Donnerstag, 28. März 2024

Gedenken wider Willen

(Ed Piper) Nun war es also so weit: Ein Jahr nach dem politisch motivierten Massenmord auf dem Berliner Weihnachtsmarkt wurde am Breitscheidplatz der Opfer des islamistischen Attentates gedacht und zu diesem Zwecke ein Mahnmal eingeweiht.

Auch wenn diese Gedenkveranstaltung nicht wirklich öffentlich war, immerhin: Das Glockenleuten wurde im Fernsehen übertragen. Und so hatte man die Möglichkeit vom heimischen Sofa aus ebenso viel Anteil zu nehmen, als wenn man sich vor Ort eingefunden hätte. Dort nämlich waren, je nach VIP-Status gestaffelt, verschiedene Sicherheitsbereiche eingerichtet, deren Sinn und Zweck darin zu bestehen schien, die Normalbevölkerung möglichst fern zu halten. Zur eigentlichen Veranstaltung wurde nur handverlesenes Publikum zugelassen. Dahinter, in weitem Abstand und ohne Sichtkontakt zum Geschehen, fand sich ein Bereich für weitere Medienvertreter. Anteil nehmenden Normalbürgern wurde ein Platz in abermaliger Entfernung und mit Blick auf einen gespenstisch leeren Weihnachtsmarkt zugewiesen. Kein Zweifel: Das Aufkommen einer gemeinschaftlichen Anteilnahme oder gar so etwas wie einem Gemeinschaftsgefühl wurde hier schon seitens der Choreographie strengstens unterbunden.

Aus dem Geschehen sollte kein gesellschaftliches Ereignis werden.

Leider nahm dann auch die eigentliche Veranstaltung in diesem Sinne ihren Lauf. Hatte sich Merkel noch vor ein paar Tagen mit lächelnden „Weiter so!„-Selfies bei einem Weihnachtsmarktbesuch auf dem Breitscheidplatz ablichten lassen, so glänzte sie nun vor allem durch offen zur Schau gestellte Empathielosigkeit. Dr. Alexander Kissler, Kultur-Ressortleiter des Monatsmagazins CICERO, beobachtet hierzu unter dem Titel „Störung im Betriebsablauf“ treffend:

Hier versagt eine Regierung in Person der Regierungschefin vor den Mindestanforderungen an Menschlichkeit.

Autor und Journalist Alexander Wendt kommentiert auf seiner facebook-Seite trocken

„Heute ist ein Tag der Trauer, aber auch ein Tag des Willens, das, was nicht gut gelaufen ist, besser zu machen“, sagte die Kanzlerin. Das einzige würdige Gedenken hätte heute am Breitscheidplatz darin bestanden, dass Merkel an diesem Tag wenigstens ihren Schnabel gehalten hätte.

Und der prominente Anwalt Joachim Steinhöfel zitiert, ebenfalls auf facebook:

Angela Merkel kann nicht reden, weil sie nichts zu sagen hat.“

Leider liegt Steinhöfel auch deshalb völlig richtig, weil wir von Merkel wissen, dass sie sich zu Vorkommnissen, die ihr am Herzen liegen, sehr zeitnah äußert. Als es im Oktober letzten Jahres um die spärlich angekokelte Holztür einer Dresdener Moschee ging, war sie stante pede persönlich zur Stelle, um dem betroffenen moslemischen Prediger zu kondolieren. Und auch als unlängst ein verzweifelter Dönerbuden-Trinker einem CDU-Bürgermeister in einem Akt spontanen Unmuts einen 1,5 cm Kratzer am Hals zufügte, durfte man nicht lange warten, bis sich die Kanzlerin höchstpersönlich zu Worte meldete. Deshalb kann man sich nun im Falle der Breitscheidplatz-Opfer des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich bei ihnen um Opfer zweiter Klasse handelt. Jedoch, warum das so ist, darüber lässt sich leider nur spekulieren. Sei es, weil die Verbindung zu einer völlig aus den Fugen geratenen, von Merkel präsidial ausgerufenen „Willkommenskultur“ zu offensichtlich ist. Sei es, und auch das ist leider denkbar, weil der Staat höchstselbst viel zu tief in die tragischen Geschehnisse um Anis Amri verstrickt ist.

Abgesehen von einer wirklich äußerst auffälligen Häufung von „Fehlern der Sicherheitsbehörden“ rund um das Attentat wusste der Öffentlich-Rechtliche Sender rbb in Zusammenarbeit mit der Berliner Morgenpost Mitte Oktober von gleich drei unabhängigen Quellen zu berichten, die bestätigten, dass ein V-Mann des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen (LKA) Anis Amri zum Attentat angestiftet haben solle. Das LKA wollte sich hierzu mit Verweis auf laufende Verfahren nicht äußern. Eventuell ist das aber auch nicht weiter tragisch und die Sache mit der Aufklärung hat sich auch unabhängig davon längst erledigt. Denn wie der Focus vor erst fünf Tagen berichtete, kam es bereits am 01. Februar 2017 zu einer äußerst mysteriösen und für Berlin völlig unüblichen Blitzabschiebung des engsten Amri-Freundes Bilal Ben Ammar aus der Berliner Justizvollzugsanstalt Moabit. So erfahren wir unter dem Titel „Der Mann, der zu viel wusste“, wie ein Sondereinsatzkommando (SEK) in einer Nacht und Nebel Aktion den möglichen Hauptzeugen und an zwölf Morden verdächtigten Tunesier außer Landes schaffen ließ. Kein Zweifel, obwohl man sich unter Berlins Rot-Rot-Grün Landesregierung ansonsten selbst bei ärgsten Übeltätern vor Abschiebungen sträubt, konnte es hier – frei nach der Parole „Abschiebung statt Vernehmung“ – ganz offensichtlich nicht schnell genug gehen. Bis dato ist offen, wer diesen fragwürdigen Beschluss verfügte. Die Spuren des Schwerstkriminellen Tunesiers verloren sich indes irgendwo in Nordafrika. Focus deutet diesbezüglich sogar eine „gezielte Vertuschung“ an. Nur, was genau vertuscht werden könnte, das vermag man angesichts der „Chronik erschütternder Behördenpannen“ nicht zu erahnen. Hier werden Erinnerungen an das Rechtsstaatsversagen im Zusammenhang mit den sogenannten „NSU-Fällen“ wach. Der einzige Unterschied: Dort kam es neben einer ebenfalls drastischen Häufung von „Behördenpannen“, zu bisher sechs plötzlichen Todesfällen von Zeugen. Doch auch ohne dies dürften die Vorgänge um den Amri-Massenmord mittlerweile selbst für Nicht-Verschwörungstheoretiker wenigstens dezent nach tiefer Staat zu müffeln begonnen haben. Auch vor diesem Hintergrund ließe sich nun darüber spekulieren, ob seitens der Merkel-Regierung kein gesteigertes Interesse daran besteht, dem Gedenken an die Opfer des islamistischen Massenmordes mehr als nur irgend nötig ins öffentliche Bewusstsein zu verhelfen.

Nun gebe ich unumwunden zu, dass es sich bei dem Geschilderten – ob emotionsloses Durchsetzen der „Willkommenskultur“- oder Multikulti-Doktrin, ob staatliche Verstrickungen sei einmal dahingestellt – tatsächlich nur um Vermutungen, um ein sprichwörtliches „Stochern im Dunklen“ handelt. Doch wie anders ließe sich der kaltherzige Umgang der noch immer amtierenden Regierung mit dem Massenmord erklären?

Angefangen von den in ihrem Umfang lediglich angedeuteten „Behördenpannen„, über eine Berliner Gedenkveranstaltung, zu welcher der Regierende SPD Bürgermeister Michael Müller Islamisten lud, bis hin zum pietätlosen Umgang mit den Hinterbliebenen des Massakers – ignoriert und schändlich behandelt hatten sie sich in offenen Briefen an die Regierung gewendet – und der nun ein Jahr verspätet abgehaltenen Gedenkveranstaltung: Das alles spricht eine deutliche Sprache, die uns sinngemäß übersetzt wissen lässt, dass dieses Thema bitteschön kein Thema zu sein hat. Dass gerade das Nötigste getan wird, um noch halbwegs in den Spiegel schielen zu können. Mit zugekniffenen Augen. Mehr aber ganz sicher nicht.

Weil jedoch eine verweigerte Aufarbeitung der Vergangenheit nicht alles ist, sondern man gerade in der Politik immer auch in die Zukunft schauen muss, schließt sich dieser Kreis des Versagens nun auch zukunftsweisend konsequent mit der eröffneten „Gedenkstätte“ zum Attentat, die derart unscheinbar daherkommt, dass sie den Namen „Gedenkstätte“ kaum verdient. Untypisch schnell für Berlin entschied sich die Jury – eines der 14 Mitglieder der Projektgruppe war die Scharia-verstehende SPD Staatssekretärin Sawsan Chebli – zur Auftragsvergabe an Merz Merz GmbH & Co (Stuttgart/Berlin). Und so realisierte das Designbüro einen recht schmalen, 15 Meter langen „Riss“ aus einer Bronzelegierung, der Flächen des Breitscheidplatzes sowie die Treppenstufen vor der Gedächtniskirche – auf dem Boden – durchzieht. Die Namen der Opfer sind beidseitig des Risses in die Treppen eingelassen.

Der Riss durch den Breitscheidplatz erläutert Pablo von Frankenberg, Soziologe und Kulturwissenschaftler des Designbüro, gegenüber dem Deutschlandfunk, solle, symbolisch gesprochen, den Riss durch die Gesellschaft wieder kitten. Optisch darf man sich das zwar nun wie eine Adaptation der Stolperstein-Idee vorstellen. Doch während dort das Gedenken an die Opfer des schändlichen Verbrechens im Vordergrund steht, wirbt der „Riss“ für eine politische Botschaft. So berichtet Frankenberg der Berliner Morgenpost:

Durch den Anschlag ist ja durchaus die Offenheit unserer Gesellschaft herausgefordert worden, die Toleranz, die wir anderen Menschen entgegen bringen. Auf diesen Riss wollten wir hinweisen – andererseits aber auch zeigen, dass man einen solchen Riss heilen kann.

Aha. Abgesehen davon also, dass sich das Ganze Gedenken hier auf dem Fußboden eines der belebtesten Plätze der Stadt abspielt und insofern zumindest in den Herbst- und Wintermonaten ohnehin im Straßenschlamm versinken dürfte, mahnt der eventuell wenigstens bei Schönwetter gut sichtbare Teil der „Gedenkstätte“ Willkommenskultur-kompatibel zur „Toleranz, die wir anderen Menschen entgegen bringen“. Ergänzend dazu wird dann natürlich auch in der Inschrift zur „Gedenkstätte“ jeglicher Hinweis darauf Unterschlagen, dass es sich beim besagten Massenmord um einen islamistischen Anschlag handelte. Sie lautet schlicht:

Zur Erinnerung an die Opfer des Terroranschlags am 19. Dezember 2016. Für ein friedliches Miteinander aller Menschen. In dieser Nacht starben…

Letzteres mag zwar für sich genommen, gerade in Bezug zu anderen Gedenkstätten, wie bspw. dem „Mahnmal des Bombenanschlags auf das Münchner Oktoberfest“ oder dem „Mahnmal für die Opfer des RAF-Attentats auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback, seinen Kraftfahrer Wolfgang Göbel und Justizhauptwachtmeister Georg Wurster“ durchaus vertretbar sein, doch im Kontext des „Risses für mehr Toleranz“ bekommt es ein Geschmäckle politischer Instrumentalisierung, die hier völlig Fehl am Platze ist.

Denn was beispielsweise, wenn sich einige der Opfer und Hinterbliebenen angesichts der durch Merkels Mega-Toleranz-Politik der offenen Grenzen mitverschuldeten Terror-Tat eher ein weniger an Toleranz , denn ein „Weiter so!“ wünschen?

So äußerte sich jüngst, ein Jahr nach dem Attentat, die Mutter des ums Leben gekommenen polnischen LKW-Fahrers Lukasz Urban gegenüber der Deutschen Welle in deutlichen Worten:

Merkel hat das Blut meines Sohnes an ihren Händen

und der Vater des Toten merkte in Bezug auf die „Gedenkstätte an:

Was für ein Symbol soll das sein – ein Name auf einer Treppe?

Da mag das Werben für noch mehr Toleranz unter dem Namen des gemordeten Sohnes nur als blanker Hohn erscheinen. Denn spätestens jenseits der deutschen Grenzen, dort wo Staatsoberhäupter es sich selbstverständlich nicht nehmen lassen, Terroropfer persönlich zu Grabe zu geleiten oder zumindest bei Trauergottesdiensten anwesend zu sein, dürfte der gefühlskalte deutsche Umgang mit dem Fall Amri – von der Aufarbeitung bis zum zukunftsweisenden Gedenken – als das empfunden werden, was es de facto ist: Ein Gedenken wider Willen.

Ja, derart stark ist dieser Widerwille, dass er selbst Dritten anteilnehmende Äußerungen untersagt.

Anlässlich des Jahrestages des islamistischen Anschlages hatten Mitglieder der Identitären Bewegung vor dem Brandeburger Tor – dort wo bis vor Kurzem noch öffentlich gefördert 3 Islamisten-Busse in den Himmel ragten und nur wenige Tage später unter islamistischen Todesflüchen Israelfahnen brannten – ein kleines temporäres Mahnmal für die Opfer des Breitscheidplatzes arrangiert. Dieses lud Passanten unter der Inschrift „Den Opfern Islamistischen Terrors“ über die Tragödie Berlins hinaus, zum stillen Mitgefühl ein. Das Angebot wurde, wie ein Videomitschnitt gut dokumentiert, von Passanten angenommen. In schweigsamer Verbundenheit kondolierten sie, entzündeten Kerzen, verneigten sich vor den Opfern.

Doch die Ruhe währte nicht lange. Denn bereits nach wenigen Stunden rückte die Berliner Polizei mit schwerem Gefährt an, um das illegale Gedenken an Terror-Opfer zu unterbinden. Und so durfte man sich ein letztes Mal darüber wundern, welche Einsatzfreude die Berliner Ordnungsbehörden an den Tag legen können, wenn denn ausnahmsweise mal ein politischer Wille vorhanden ist.

Die Bilder vom Abtransport des temporären Mahnmals, das weitaus mehr Gedenkstätte war, als der politisch inszenierte Widerwille am Breitscheidplatz, stehen symptomatisch für die unbarmherzige Toleranz-Doktrin der Merkel-Regierung.

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