(Michael van Laack) Die Überschrift dieses Artikels mag manchen Leser zum Frohlocken anregen. Endlich hat die Bundeskanzlerin erkannt, dass es so mit dem Lockdown nicht weitergehen darf, weil sonst unsere Kinder und einzelne Wirtschaftszweige zunehmend „absterben“. Doch weit gefehlt! Mit dem absterbenden Ast meint die Kanzlerin lediglich die Entwicklung der Corona-Infektionen, des Inzidenz- und R-Wertes.
Deren Abschwächung bedauert sie zwar nicht, hält aber daran fest, dass die Grundrechtseinschränkungen nur „scheibchenweise“ zurückgenommen werden dürfen. „Jetzt haben wir die Mutation“ – sagt die Kanzlerin – und wissen auch nach mehreren Monaten intensivster Forschung (Gott sei Dank?) noch nicht, wie sie sich auswirken wird. Deshalb müsse es jetzt „kluge Öffnungsschritte“ geben. In diesem Zusammenhang bedauert Merkel im Interview dann auch noch einmal, dass im Föderalismus die Bundesländer über Schulöffnungen entscheiden können und nicht sie alleine. Tja, unter Honecker lief so etwas selbstverständlich ganz anders.
35 ist die neue 50
35 sei eine „Vorsichtszahl, ab der man schon erste Schutzmaßnahmen machen soll“. Zu den ersten Schutzmaßnahmen gehören – wie wir sehen – das Treiben von Kindern in Depressionen und die Zerstörung des Mittelstands. Ab Inzidenz 50 macht man selbstverständlich das Gleiche, nur mehr davon. Allerdings gab die Kanzlerin zu, sie habe mittlerweile eingesehen , dass Unterricht zumindest für Grundschüler von vielen für wichtig gehalten werde.
Friseurbesuche muss man beobachten
Da sich außer den Mitgliedern der Bundesregierung auch andere Menschen in Deutschland gern wieder die Haare schneiden müssen, habe man sich bekanntlich darauf geeinigt, dass bei einem Inzidenzwert von unter 50 in einem Kreis die Friseure wieder öffnen dürften. man müsse aber – so die ehemalige CDU-Vorsitzende – sehr genau beobachten, ob sich dadurch nicht die Infektionszahlen wieder erhöhen. Dann gälte es selbstverständlich, den Öffnungsbeschluss zu prüfen und ggf. zurückzunehmen.
Gastronomie öffnen? Irgendwann um Ostern oder so!
Was stabile 35 bedeuten, beantwortete Merkel mit Blick auf den Einzelhandel nicht. Aber auch da werde es selbstverständlich verschärfte Kontrollen geben, wenn man den Geschäftsleuten, die ihre Läden noch nicht für immer geschlossen haben, gnädig und huldvoll gewährt, wieder Geld zu verdienen.
Die Gastronomie – die „schwere Zeiten hinter sich habe“ – müsse allerdings noch länger warten. Wenn der Einzelhandel wieder seine Pforten öffnen, müsse man noch mindestens zwei Wochenwochen warten, in denen der Wert stabil unter 35 liegen müsse. Damit wolle sie aber keinesfalls eine neue Inzidenzmarke setzen, betonte die Kanzlerin leutselig.
Eines Tages darf man dann auch wieder mehr Menschen treffen
Nachdem die Bundesregierung dann großzügig diese Teile des Lockdowns zurückgenommen hat, bleiben nach Ansicht des ehemaligen FDJ-Kaders noch „drei Stränge“: a) Sich wieder mit mehr Menschen treffen, als bisher erlaubt – b) Öffnung der Schulen für die Mittel- und Oberstufe c) Öffnung der Hotel und Besuch von Großveranstaltungen (Sport, Musik usw.).
All das muss allerding noch warten. denn zuerst müssen wir stabile „stabile Verhältnisse über einen längeren Zeitraum haben. Solche wie im Sommer 2020, als wir nahe Null waren. Wann es tatsächlich so weit sei, hänge vor allem von der Disziplin der Bürger ab, die – solange es die Regierung befiehlt – Masken zu tragen und Abstand zu halten haben. Und natürlich von der Entwicklung von Lauterbachs Mutationen.
Bis dahin, so fasse ich abschließend zusammen, bleiben wir noch mehrere Monate auf dem absteigenden Ast: zum einen, was die diversen Werte betrifft, zum anderen psychisch und wirtschaftlich. Gut dass wir noch einmal darüber gesprochen haben, Frau Bundeskanzlerin. Danke für das Interview.
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