Donnerstag, 28. März 2024

Warum es keinen liberalen Islam geben kann

Ein Gastbeitrag von Mike Sullivan

Eine Reformation des Islams nach den Wertvorstellungen der westlichen Welt würde eine radikale Umwälzung des Glaubens der Muslime erfordern. Viele Teile ihrer heiligen Texte müssten aufgehoben, ignoriert oder anders interpretiert, die Scharia wegen zahlreicher verfassungswidriger Regelungen weitgehend abgeschafft werden.

Und vielleicht am wichtigsten: Eine derartige grundlegende Reform setzt eine vollständige Neubewertung der Person des Propheten Mohammeds voraus.

Der durchschnittlich gebildete Deutsche hat sicher den Namen Mohammed schon gehört und hat evtl. auch einige Details über sein Leben und die von ihm geschaffene Religion bzw. politische Ideologie in der Zeitung gelesen oder im Fernsehen mitbekommen. Einige haben vielleicht sogar etwas Näheres über ihn in einem der vielen von Apologeten geschriebenen Sachbücher erfahren.

Sollte man aber sich die Mühe machen, den Koran, die zuverlässigsten Hadithen (Sahih Bukhari, Sahih Muslim, Sunan Abu Dawud) und die maßgebliche Mohammed-Biographie, die Sira von Ibn Ishaq, zu lesen und wirklich gründlich zu studieren – was die Wenigsten weder wollen noch dafür die Zeit haben – käme man bald in Zweifel, ob der Prophet wirklich so vollkommen ist, wie in der muslimischen Welt immer behauptet wird.

Für Nicht-Muslime wird bei einer eingehenderen Befassung mit den Grundlagen dann die Sachlage schnell klar.

Das Leben des Propheten ist kaum mit unserer westlichen Auffassung der Menschenwürde und der Menschenrechte in Einklang zu bringen.

Ein intensives Studium des Islams an Hand der oben genannten Quellen hätte sehr bald die schlimmsten Taten und Verbrechen des Gesandten Allahs offenbart.

Hier sei nur eine kleine Kostprobe exemplarischer Taten des Propheten aufgeführt: Als Mohammed 53 Jahre alt war, heiratete er ein sechs- oder siebenjähriges Mädchen und hatte Geschlechtsverkehr mit ihr, als sie neun war.

Er befahl die Enthauptung aller Männer eines jüdischen Stammes und wirkte daran aktiv mit; nach verschiedenen Berichten soll die Zahl der Köpfungen zwischen 600 und 900 geschwankt haben; auch sämtliche Jungen des Stammes, die schon Schamhaare hatten, wurden geköpft. Danach sorgte er für die Versklavung aller Frauen und Kinder des Stammes; der Prophet sanktionierte auch die Vergewaltigungen der Frauen, die er und seine Krieger als Sexsklavinnen gefangen genommen hatten.

Er befahl auch seinen Leuten, Gefangene, wenn dies nötig war, zu foltern und, sollte dies nichts bringen, sie zu enthaupten. Eine gefangen genommene Frau wurde zur „Hochzeit“ mit ihm gezwungen, nur einige Stunden, nachdem er den Ehemann gefoltert und geköpft hatte. Er verordnete, dass Frauen, die Ehebruch begangen hatten, gesteinigt werden sollten. Und er befahl seinen Leuten, in etlichen Fällen Kritiker, Widersacher und Abtrünnige umzubringen.*

Das scheint vorläufig zu reichen, viel mehr zum Beispiel über Köpfungen, Kreuzigungen, abgehackte Arme und Beine (z.B. Koran 5:33, 5:38) möchte man wirklich nicht erfahren.

Trotz solcher Fakten wird in der islamischen Welt weiterhin ein tadelloser Mohammed gepredigt, der nicht historisch-kritisch in Frage gestellt werden darf, weil er im Koran, in den Hadithen und in der Sira als der perfekter Mensch, als das verpflichtendes Vorbild gilt (Koran 33:21, 68:4).

Zu behaupten, es gebe positivere Varianten der Erzählungen über den Propheten, in denen er nicht so negativ geschildert werde, überzeugt kaum. Zweifellos hat Mohammed in sozialer Hinsicht manches Positive, zum Beispiel in Medina, zustande gebracht, aber seine gewalttätige Seite stellt all dies in den Schatten.

An 72 Stellen im Koran bezeichnete sich Allah selbst als „barmherzig und verzeihend“ und betonte, seine Barmherzigkeit umfasse alle Dinge (Koran 7:156). Möglicherweise durch diese Aussage beeindruckt – und ungeachtet der dokumentierten Schandtaten Mohammeds – wird von Khorchide, einem muslimischen Theologen aus Münster, behauptet, die Barmherzigkeit sei der hermeneutische Schlüssel zu einem humanistischen Koranverständnis. Ferner betont er, dass Allah seinem Gesandten offenbarte, er habe ihn „lediglich als Barmherzigkeit für alle Welten entsandt“ (Koran 21:107)

Für Khorchide also gilt die Barmherzigkeit als die oberste Maxime der Botschaft Mohammeds. Andererseits finden sich muslimische Theologen in den 57 Ländern der Organisation of Islamic Cooperation (OIC), die in diesem Punkt ganz anders denken. Ohne sich anscheinend um die Widersprüchlichkeit ihrer Aussage zu kümmern, beteuern sie, dass der Prophet immer barmherzig gewesen sei, selbst als er Ungläubige köpfte, Frauen zu Sexsklavinnen zwang, seine Kritiker folterte oder umbrachte usw. Beim islamischen Staat, der ihn mit der Bezeichnung „Schwert der Barmherzigkeit“ ehrte, würde Mohammed sich vermutlich sehr wohl fühlen.

Wenn der Gesandte wirklich nur ein Mann seiner Zeit war – mit all ihrer Brutalität und Blutrünstigkeit, die er auch in seinem Verhalten und in seinen Worten verkörperte – wie kann er heute noch ein perfektes Vorbild für die Muslime oder sogar für die Menschheit sein?

Die Antwort lautet leider schlicht und einfach: Die Taten und Worte des Gesandten müssen in der islamischen Welt zwangsläufig weiter ahistorisch so gedeutet werden, dass Mohammed normativ als der vollkommene Mensch für alle Zeiten gilt.

Für uns in der westlichen Welt dagegen scheint eine grundlegende Reform einfach zu sein: Stufen wir Mohammeds Bedeutung herab, schmälern wir seine überdimensionelle Wichtigkeit. In seinem neuen Buch „Der Koran, das Buch der Liebe, das Buch des Hasses“ ist genau das, was Hamed Abdel-Samad dringend dem Islam empfiehlt: Die Dogmatisierung der Prophetenvita müsse endlich abgeschafft werden. Allerdings kann man große Zweifel hegen, ob die muslimische Welt es schaffen wird diese Symbiose endlich aufzulösen, oder ob sie das überhaupt schaffen will.

Manche Nicht-Muslime neigen noch immer aus Ignoranz dazu zu unterschätzen, welche zentrale Bedeutung Mohammed in der islamischen Theologie bzw. seiner politischen Ideologie tatsächlich zukommt.

Zwar wird der Prophet von Muslimen nicht als göttlich angesehen, wie es der Fall mit Jesus bei den Christen ist, aber er gilt doch als der einzige wortwörtliche Vermittler von Allahs ewigem Buch, dem Koran, an die Menschheit. Obwohl die schlimmste Sünde im Islam darin besteht, einen Partner mit Allah in Verbindung zu bringen – wie es Christen mit ihrer Trinitätslehre tun (z.B. Koran 4:171-172, 5:72-73, 5.116) – scheint Mohammed mit Allah eine unauflösliche Symbiose gebildet zu haben.

Daraus ergibt sich, dass Allah die Muslime immer wieder ermahnen muß: „Gehorche Allah und dem Gesandten (Koran z.B. 3.32, 3:132, 4:13, 4:49, 4:59, 4:69, 4:80, 5:92, 8:1, 8:20, 8:46, 9:71, 24:47, 24:51, 24:52, 24:54, 24:56, 33:33, 47:33, 49:14, 58;13, 64:12); aber was Allah wirklich damit meinte, lautet: „Gehorche gefälligst nur dem Mohammed.“ Und das tun die Anhänger des Propheten seit 1400 Jahren.

Kein Wunder ist es daher, dass die Muslime früher als Mohammedaner bezeichnet wurden.

Noch am Anfang des zwanzigsten Jahrhundert war dieser Begriff in der westlichen Welt üblich – Winston Churchill und G.K. Chesterton zum Beispiel favorisierten ihn auch – und es ist leicht einzusehen warum. Mohammed schrieb nicht nur das Drehbuch, er führte auch die Regie und übertrug auf sich selbst die zentrale Rolle des perfekten Menschen.

Die Hauptregel der islamischen Ethik könnte man also so formulieren: Wenn Mohammed etwas befahl oder sanktionierte, dann gilt das auch für alle Zeiten für alle Muslime.

Allerdings mit einer Ausnahme: Allah erlaubte nur dem Mohammed eine uneingeschränke Zahl von Frauen (Koran 33:50-51, 66:1-5); alle anderen Muslime durften und dürfen bis heute nicht mehr als vier Frauen ehelichen (Koran 4:3). Dieser gefällige Vers wurde offenbart, als der Prophet gerade mit neun Frauen verheiratet war. Ein Glück, dass er laut Ibn Ishaq die sexuelle Kraft von vierzig Männern besaß.

Wie kann es auch anders sein: Der Prophet ist doch „Allahs Liebling“ – wie der Titel eines Buches von Tilman Nagel lautet – im Krieg und im Bett. Seine Perfektion und seine Unfehlbarkeit bleiben absolut unverzichtbar für Muslime, sonst fällt das Kartenhaus ihres Glaubens zusammen. Damit würde endlich auch die theologische bzw. politisch-ideologische Pflicht zum ewigen Dschihad in den Fußstapfen des Meister-Dschihadisten auch entfallen.

Rund 80 Kriege in ganz Arabien soll Mohammed geführt haben. Diese sah er als reine Verteidigung bzw. als eine Notwendigkeit den Islam zu verbreiten an. Weil das Verhalten des Propheten für Muslime weiterhin normativ bleibt, kann es uns nicht überraschen, wenn heutige Dschihadisten immer wieder sein Beispiel bei der großen Schlacht von Badr oder bei der Vertreibung der Juden von Khaibar als nachahmenswert beschwören.

In Wirklichkeit aber braucht der Islam den gewalttätigen Dschihad (Koran z.B. 2:193, 2:216, 4:95, 8:12, 9:5; Sahih Bukhari 11.2.26, 20.4645) heute nicht mehr.

Ein sog. kultureller bzw. zivilisatorischer Dschihad durch eine massive Migration von Muslimen wird im Koran und in den Hadithen (Koran z.B. 2:218, 4:100, 8:72, 9:20, Sahih Bukhari 4.52.42) auch ausdrücklich empfohlen, wodurch eine schleichende Islamisierung der europäischen Gesellschaft im Gange gesetzt worden ist.

Sie stellt die Fortsetzung einer alten von Allah befohlenen Strategie des Dschihads dar und wird nicht aufhören, bis die ganze Welt sich den Mohammedanern unterwirft (z.B. Koran 2:193, 8:39, 9:29, Sunan Abu Dawud 14.2527). Dann wird das „Schwert der Barmherzigkeit“ endlich an sein Ziel angekommen sein.

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*Beispielhaft für das Dargestellte sind u.a. folgende Quellen: Koran 4:24-25, 33:26; Ibn Ishaq 549-52, 690, 693, 697, 714-716, 729, 758, 763, 764/Tabari 1585, 819-20, 995; Sahih Bukhari 1.8.367, 2.14.68, 3.34.432, 3.38.508, 3.49.860, 4.52.259, 4.52.265, 4.52.271, 4.52,286, 4.53.369, 5.59.372, 5.59.369, 5.59.447, 5.59.459, 5.59.512, 5.59.522, 5.63.3896, 5.64.4028, 6.60.139, 7.62.130, 7.62.137, 8.82.797, 9.83.17, 9.84.57, 9.84.58, 9.93.506; Sahih Muslim 8.3371, 20.4645, 25.6255, 216; Sunan Abu Dawud 38.4348, 38.4390, 2987).

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Zum Autor: Mike Sullivan ist ein gebürtiger New Yorker in Ruhestand. Vor einigen Jahren entschied er sich für die deutsche Staatsbürgerschaft. Zur Zeit lebt er in Deutschland.

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Foto: Mohammed erhält seine erste Offenbarung von Gabriel am Berg Hirāʾ, Miniatur aus einer Handschrift von Raschīd ad-Dīns Weltchronik, 1307 (c) CC Wikimedia

David Berger
David Bergerhttps://philosophia-perennis.com/
David Berger (Jg. 1968) war nach Promotion (Dr. phil.) und Habilitation (Dr. theol.) viele Jahre Professor im Vatikan. 2010 Outing: Es erscheint das zum Besteller werdende Buch "Der heilige Schein". Anschließend zwei Jahre Chefredakteur eines Gay-Magazins, Rauswurf wegen zu offener Islamkritik. Seit 2016 Blogger (philosophia-perennis) und freier Journalist (u.a. für die Die Zeit, Junge Freiheit, The European).

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