(Michael van Laack) In diesen Minuten beginnen die ersten Vorbereitungen für Räumungen in der Nähe des Brandenburger Tors. Hoffen das Innenministerium und das Land Berlin heute auf eine Eskalation? Legen sie es auf das medial inszeniertes Niederknüppeln von Querdenkern und anderen Gegnern des Infektionsschutzgesetzes an?
Werden sie es begründen mit: Die wollten den Bundestag angreifen und haben sich genähert, obwohl die Demos verboten waren? Oder: Die trugen keine Masken? Das LKA Berlin jedenfalls warnte vor einem möglichen Angriff auf den Bundestag. Auch könnten Abgeordnete daran gehindert werden, das Gebäude zu betreten. Die gleichen Leute, die sich aktuell über Nazi-Vergleiche wie „Ermächtigungsgesetz“ empören, entwerfen das Schreckensbild, dass die „Richtigen“ (Union und SPD) an der Abstimmung gehindert oder gar körperlich angegriffen würden wie vor und im Reichstag der 30er Jahre.
Nazivergleiche gehen gar nicht?
„Ermächtigungsgesetz“ sei ein ebenso relativierender wie unverschämter Begriff, empören sich in diesen Stunden alle: vom Bundespräsidenten über die Kanzlerin bis zum Hinterbänkler. Die AfD als „zutiefst nationalsozialistische Partei“ darzustellen oder als „SS des Ostens“… Absolut OK – wie auch die Anlehnung an die Kriegswinter des WK2 im Corona-Propaganda-Video.
Heute geht es primär nicht um das Infektionsschutzgesetz, sondern darum, dass sich Abgeordnete störungsfrei dem Interesse einer einzigen Person unterwerfen können: Angela Merkel. Dazu wird das übliche Prozedere bei der Formulierung und Installation eines neuem Gesetzes zwar nicht abgeschafft, aber radikal zusammengeschmolzen.
Abgeordnete kennen Schlussfassung nicht!
In der zentralen Frage, ob der Bundestag nur „informiert“ werden muss oder selbst beschließen – hier soll ein Präzedenzfall für den totalen Kontrollverlust des Bundestags entstehen – werden heute die zweite und dritte Lesung des Infektionsschutzgesetz durch den Bundestag getrieben und noch einmal im Ausschuss beraten.
Der Bundestag wird heute beschließen, dass ein demokratisch nicht legitimiertes Kanzlergremium in Zukunft Grundrechte aussetzen darf und darüber den Bundestag lediglich informieren muss. Erst nach den „Beratungen“ – für die beiden Lesungen sind insgesamt 70 Minuten vorgesehen – geht es ans Eingemachte. Dann werden nochmal ein paar Stellschrauben gedreht, die Rhetorik verfeinert.
Merkel braucht Gesetz heute, um MP-Konferenz abzuschalten!
Am Wochenanfang ist die Kanzlerin mit einer Verschärfung der Corona-Restriktionen gescheitert. Aber sie hat sich bereits zuversichtlich geäußert, dass ab der nächsten Woche alles härter wird. Noch mehr Kontaktbeschränkungen! Das kann aber nur funktionieren, wenn Bundesweisungen ermöglicht werden, die es bisher nicht gab. Es ist also ein maßgeschneidertes Gesetz für die Kanzlerin.
Wir halten unsere Leser über den Verlauf der Sitzung und der Ereignisse vor dem Bundestag selbstverständlich auch heute analysierend und kommentierend auf dem Laufenden.
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