Der Kölner Kardinal Woelki macht immer wieder mal von sich reden. Er hat Einfälle, die man mit dem etwas aus der Mode gekommenen Wort GAG, laut Wiktionary eine „komische, lustige Einlage“, bezeichnen könnte. Das Flüchtlingsboot als Altar? … naja. Sein neuester Einfall ist ein Vergleich von Glauben und Fußball. Ein Gastbeitrag von Josef Hueber

Dass  Jesus, der immer wieder auf Vergleiche aus dem Alltag zurückgegriffen hat, nie auf die Idee mit dem Fußball kam (obwohl es das Spiel in der Antike und bei den Römern schon gegeben hat),  hält Kardinal Woelki nicht davon ab, es in Beziehung zum Glauben zu setzen.  Aber es geht tatsächlich um ein bisschen mehr.

Doppelte Standards auch bei politischen Vergleichen

Vergleiche haben es in sich. Sind sie politischer Natur, lösen sie schnell Skandale aus, manchmal zurecht, manchmal zu Unrecht. Der mit dem „Vogelschiss“ von Gauland kam nicht so gut an. Seehofers Vergleich seines 69. Geburtstags mit den 69 Abgeschobenen (sicher zu unrecht, klar!) hätte das Langhaar Anton Hofreiter sicher vor Wut in seinen mittlerweile bekannten Brüllaffen-Modus versetzt, wenn er denn anwesend gewesen wäre.

Die Gleichsetzung Trump mit einem „Trampel“-Tier lässt durch deutsche Systemmedien informierte, mündige Bürger, allesamt Experten in internationaler Politik, herablassend lachen. Israel als in Karikaturen dargestelltes, kinderfressendes Ungeheuer empfindet man in Deutschland unter sich offen bekennenden Gegnern des Antisemitismus (gleichzeitig Verächter der Politik Israels) zwar als unappetitlich, aber es ist doch irgendwie was Wahres dran, oder etwa nicht?

Das jedenfalls suggerieren uns die Wahrheitsberichte der systemkonformen Medien über israelische Aktionen gegen aus Gaza gesteuerte, Menschenrechte einfordernde Terror-Raketen. Wenn nämlich Kinder von dort aus an die Front mitgenommen werden, um per Terror judenreine Gebietsforderungen der Palästinenser als legitim zu märtyrisieren, dann sind es angeblich die Israelis, die mit ihren „völlig überzogenen“ Gegenreaktionen sich als Kindermörder verantworten müssen.

Der Mann mit der Blechbrille und dem Look eines Opa-Studenten

Zum Glück gibt es bei Vergleichen auch was zu lachen. Wenn er zu Wort kommt, der Kardinal Woelki. Der Mann mit der Blechbrille und dem Look eines Opa-Studenten hat den optischen Vorteil, dass man auf Lustiges gepolt ist, wenn man ihn sieht.

Wenn er dann noch, wie in dem Interview auf domradio.de, einen ausgeblasenen, zerknautschten Fußball mit einem Strauß Blumen in der Hand hält und ihn – dramaturgisch inszeniert –  hinter sich wirft, weil Deutschland längst nur Zuschauer des Weltmeisterschafts- Spektakels ist, muss es spaßig werden.

Stimmt, er hat Sinn für Schräges. Seine Installation eines Flüchtlingsbootes als Altar vor dem Kölner Dom darf als Blaupause ausgerutschter Ideen gelten.

Neueste Idee: Woelki traumtänzelt zwischen Fußball und Glaube

Okay, er gibt zu, dass er kein Fußball-Experte, sondern nur ein Liebhaber des Ballkampfes ist. Er will ja auch nicht primär über Fußball, sondern über den Glauben sprechen. Da kommt der Fußball während der WM als Vergleich geradezu wie vorbestellt daher. Vor allen Dingen, weil die Deutschen die Verlierer sind.

Was sind nun die Parallelen zwischen Glaube und Fußball, Herr Kardinal? O-Ton Woelki zum Ausscheiden Deutschlands:

„Es fehlte mir auf dem Platz die Leidenschaft und die Begeisterung. Am guten Willen und bestimmt auch an den Fähigkeiten hat es nicht gefehlt. Aber irgendwie wirkte mir bei unserer Mannschaft alles viel zu behäbig, fast schon selbstverliebt.“

„Unser ganzer Laden wirkt ein wenig überaltert“

Beim Vergleich mit der Kirche in Deutschland entdecke er „leider durchaus Parallelen“. Es mangele an „Begeisterung“, die er „viel zu selten“ entdecke. „Unser ganzer Laden wirkt ein wenig überaltert“, weswegen der Glaube die Jugend nicht mehr begeistere. Es fehle die „Strahlkraft“. Dafür übernehme er als Bischof auch die Verantwortung, aber nicht ganz.

Was lernen wir daraus? „Die erfolgreichen Mannschaften zeigen, dass ein Neuanfang immer möglich ist.“ Die Kirche müsse wieder „offensiver und lebendiger“ werden.

Mir kam ein anderer Einfall, als ich sah, wie Woelki Ball und Blumenstrauß nach hinten warf, um die fußballerische Glücklosigkeit Deutschlands zu untermalen. Wie wir es (gezwungenermaßen) aufgegeben haben, unseren Fußball-Weltmeistertitel zu verteidigen, so haben wir es freiwillig(!) aufgegeben, unsere christliche Religion als das zu verteidigen, was sie von ihrem Selbstverständnis her ist: ein Höchstanspruch in Fragen der Menschlichkeit, Freiheit des Individuums in Lebensgestaltung und religiöser oder auch nicht-religiöser Ausrichtung, und in dem unverhandelbaren Anspruch auf gleicher Würde  – und Behandlung! – von Mann und Frau.

Dies ist der Anspruch, der hinter der Forderung nach „Neuanfang“ und „Begeisterung“ in Sachen Christentum und christlichem Bekenntnis stehen muss. Und das muss auch gegenüber alternativen Missionierungsversuchen, ob sie nun offen oder verdeckt sind, explizit dargestellt und hochgehalten werden.

Kirche ohne jeden Kampfgeist

Aber die christlichen Kirchen in Deutschland haben dies unter dem Vorwand des „Dialogs“ mit allen und jeden Alternativen und einer falsch verstandenen Wir-sind-alle-Kinder-desselben-Gottes-Haltung aufgegeben.

Katholikentage, die sich um CO2-sparende Anreise-Modelle und um ein religiöses Wärmebad im theologischen Pool kümmern, werden immer eine gewisse Anzahl von Freunden irrational-esoterischen Wohlfühlens anziehen. Ein echter (quasi-fußballerischer) Kampfgeist im Sinne eines christlichen Anspruchs, der sich nicht alles Von-Gott-Gerede einverleibt, kann so nicht wachsen und erstarken.

Und wenn Woelki den luftlosen Fußball-Lappen hinter sich wirft, sieht man schon Merkel daneben, wie sie (nachzusehen auf Youtube – unter Beifall ihrer Parteiclaquere!) – die ihr überreichte deutsche Flagge zur Seite wirft. Das ist fürwahr ein epochemachendes Symbol:

Deutschlands kulturelle (und damit auch religiöse) Identität sind aus blindwütiger Anpassung und Unterwerfung verkommen zum Wegwerfprodukt.

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Foto: Symbol christlicher Lebensfreude gegen die AfD: Kardinal Woelki auf dem Katholikentag 2014 (c) StagiaireMGIMO (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

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