Freitag, 29. März 2024

Sigmar Gabriel zur Energiewende: „Die anderen Länder in Europa halten uns sowieso für Bekloppte“

Gastbeitrag von Michael Klonovsky (ACTA DIURNA)

Wenn es eines Beweises bedürfte, dass der Begriff „Lückenpresse“ die Wirklichkeit getreulich wiedergibt, wäre es die Nichtverbreitung des folgenden Zitates:

„Die Energiewende steht kurz vor dem Aus. Die Wahrheit ist, dass wir die Komplexität der Energiewende auf allen Feldern unterschätzt haben. Die anderen Länder in Europa halten uns sowieso für Bekloppte.“

Also sprach der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am 17. April 2014 bei einem Besuch des Unternehmens SMA Solar in Kassel. Dieses schnippische Lebewohl an den bereits damals auf mindestens 500 Milliarden Euro Kosten angelegten Versuch, die gesamte Energieversorgung der drittgrößten Industrienation der Erde völlig umzustülpen, wurde mitgeschnitten von einem Lokaljournalisten (hier), nahm seinen Weg in die Lokalnachrichten und von dort in viele Diskussionsforen.

Was, geneigter Besucher dieses Eckladens, hätten Sie getan, wenn Sie ein Qualitätsjournalist bei einer der hiesigen überregionalen Premiumgazetten wären und von dieser ministeriellen Bankrotterklärung erfahren hätten? Schließlich hat Gabriel das teuerste und ehrgeizigste Projekt in der Geschichte der Bundesrepublik (bevor die Masseneinwanderung einsetzte und die Parole „Wir schaffen das“ ausgegeben wurde; das könnte eventuell noch mehr kosten) für gescheitert erklärt.

Nie hat einer unserer Pressestrolche Gabriel mit diesen Worten konfrontiert – er hätte sie ja immerhin dementieren können, was er bis heute nicht getan hat.

Die Energiewendeomertà funktionierte, ungefähr wie zwei Jahre später ein ähnliches kollektives Schweigen, denn meines Wissens hat auch kein Journalist Gabriel gebeten, er möge doch bitte einmal seine Worte

„Europa steht vor der akuten Gefahr, zusammenzubrechen. Die Aufbauarbeit von zwei Generationen steht vor der erneuten Zerstörung“

detaillierter erörtern, wobei diese Sätze wenigstens im „Stern“ gefallen waren und ein größeres Publikum sie zur Kenntnis nehmen konnte.

Die einzige offene Frage ist, ob man hier noch von Lückenpresse sprechen kann, oder ob das nicht an Verniedlichung grenzt.

***

Übernommen von JOUWATCH

 

David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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