Freitag, 29. März 2024

Digitale Kompetenz des Bundestags: Erklärung 2018 – eingeschränkte Partizipation

(Ed Piper) Gestern wollte ich die aktuelle Online-Petition zur „Erklärung 2018“ auf der dafür vorgesehenen Internetseite des deutschen Bundestag zeichnen. Zwar hatte die Petition, die u.a. auch von prominenten Kritikern wie Henryk M. Broder und Vera Lengsfeld gezeichnet wurde, über ein freies Petitions-Portal bereits über 165.000 Unterschriften erreicht – doch damit es nun tatsächlich zu einer öffentlichen Anhörung zum Thema im Bundestag kommt, müssen davon mindestens 50.000 Unterschriften über die offizielle Online-Plattform des Bundestages bestätigt werden.

Das, so dachte ich naiv, sollte eigentlich kein Problem sein. Doch hatte ich dabei ganz offenkundig die digitale Kompetenz des Bundestag weit überschätzt. Denn im Bestreben, sich die lieben kleinen Bürgerchen so weit als möglich vom Halse zu halten, ist man dort anscheinend um keine Spitzfindigkeit verlegen.

So gelang es Computer-Experten der Petitionsseite des Deutschen Bundestag, diese genau so zu programmieren, dass sie für jeden Bürger, der dort zu zeichnen gedenkt, etliche Hürden bereit hält:

Mal dauert das Laden der Seite ewig, dann werden die Bestätigungslinks nicht verschickt oder – auch eine nette Idee – es wird zwischendurch angezeigt, dass sich die Seite plötzlich im Wartungsmodus befände. Kurzum, mit sehr viel Geduld und immer wieder neuem Laden der Seite hat das Zeichnen der Petition bei mir gefühlt rund 20 Minuten gedauert. Und ich dachte mir „Alle Achtung, das muss man wirklich wollen!

Normalerweise, das muss ich zugeben, gehöre auch ich zu den Personen, die bei einer nicht funktionierenden Seite nach dem dritten Versuch wegklicken. Doch hier machte mich die Sache stutzig. Denn immerhin wird hier über die Disfunktionalität der Seite ja eine – mir unzulässig erscheinende – Hürde zur Partizipation der Bürger aufgebaut.

Nachdem ich mein Erlebnis kurz über den Nachrichtendienst twitter skizzierte, bekam ich dort die Rückmeldung, dass es auch anderen Personen wie mir ergangen war. Deshalb stellt sich nun die folgerichtige Frage, wie viele potentielle Zeichner die Petition auf diese Art vielleicht schon verloren hat? Wer nur eine etwas langsamere Netzverbindung als ich oder schlicht nicht so viel Zeit hat, muss – vermutlich entnervt – aufgeben.

Und, schrieb ich eingangs, in einem eventuell etwas zu angestrengt wirkenden Versuch, der Situation noch etwas Komik abgewinnen zu können davon, dass die Petitionsseite des Deutschen Bundestag bewusst auf eingeschränkte Funktionalität hin programmiert wurde, so wäre die Alternative tragisch:
Denn dies hieße, dass für das Super-Duper-Medienkompetenzland Deutschland das Programmieren einer funktionierenden Netzseite noch immer etwas mit dem Betreten von „Neuland “ zu tun hat.

Abschließend noch ein freundlicher Hinweis, der PP via mail erreichte:

Habe gerade die o.g. Erklärung gezeichnet. Meine Frau wollte dies auch, es wurde ihr aber verwehrt, weil wir beide dieselbe Internetadresse haben ..

Anscheinend ist für jede Zeichnung der Petition auf der Seite des Deutschen Bundestag eine eigene email-Adresse erforderlich. Ehepaare, denen privat bisher eine gemeinsame „Familienadresse“ genügte, müssen sich nun – sofern beide Ehepartner partizipieren wollen – eine zweite Mailadresse zulegen.

Angesichts der bestehenden technischen Hürden finde ich es bemerkenswert, dass es bereits am ersten Tag der Veröffentlichung über 15.000 Personen gelang, die #Erklärung2018 auf der Petitionsseite des Deutschen Bundestag zu zeichnen.

Ich gehe davon aus, dass bis zum Ende der Laufzeit, am 20.06.2018, noch einige Unterschriften hinzukommen werden.

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