wenigstens den Anschein einer konservativer Selbstachtung retten. Aber ob sie noch die Kraft dafür haben, ist mehr als fraglich. Vieles spricht dafür, dass die Union auch diesmal selbst den Edding in die Hand nimmt und das Kunstwerk vollendet. Und so bleibt am Ende die bittere Pointe: Eine Partei, die das Land schon nicht mehr repräsentiert, wird es wohl über seine Karlsruhe-Altlasten noch lange prägen. Wie ein Gespenst, das keiner mehr ruft, das aber weiter durch die Gänge der Republik geistert.
Der Beitrag erschien zuerst bei Ansage.org.
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